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Schluß mit cool (German Edition)

Schluß mit cool (German Edition)

Titel: Schluß mit cool (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C Boyle
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Richtungen eine gelbe Matschspur. »Ich weiß nicht«, sagte Victoria über die Köpfe von zwei asiatischen Mädchen hinweg, die wie Mumien eingewickelt waren, »ich find ihn ja irgendwie cool.«
    Am Tag darauf kam der Brief. Persönlich gehaltenes Briefpapier und Kuvert, Adresse in Kalifornien. Ich riß ihn gleich im Gang vor der Tür meines viel zu heißen, viel zu hellen Zimmers im dritten Stock des alten Studentenheims mit dem freudlosen Geruch auf:
    Querido Ake:
    Ich weiß, es ist lange her, aber mein verrücktes Leben wird einfach immer verrückter, vor allem jetzt wegen der Europa-Lesetournee für die Waisenkinder und wegen Judy und Josh, aber ich will es bei dir wiedergutmachen, wenn ich irgendwie kann. Ich habe Jules extra gebeten, mir einen Auftritt an der Acadia-Uni zu verschaffen, damit ich eine Ausrede hab, mal nachzusehen, wie du so über die Runden kommst. Hauen wir uns danach noch was zu essen rein und so – bring eine deiner Freundinnen mit. Wir machen es wett. Bestimmt.
    Mucho
Dad
    Es haute rein wie ein Körpertreffer in den letzten Runden eines Preiskampfs. Ich taumelte bereits, blutete aus hundert Haken und Schwingern, zehn zu eins dagegen, daß ich es bis zur Glocke schaffte, und nun das. Bum. Ich setzte mich auf mein Anstaltsbett und las das Ding noch zweimal. Judy war seine neue Frau, und Josh, ein sechs Monate alter Hosenscheißer, war mein neuer Bruder. Halbbruder. Sieg der DNA . Scheiße, das hätte vielleicht witzig sein können, wäre er tot und ich tot und die Erde eine ausgebrannte Schlacke, die im pechschwarzen Loch des toten Universums dahintrieb. Aber ich war nicht tot, wollte es auch nicht sein, jedenfalls einstweilen nicht. Das Nächstbeste war, besoffen zu sein, und das ließ sich leicht bewerkstelligen. Drei Happy-hours und einen ordentlichen Fight mit irgendeinem gigantischen Sonnenbrillen-Arschloch später, der mir eine aufgeplatzte Lippe und einen Schlag auf die Schläfe einbrockte, war ich bereit für ihn.
    Wahrscheinlich rechnet jetzt alles damit, daß ich erzähle, wie mein Vater, das Genie, in die Stadt reindonnerte, um meine Literaturdozentin, Victoria und sämtliche Köchinnen in der Mensa zu bumsen, dazu noch zwei, drei Hunde, die ihm vor seiner Lesung über den Weg liefen, aber es kam dann doch ganz anders. Vollkommen anders. In Wahrheit wirkte er armselig und gedämpft und sah alt aus. Wirklich alt, obwohl er nach meiner Rechnung allenfalls dreiundfünfzig oder vielleicht vierundfünfzig war. Es schien mir, als wäre sein Kopf total eingefallen, wie ein angefaulter Halloweenkürbis, die Augen wurden förmlich hineingesogen in wahre Faltenvulkane, und die Haare standen ihm kerzengerade vom Kopf ab wie eine benutzte Klobürste. Aber ich greife vor. Wie mir mein Zimmergenosse Jeff Heymann sagte, hatte er schon etwa hundertmal angerufen und letztlich die Nachricht hinterlassen, er komme etwas früher an und wolle auch gern mit mir zu Mittag essen, falls mir das recht sei. Es war mir nicht recht. Ich hielt mich vom Telefon fern und von meinem Zimmer ebenso. Ja, ich ging nicht einmal in die Nähe des Campus, weil ich Angst hatte, ihm dort über den Weg zu laufen, während er mit seinen Spinnenbeinen über den Platz latschte, hinter sich seine Entourage. Ich schwänzte alle meine Kurse und versank in Victorias Nest, als wäre es eine Opiumhöhle, und gab mich dem Schlaf und dem Vergessen hin, unterhalten von Berna Berne and the Angeline Sisters sowie einer Flasche Don Q, die Victorias Vater ihr aus Puerto Rico mitgebracht hatte. Was ich vorhatte? Herumzuhängen und mich abzufüllen. Mich so zuzudröhnen, daß ich die Zeit halb im Koma verbrachte, bis das Mittagessen gegessen, die Lesung gelesen und der Abend vergessen war. Ich meine, scheiß auf ihn. Wirklich.
    Der fatale Fehler in meinem Plan war Victoria.
    Sie blieb nicht bei mir, um mich mit ihrem Haar, ihrem süßen kleinen Reißverschluß von Mund und ihren verschiedenförmigen Brüsten zu trösten. Nein, sie ging in die Uni, wichtiger Tag und so: Prüfungen, Examen, Tests. Sagte sie jedenfalls. Aber muß ich genauer ausführen, wo sie in Wirklichkeit war? Könnt ihr es euch nicht auch so vorstellen? Ein wahrer Fan, unbeirrbar, zwar auch ein Mensch, dem ich angeblich am Herzen lag, und doch hockte sie draußen vor seinem Hotel im arktischen Wind, gefrorene Schleimkrusten um ihren Nasenring. Sie wollten ihr dort seine Zimmernummer nicht sagen, und als sie sich wegen der schnippischen Art der Frau an der Rezeption

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