Schluesselmomente - Erfahrungen eines engagierten Lebens
ehemaligen Ostblockstaaten ist uns ein enormes Potenzial an hochbegabten Nachwuchssängern zugewachsen. Seit 1995 arbeiten wir auch eng mit der Yokosuka Art Theatre Foundation in Japan zusammen, bei deren Vorauswahlen hundertfünfzig Bewerber aus Korea, Taiwan, Japan und Indonesien zusammenkommen. Seit 1997 werden die Vorauswahlen in China vom chinesischen Kultusministerium unterstützt und perfekt vorbereitet. 51
Für alle Teilnehmer ist es ein langer und arbeitsintensiver Weg bis zu dem alle zwei Jahre stattfindenden Wettbewerb in Gütersloh. Damals wie heute studieren sie jeweils drei Arien aus dem klassischen Opern- und Operettenrepertoire für die Halbfinal- und die Finalrunde ein. An jeweils zwei aufeinanderfolgenden Konzertabenden präsentierten sich 2009 einundvierzig ausgewählte Sängerinnen und Sänger mit zwei Arien vor der Jury.
Längst ist aus unserem Wettbewerb eine bei Publikum und Fachleuten begehrte Festveranstaltung geworden, an der etwa neunhundert geladene Gäste aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Medien teilnehmen. Von Anfang an gehörten Intendanten groÃer Häuser genauso dazu wie international tätige Agenten und Vertreter des Rundfunks, des Fernsehens und der Presse. Doch nicht nur die festlichen Finalrunden, auch das Vorsingen mit Klavierbegleitung findet nicht in kleinen Räumen, sondern während der gesamten Finalwoche im Konzertsaal statt. Künstlerischer
Leiter des Wettbewerbs ist seit 1995 Professor Gustav Kuhn, Direktor der Accademia di Montegral und heutiger Präsident der Tiroler Festspiele Erl.
Seit 1999 ist auch der Generaldirektor des Chicago Opera Theater, Brian Dickie, festes Mitglied unserer Jury und seit vielen Jahren Leiter der internationalen Vorauswahlen. Für mich ist Brian Dickie ein Pfadfinder im Meer der MittelmäÃigkeit. Neue Stimmen zu entdecken ist seine groÃe Leidenschaft, dafür umrundet er mit schöner RegelmäÃigkeit den Globus. Für ihn müssen junge Talente jedoch mehr bieten als eine verheiÃungsvolle Stimme. Ihr ganzes Auftreten verrät ihm, ob sie die Musik, die sie singen, auch mit jeder Faser ihres Körpers verkörpern können.
Was haben wir in all den Jahren nicht alles gemeinsam erlebt. Kurzfristige Erkrankungen, Einreiseprobleme, verlorene Koffer oder vergessene Noten halten mein Team und mich immer wieder auf Trab. Wie oft haben wir mit den jungen Sängern gebangt und gezittert, aber auch leidenschaftliche Diskussionen um unsere Finalisten geführt. Für mich persönlich wird die Stadthalle in Gütersloh dabei nun schon seit über zweiundzwanzig Jahren zu einem magischen Ort. Andere Pflichten müssen warten. In mir werden dann Erinnerungen wach, etwa an Nathalie Stutzmann, die Gewinnerin unseres ersten Wettbewerbs 1987. Sie gilt heute als bedeutendste Sängerin im Kontraltofach, gastiert auf der ganzen Welt und wurde mit zahlreichen internationalen Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Grammy Award. Oder an die Entdeckung von Vesselina Kasarova, der Gewinnerin des Wettbewerbs 1989, die heute zu den international gefragtesten Mezzosopranistinnen zählt. Oder an den Gewinner von 1995, Gwyn Hughes Jones, der bei den Salzburger Festspielen brillierte
und sowohl auf europäischen Bühnen wie auch in den USA seit vielen Jahren zu Hause ist. Im Jahr 2007 hat uns die junge Lettin Marina Rebeka bezaubert, die inzwischen Engagements bis 2015 vorweisen kann.
Von Anfang an hat mich der bedingungslose Einsatz der jungen Sänger für ihren Lebenstraum berührt. Bei den Vorauswahlen und in der Endrunde werden mit gleicher Gewichtung technisches Können, musikalische Gestaltung, Stimmqualität und künstlerische Persönlichkeit sowie die Fähigkeit zur Bühnenpräsenz bewertet. Je internationaler der Wettbewerb wurde, desto gröÃeren Wert legte ich darauf, dass wir die einmal entdeckten jungen Talente nach dem Finale nicht sofort wieder aus den Augen verloren. Denn die Gefahr ist groÃ, dass Nachwuchskünstler im harten Konkurrenzkampf um die besten Opernengagements ihr kostbarstes Gut, ihre junge Stimme, allzu schnell verheizen. Seit 1997 findet deshalb in dem Jahr zwischen dem zweijährigen Wettbewerbszyklus ein internationaler Meisterkurs statt. Darin können bis zu fünfzehn ehemalige Teilnehmer der »Neuen Stimmen« unter der Führung weltbekannter Musiker ohne Konkurrenzdruck an ihrer Stimme arbeiten und sowohl
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