Schlüsselspiele für drei Paare
tolles Ding, was?« sagte Manfred Thiebes, als Bruckmayer gelesen hatte und das Fernschreiben zusammengefaltet einsteckte. »Das ist der größte Knall bei uns seit Kriegsende! Fünfzig Fernsteuergeräte klauen, da gehört was dazu! Aus einem verschlossenen Bunker!«
Bruckmayer aß die beiden letzten Stückchen seiner Apfelsine.
»Ist die Kriminalpolizei verständigt?« fragte er leichthin.
»Nein. Die Sache ist zum Staatsgeheimnis erklärt worden. Nur die Geheimdienststellen sind eingeschaltet. Bei der allgemeinen Polizei wäre die völlige Geheimhaltung nicht garantiert.«
Bruckmayer nickte. Kommissar Singert wußte also nichts. Das war viel wert. Für ihn wären jetzt die Zusammenhänge leicht zu klären gewesen, aber man schaltete ihn aus. Das war typisch: Wenn es um Staatsgeheimnisse ging, wurde es Sache der Spezialisten. Der kleine Mann war nicht gefragt.
Noch eine Galgenfrist, dachte Bruckmayer. Die Spezialisten, die jetzt kommen, kennen überhaupt keinen Zusammenhang und tappen im dunkeln wie blinde Hunde. Der einzige, der jetzt die Wahrheit kennt, bin ich. Und ich werde sie ausspielen wie eine Trumpfkarte. Mit ihr werde ich mich freikaufen von allen Jugendsünden. Freikaufen von der schwarzen Uniform mit dem Totenkopf, die ich einmal trug.
»Wir treffen uns alle im Sitzungssaal der Vereinigten Elektrowerke«, sagte Manfred Thiebes. »Alle Herren, die den Schlüssel zum Geheimbunker haben, werden zugegen sein. Die Schlösser der tresorähnlichen Tür sind nämlich völlig unverletzt.«
»Eine harte Nuß.« Bruckmayer sah auf die Uhr. Gleich sechs Uhr. Das Hotel erwachte. »Aber erst trinken wir Kaffee, mein Guter. Ich habe einen Heißhunger auf ein knackfrisches Brötchen mit Butter und Orangenmarmelade.«
»Endlich!« sagte der Generaldirektor etwas konsterniert, als Friedrich Volbert in den Sitzungssaal kam und sich zu dem besetzten Tisch hin leicht verneigte. Außer den bekannten Direktorengesichtern waren es alles fremde Herren. Dann bemerkte er Bruckmayer in der Menge der Köpfe und senkte den Blick. »Nun sind wir komplett und können anfangen.«
Volbert ging zu seinem Stuhl und straffte sich. »Ich habe meine Frau zum Flugzeug gebracht«, sagte er laut. »Sie ist in die Schweiz gereist, Herr Dr. Lennig. Zum Winterurlaub mit einer Freundin. Wenn ich allerdings gewußt hätte …«
»Wenn wir das alle gewußt hätten!« rief Generaldirektor Dr. Lennig. »Sie sind informiert worden, Herr Volbert?«
»Nur, daß eine Sondersitzung einberufen worden ist.« Volbert sah sich um. Viele fremde, ernste Gesichter. Fünf Uniformen. Drei Generäle, zwei Obersten der Bundeswehr. Auch der Oberst, der einen Schlüssel zum Tresor verwaltete. Er sah besonders blaß aus. »Meine Sekretärin sagte es mir soeben.«
Generaldirektor Dr. Lennig holte tief Luft. Dann kam es aus ihm heraus wie ein Schrei. »Fünfzig Steuergeräte wurden gestohlen und sollten ins Ausland gebracht werden!«
»Nein!« Volbert zuckte zusammen wie unter einem Schlag. Mit weiten Augen starrte er die Herren um den Tisch an. Bruckmayer lächelte still vor sich hin. Er spielt es etwas übertrieben, dachte er. Wie ein Schmierenkomödiant. Aber man glaubt es ihm, das ist die Hauptsache.
Einer der Generäle erhob sich. Mit knappen Worten berichtete er, was Bruckmayer als Fernschreiben bereits in der Tasche trug. Unten, im Bunkerraum, untersuchten zehn Fachleute die Schlösser der Tür und suchten Kisten und Wände nach Fingerabdrücken ab. Das Telefon im Sitzungssaal klingelte in kurzen Abständen. Dann ging ein Mann vom BND hin und hörte sich an, was man aus dem Bunker meldete.
Nach einer Stunde war man am Ende aller Weisheiten. Herbert Bruckmayer übernahm es, die Schlußfolgerungen zu ziehen.
»Alle Schlösser sind unversehrt. Keinerlei Fingerabdrücke. Die Herren, die einen Schlüssel haben, werden es sich gefallen lassen müssen, daß man sie genau und ohne Rücksicht auf ihre Person in den nächsten Tagen durchleuchtet. Bis jetzt steht fest, daß keiner von ihnen den Schlüssel aus der Hand gegeben hat. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder befindet sich jetzt unter uns ein Landesverräter, der gegen viel Geld die Steuergeräte herausgegeben hat, oder es existiert ein Nachschlüssel. Dann erhebt sich die Frage: Wie konnte er hergestellt werden? Den Tathergang kennen wir jetzt:
Ein Lastwagen der Bundeswehr wird gestohlen, jemand fährt mit ihm zur Fabrik, wird vom Pförtner als unverdächtig durchgelassen, man lädt die
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