Schlüsselspiele für drei Paare
Ostraschen Launen, eine Zukunft voll Liebe und Seligkeit. Wie alle alternden Männer schwelgte er in diesen Gedanken und baute Luftschlösser wie ein Primaner.
Aber nach dieser Sitzung siegte die Vernunft. So wichtig für ihn die Zukunft mit Rita war – jetzt war Ostra wichtiger. Das Netz der Fahndung war ausgeworfen, aber noch reichte es von Hamburg bis München. Wann zog es sich zusammen? Wann zappelten sie wie armselige Fische in den Maschen? Noch war es Zeit, durch Lücken hindurchzuschlüpfen.
Als Volbert seine stille Villa betrat, sah er schwaches Licht aus dem Salon.
Ostra saß an der Bar, rauchte und sah gelangweilt in das Halbdunkel. Er rutschte vom Barstuhl, als Volbert die Tür aufriß und ins Zimmer stürmte.
»Du sitzt hier gemütlich und trinkst, und draußen ist die Hölle los!« schrie er. »Wo warst du die ganze Nacht und den Tag?« Er warf seine Aktentasche gegen die Wand und ließ sich in einen Sessel fallen. »Du wirst gleich aufhören, hochmütig zu lächeln!« brüllte Volbert. »Alles ist hochgegangen!«
Ostra setzte sein Whiskyglas auf die Bartheke zurück. Sein Gesicht veränderte sich erschreckend. Die Augen wurden kalt und eisgrau.
»Was heißt das?« fragte er hart.
»Das heißt, daß man in Hamburg die fünfzig Steuergeräte unter den Tauchsiedern gefunden hat.«
»Das ist nicht wahr«, sagte Ostra kalt.
»Und ob es wahr ist!« schrie Volbert. »Ich komme von einer Sondersitzung. Alles, was zum Geheimdienst gehört, bevölkert unser Werk. Wir sind geplatzt!«
Ostra machte drei Schritte auf Volbert zu. Dann griff er zu, faßte ihn vorn an der Brust und riß ihn aus dem Sessel hoch wie eine fauchende Katze.
»Was ist passiert?« sagte er gefährlich leise. »Du erbärmlicher Feigling, was ist passiert? Los, sprich schon, du Hosenscheißer!«
»Die Kisten wurden kontrolliert. Ein übereifriger Zollinspektor …« Volbert versuchte, sich aus dem Griff zu lösen, aber die Finger Ostras waren wie eiserne Krallen.
»Weiter.«
»Was weiter? Das andere war ja leicht. Nur wir stellen die Geräte her. Jetzt rollt man alles auf. Es ist nur eine Frage von Stunden, bis sie wissen, wer den Bunker aufgeschlossen hat und wer der große Unbekannte ist. Du mußt sofort Deutschland verlassen! Ich komme morgen nach. Ich werde mich auch um Rita kümmern! Nur weg mußt du!«
Ostra ließ Volbert zurück in den Sessel fallen. Die Erkenntnis, daß sein großer Plan mißlungen war, seine letzte große Tat, nach der er sich zurückziehen wollte in das anonyme Leben eines reichen und sorglosen Pensionärs, traf ihn härter, als er es nach außen zeigte. Vor allem die Konsequenzen erkannte er ganz klar: Eine Rückkehr nach Argentinien war nicht mehr möglich. Dort würden ihn seine Auftraggeber erwarten und Rechenschaft fordern … für die bereits gezahlten 500.000 Mark Provision an Volbert, für alle Auslagen, für die Blamage, die die Aufdeckung des Geheimauftrages mit sich brachte. Er, der schon legendenumwobene Fritz Ollenhoff, hatte kläglich versagt. Daß es nur ein Zufall war, über den er gestolpert war, wer fragte danach! Im Spiel der Geheimdienste gibt es keine Entschuldigungen für Mißerfolge. Entweder man hat Erfolg, oder man muß für seine Niederlage büßen.
»Wer untersucht den Fall?« fragte Ostra gepreßt.
»Bruckmayer.«
Ostra wirbelte herum. »Herbert? Und da schreist du die Wände an? Du Idiot! Wo ist Herbert jetzt?«
»Ich weiß es nicht. Er ging mit Major Britton vom CIC essen. Das habe ich noch gehört.«
Ostra lief unruhig, wie ein gefangenes Tier, in dem großen Salon hin und her. Draußen begann es zu schneien. Wie ein Märchenwald sah der Garten aus. Vor dem Lichtschein der Außenlampen tanzten die weißen Flocken, als begleite sie eine lautlose, nur für sie hörbare Musik.
»Auch Bruckmayer kann nur verzögern.« Volbert tupfte sich wieder den rinnenden Schweiß von der Stirn. Angstschweiß. »Wir werden wie die Hasen sein, die von Bluthunden gehetzt sind.«
»Spar dir diese Übertreibungen!« Ostra sah hinaus in den Schnee. »Wir müssen umdenken.«
»Das ist leicht gesagt.«
»Laß mich allein.«
»Peter – ich …«
»Laß mich allein!« schrie Ostra. »Geh ins Schlafzimmer, in die Küche, in die Bibliothek, nur laß mich allein! Wenn ich dich ansehe, habe ich den Geruch von vollgeschissenen Hosen in der Nase!«
Volbert erhob sich ächzend und verließ den Salon. Er ging in seine Bibliothek und setzte sich dort im Dunkeln an den Schreibtisch. Mein Gott,
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