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Schluß mit cool (German Edition)

Schluß mit cool (German Edition)

Titel: Schluß mit cool (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C Boyle
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Shorts, sie war barfuß, die Zehennägel hatte sie blau lackiert – oder vielleicht heißt die Farbe auch Aquamarin. Ich stellte mir unwillkürlich vor, wie sie nackt aussah, wie sie den Kopf zurücklegte und Feuer spuckte. »Hallo«, sagte ich. »Ich will zu Samantha. Du weißt schon, Jennifer «, fügte ich hinzu, um zu signalisieren, daß ich hier ein Vertrauter war und nicht irgendein Psychopath, dem es gelungen war, die Adresse der Hausbewohnerinnen aufzuspüren.
    Sie lächelte nicht. Warf mir nur einen Blick zu, der bar jeder Emotion war – weder Liebe noch Haß, weder Angst, Interesse oder auch nur Höflichkeit –, kehrte mir den Rücken zu und rief: »Sam! Sammy! Ist für dich!«
    »Sag ihr, es ist Hart«, sagte ich, »sie weiß dann, wer...« aber ich brach ab, weil ich mit mir selbst redete: der Eingang war leer. Ich hörte das Gequatsche und Gebrabbel des Fernsehers und das dumpfe Wummern von Musik mit lauten Bässen aus einem der oberen Zimmer, dann flüsternde Stimmen in der Eingangshalle.
    Im nächsten Augenblick fiel ein Schatten über das Lichtfeld, das die offene Tür auf dem Boden entstehen ließ, und Samantha zeigte sich, ihr Gesicht blaß und argwöhnisch. »Oh«, sagte sie dann, und ich hörte ihre Erleichterung. »Oh, hallo.«
    »Ich muß dir was erzählen«, begann ich ohne Umschweife, »... schlechte Neuigkeiten, glaube ich. Vorhin hat mich eine Frau aufgehalten, als ich gerade nach Hause kam – sie wohnt gleich nebenan –, und anscheinend läuft da eine Unterschriftenkampagne.« Ich betrachtete ihre Augenbrauen, ihre Augen, sah die Ringe an ihrer rechten Hand aufblitzen, als sie sich damit durchs Haar fuhr. »Aber ich hab nicht unterschrieben. Hab sie weggeschickt.«
    Sie wirkte etwas abwesend, starrte über meine Schulter ins Freie, als hätte sie gar nicht zugehört. »Ja, Louis hat uns gewarnt, daß es Ärger geben könnte«, sagte sie schließlich, »aber im Grunde ist das nicht fair. Ich meine, sehe ich wie eine Nutte aus? Findest du das etwa?«
    Ich wollte eine Rede halten, zumindest ein Geständnis ablegen, und jetzt war der Moment dafür, jetzt, aber ich brachte nichts Besseres zustande, als langsam und bedeutsam den Kopf zu schütteln. Louis? Wer war denn Louis?
    Ihre Augen loderten. Ich hörte laute Schüsse aus dem Fernseher, dann wurde der Ton abgedreht. »Tut mir leid, Hart«, sagte Samantha und hob einen nackten Fuß vom Boden, um sich das andere Bein mit einer langen, lässigen Bewegung des Spanns zu schubbern, »aber willst du nicht reinkommen? Willst du ein Bier?«
    Und dann war ich drin, folgte Samanthas wogenden Schultern und Haaren und ihrem süßlichen Balsamduft in das Wohnzimmer, das ich so gut kannte – und das war seltsam, mehr als seltsam, einen Ort in allen sichtbaren Einzelheiten genau zu kennen und doch niemals in Fleisch und Blut dort gewesen zu sein. Es war ein Traum, der Wirklichkeit wird, eine Vision, die zum Leben erwacht. Ich fühlte mich wie eine Figur in einem Stück, die ihren ersten Auftritt hat – und so war es ja auch, so war es. Nicht in die Kameras sehen, wird einem das nicht immer im Fernsehen empfohlen? Ich hob den Blick, und da war sie schon, starrte mir mitten ins Gesicht. Durch die Schwingtür zur Küche steckte Gina kurz den Kopf herein. »Hallo«, sagte sie, nur der Form halber, und verschwand gleich wieder – hinaus aufs Sonnendeck, nahm ich an, um ihre heißen sexy Beine zu bräunen. Ich setzte mich auf das Sofa vor den ausgeschalteten Fernseher, Samantha ging aus dem Bild und in die Küche, um das Bier zu holen, und ich fragte mich automatisch, wie viele hundert Perverse sie dabei wohl begleiteten.
    Sie kehrte mit zwei Bierflaschen zurück und setzte sich mir gegenüber, in den Lehnsessel vor »Wohnzimmerkamera 2«, und lächelte mir zu, während sie es sich gemütlich machte.
    Ich nahm einen Schluck, lächelte zurück und fragte: »Wer ist Louis?«
    Samantha hatte ein Bein unter sich gesteckt, hielt den Rücken sehr gerade, das Bier klemmte zwischen ihren Beinen. »Er ist einer der Betreiber – also, dieser Website, verstehst du? Er hat rund dreißig solcher Häuser im ganzen Land, und er ist...«
    »So eine Art Cyber-Zuhälter?« Es war mir entschlüpft, ehe ich nachdenken konnte.
    Sie runzelte die Stirn und spähte eine Weile in den Hals ihrer Bierflasche, dann hob sie den Kopf wieder und strich sich das Haar aus dem Gesicht. »Ich wollte sagen, er ist solche Dinge gewohnt – also, daß ihn Leute wegen so was wie

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