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Schluß mit cool (German Edition)

Schluß mit cool (German Edition)

Titel: Schluß mit cool (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C Boyle
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kummervoller Ausdruck umwölkte seine Miene, »ich dachte nur, ich komme übers Wochenende nach Hause, weißt du, seh mal nach, wie’s euch geht... Oh, das hier ist Bern.« Er deutete auf die junge Frau, deren Hand nach oben fuhr, um die Strickmütze abzunehmen und eine wüste Mähne weißblonden Haars herauszuschütteln.
    John war beeindruckt. Er warf rasch einen Blick auf ihre Brüste und die schlanken Beine, die in einem Paar glänzendroter Stiefel verschwanden. So eine Freundin hatte er sich im College gewünscht, für so eine Frau hätte er gehechelt und den Mond angeheult, doch vergebens. Er war ein Eierkopf gewesen, ein Mathestreber, die Sorte Typ, die Kryptographie und Differentialgleichungen erregend fand, und am Ende hatte er Barb abgekriegt. Zum Glück. Er beklagte sich auch gar nicht. Aber sein Sohn, alle Achtung – Buck war kein Eierkopf, keine Frage, nicht mit einer Freundin wie... »Wie war der Name?« hörte er sich fragen.
    Ein letztes Schwenken des Haars, ein leise gegurrter Gruß an den stinkenden alten Hund. »Bern«, sagte sie dann mit ruhiger Stimme, und sie lächelte ihn an, wunderschöne Zähne, umwerfende Lippen, hellrosa, und jugendliches Zahnfleisch.
    Die Tür war jetzt zu. Es war kalt im Flur. Und dunkel. Er grinste, bis seine eigenen Zähne schimmern mußten im trüben Flackerlicht des Kaminfeuers aus dem Wohnzimmer. »Kurz für Bernadette?« versuchte er.
    Sie bewegten sich instinktiv als Gruppe auf das Feuer zu – sogar der Hund. »Nein«, sagte sie. »Einfach Bern.«
    Na schön. Und hätte sie gern etwas zu trinken? Auf einmal war es John außerordentlich wichtig, daß sie etwas zu trinken hatte, geradezu grundlegend wichtig. Nein, sagte sie und blickte dabei zu Buck, sie trank nicht. Es wurde still. »Und wie läuft’s an der Uni?« fragte er schließlich, nur um irgend etwas zu sagen.
    Beide hatten keine Eile mit der Antwort. Buck, der sich abwechselnd die Hände am Feuer wärmte und den alten Hund streichelte, zuckte nur die Achseln, und das Mädchen, Bern, wandte sich John zu und sagte: »Ehrlich gesagt, Scheiße.«
    »Deshalb sind wir ja hier«, murmelte Buck.
    John war durcheinander. »Ihr meint...?«
    »Ach, was soll’s«, Buck sagte das sehr vehement, aber doch leise, fast tonlos, und er erhob sich polternd von seinem Stuhl am Kamin. »Wir gehen für ’ne Weile in mein Zimmer, okay, Dad?« Sein Arm umgriff Berns Schultern, und dann waren sie weg, fast jedenfalls, ihre Schatten berührten sich, verschmolzen miteinander und verschwanden langsam im dunklen Korridor. Dann jedoch blieb Buck kurz stehen, die Schatten teilten sich wieder, und sein Gesicht hob sich in das unstete Licht der Sturmlampe. »Wo ist eigentlich Mom?« fragte er.
    Mit zwölf bildete sich ihr Busen zurück. Wenn ich im Restaurant den Arm um sie legte, fühlte ich mich wie ein Kinderschänder, und wenn wir miteinander ins Bett gingen, mußte ich mir ständig ins Gedächtnis rufen, daß sie eine hinablebende Zwölfjährige war, was ihr im Grunde so um die achtundachtzig Jahre an Welterkenntnis und Lebenserfahrung verlieh, von denen sie mindestens fünfundsiebzig mit fleischlichen Lüsten bereichert hatte. (Ich hatte mir nie eingebildet, ihr einziger Mann gewesen zu sein, obwohl mir das gefallen hätte. Sie war verheiratet und geschieden, bevor wir uns kennengelernt hatten, und als sie das erstemal jung war, hatte es eine lange Reihe, ja eine wahre Flut von Liebhabern gegeben.) Seit neuestem nahm sie eine Stoffpuppe mit ins Bett – und sie biß mit ihren schwindenden Backenzähnen auf harte Bonbons oder ploppte mir Kaugummi ins Gesicht, sobald ich körperliche Lust auf sie zeigte –, aber das verstärkte nur meine Gefühle von Eifersucht und Zorn.
    »Erzähl mir von deinem ersten«, verlangte ich etwa von ihr, »– wie hieß der noch gleich, Eduardo, oder?«
    »Nicht doch«, kicherte sie, weil ich ihr die zarte weiße Rehhaut an ihrem Bauch oder den seidenweichen Unterarm streichelte, und dann, während sie mit dem Kaugummi eine rosa Blase produzierte, korrigierte sie mich: »Das war nicht Eduardo, Dummerchen, es war Armando. Hab ich dir aber gesagt, Dummerchen.« Sie machte es zum Singsang – »Dummerchen, Dummerchen, Dummerchen!« –, bis ich vom Bett aufsprang und sie durch den Raum jagte, durch das ganze Haus und vorbei am Quartier des Zimmermädchens, und erst als ich völlig außer Atem und halb tot vor Erschöpfung war, erklärte sie sich bereit, meine Lust zu stillen.
    Und dann kam der Tag, der

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