Schlüsselspiele für drei Paare
entgeistert nachstarrte. Mit heulendem Motor bog Fallers in die Straße ein. »Wollen wir diesen Tag vergessen?« fragte er.
»Ja, Ernst.«
»Nie mehr davon sprechen?«
»Nie mehr.«
»Und du verzeihst mir?«
»Ja, Lieber.«
Fallers Gesicht leuchtete auf. Über München lag eine goldene herbstliche Morgensonne. »Ich bin ja glücklich, daß dir nichts passiert ist«, sagte er und legte den Arm um Julias Schulter.
Julia nickte stumm. Nur ihre Mundwinkel zuckten, aber das sah Ernst Fallers nicht … auch nicht ihre glänzenden Augen, die in Tränen schwammen.
Ministerialrat Bruckmayer hatte grünes Licht bekommen. Das Bundesinnenministerium in Bonn hatte ihn mit allen Vollmachten ausgestattet. »Was Sie brauchen, fordern Sie an«, sagte man ihm. »Jede Behörde ist gehalten, Ihnen sofortige Amtshilfe zu leisten. Sie wissen, die Angelegenheit ist heiß. Die Amerikaner argwöhnen, daß die Waffenlieferungen auch in kommunistische Länder gehen oder linksextremistische Gruppen unterstützen sollen. Die USA wollen verhindern, daß neue Brandherde in der Welt entstehen. Und wir natürlich auch. Also viel Glück, Bruckmayer.«
»Das kann ich brauchen«, sagte Bruckmayer nach diesem Telefongespräch sarkastisch. »Ohne Glück wetze ich mir in München sinnlos die Hosen in Amtsstuben durch.«
Da jetzt die Kleinarbeit begann, forderte er von der Münchner Kriminalpolizei zwei Beamte an, die extra für diesen Fall abgestellt werden sollten. Und so erschienen am nächsten Morgen der Kriminalkommissar Horst Singert und der Kriminalmeister Emil Ratzel und meldeten sich zum Dienst.
»Die Lage ist beschissen!« sagte Bruckmayer ehrlich, nachdem er die beiden Helfer eingeweiht hatte. »Unser Mann aus Südamerika heißt Ostra, und der Name ist falsch. Wie er aussieht, weiß keiner. Bis jetzt noch nicht. Aber ich nehme an, daß einige Leute sich erinnern werden. Jeder Ganove macht einen Fehler, das ist eine alte Binsenweisheit der Kriminalisten. Ostra begann gleich mit einem Fehler: mit seinem Namen. Hätte er Mayer oder Schulze geheißen, wäre er einer im Millionenheer. Aber mit dem Namen Ostra macht man auf sich aufmerksam. Und hier setzen wir an.«
Im Flughafengebäude von München-Riem nistete sich Bruckmayer wie eine Brieftaube ein. Ein Hinterzimmer der Flugleitung war sein Nest, den Tag über fuhr er mit Singert und Ratzel herum und ließ von den beiden Kriminalbeamten verhören, was nur zu verhören war.
Es begann mit der Stewardeß, die die Gepäckscheine zum Zoll weitergegeben hatte. Es war ein kluges Mädchen und erinnerte sich, daß ein Ostra gleich nach dem Aussteigen aus der Boeing sich an sie gewandt hatte, weil er den Lederanhänger mit seinem Namen an der Handtasche verloren hatte.
»Wie sah er aus?« fragte Bruckmayer schnell. Man muß Personen, die man ausfragt, immer im Bannkreis ihrer Erinnerungen lassen und darf sie nicht ablenken. Die Stewardeß hob die hübschen Schultern.
»Groß. Breit. Sportlich. Ja, angegraute Schläfen. Ein schöner Mann. Ich sagte noch zu meiner Kollegin von der Boeing: ›War er nett zu dir?‹ Und sie antwortete: ›Er hat eine bei sich …‹«
Bruckmayer fühlte ein ausgesprochenes Glücksgefühl. Auch Singert und Ratzel lächelten sich zu.
»Er war nicht allein? Er war in Damenbegleitung?«
»Ja.«
»Wie sah die Dame aus?«
»Elegant. Einen Leopardenmantel hatte sie an. Wir waren alle neidisch. Und sie sah aus wie eine Südamerikanerin. Braunhäutig, mit pechschwarzen Haaren.«
»Das ist endlich eine präzise Beschreibung. Ein Leopardenmantel ist etwas so Auffälliges, daß man ihn beachtet.« Bruckmayer nickte der süßen Stewardeß zu. »Sie haben eine vorzügliche Beobachtungsgabe.«
»Vor allem, wenn man als Frau eine andere Frau beneidet. Das schärft den Blick ungemein«, sagte Singert.
»Wollen wir jetzt nach einem Leopardenmantel suchen, getragen von einem südamerikanischen Typ? Zwischen Schwabing, Maximilianstraße und Stachus taucht er bestimmt irgendwo auf.«
»Erst reinigen wir das unklare Bild noch etwas.« Bruckmayer brannte sich wohlgefällig eine Zigarre an. »Die Kollegen vom Zoll als nächste.«
Der Zollbeamte, der Ostras Koffer flüchtig kontrolliert hatte, erinnerte sich sofort an die Dame in dem Leopardenmantel. »Jo mei …«, sagte er jovial und lächelte Bruckmayer an. »Dos war a Mordsweib. Bei der hätt i gern a Leibesvisitation g'macht.«
Bruckmayer zog genüßlich an seiner Zigarre. »Es handelt sich also um ein tolles
Weitere Kostenlose Bücher