Schluss mit dem ewigen Aufschieben
Ein
grandioser Egotrip!
Ursachenzuschreibung und Gefühle
Die Art, wie Sie die Ursachen für Erfolg oder Misserfolg zuschreiben, löst bei Ihnen unterschiedliche Gefühle aus:
Freude beziehungsweise Enttäuschung bei der Wahrnehmung, ob Sie Ihr Ziel erreicht haben oder nicht.
Stolz, wenn Sie einen Erfolg intern Ihren Fähigkeiten und Ihrer Anstrengung zuschreiben, beziehungsweise Scham bei einem Misserfolg;
Dankbarkeit, wenn Sie einen Erfolg extern auf die günstigen Umstände der geringen Schwierigkeit und der Hilfe des Zufalls
zurückführen, beziehungsweise Wut bei einem Misserfolg.
Selbstzufriedenheit, wenn Sie stabil oder variabel intern einen Erfolg durch Ihre Fähigkeit oder Ihre Tagesform begründen,
beziehungsweise Selbstzweifel im Falle eines Flops.
Der Optimismus oder die Verzagtheit, mit der Sie an neue Vorhaben herangehen, ist durch Ihre Lerngeschichte bestimmt. Dabei
spielt es eine Rolle, ob Sie in der Vergangenheit Ihre eigenen Vorstellungen über Ihre Fähigkeiten schon ein- oder mehrmals
revidieren mussten und ob Sie dazu durch Misserfolge bei persönlich wichtigen Vorhaben veranlasst wurden. Wenn Sie eine frühere
Pleite Ihrer Unfähigkeit zugeschrieben haben, dann tauchen die damaligen Gefühle bei gegenwärtigen Vorhaben möglicherweise
wieder auf. Enttäuschung, Scham, Wut und Selbstzweifel sind die emotionalen Ergebnisse ungeeigneter Zuschreibung von Verantwortung.
Kein Wunder, dass dieses infernalische Quartett versteckt wird hinter wolkigen Formulierungen wie »Es klappt nicht!«.
Wie Sie mit Gefühlen, die durch Aufgaben, Situationen, Motive und Konflikte ausgelöst werden, umgehen, ist für Ihr Aufschieben |74| von ganz zentraler Bedeutung. Auf diesen Sachverhalt werden Sie immer wieder stoßen, wohin Sie in diesem Buch auch schauen.
In späteren Kapiteln können Sie Techniken erlernen, Ihre Emotionen besser als bisher zu erkennen und zu beeinflussen.
Ein extremes Beispiel für den Verzicht auf Handlung stellt die gelernte Hilflosigkeit dar. Wenn Sie wiederholt die Erfahrung
gemacht haben, keine Kontrolle über extern ausgelöste Ereignisse zu haben, so kann dies dazu führen, dass Sie selbst in späteren
Situationen, wo Kontroll- und Einflussmöglichkeiten vorhanden sind, diese nicht wahrnehmen.
Helmut hat das Gefühl, hilflos einem Strom von Kundenzuschriften ausgesetzt zu sein, der sich unaufhaltsam auf seinen Schreibtisch
ergießt. Angstvoll schaut er jeden Morgen in den Postkorb: Wie viel wird es diesmal sein? Er fühlt sich vollkommen machtlos.
Später, in unseren Gesprächen, ergab sich, dass er als Kind über längere Zeit ein ähnliches Gefühl der Hilflosigkeit gehabt
hatte. Seine Mutter hatte jahrelang unter intensiven Stimmungsschwankungen gelitten, bevor sie schließlich sehr depressiv
wurde. Helmut hatte immer wieder versucht, sie aufzuheitern und ihr mit Aufmerksamkeiten und kleinen Geschenken eine Freude
zu machen. Manchmal gelang das, doch oft wandte sie sich unter Tränen ab, wenn er ihr ein selbst gemaltes Bild oder eine andere
mitgebrachte Aufmerksamkeit überreichte. Für Helmut war nie vorhersehbar, wie sie reagieren würde, er merkte nur eines: Es
hing ganz sicher nicht von seinem Verhalten ab, er konnte die Situation nicht kontrollieren.
Heute fühlt sich Helmut ähnlich hilflos wie damals, obwohl seine Lage gänzlich anders ist. Er bräuchte nur mit seinem Vorgesetzten
zu sprechen und um eine andere Verteilung der Post, und sei es nur für die Zeit, bis er seine Rückstände aufgearbeitet hat,
zu bitten. Oder Kollegen fragen, ob die ihn nicht eine Zeit lang entlasten könnten. Auf diese und andere Möglichkeiten, die
Helmut hat, kommt er jedoch überhaupt nicht.
Ungeeignete Überzeugungen
Ein paar gefühlshaltige kognitive Einstellungen tragen zur Verlängerung des Aufschiebens besonders bei:
|75| Der Glaube daran, dass sich »der folgende Tag den Vorhaben geneigter zeigen« könnte, wie Proust es beschreibt. Mit dieser
Selbsttäuschung können Sie sich das Eingeständnis des Aufschiebens ersparen und guter Hoffnung bleiben. Gelegentlich mag diese
Selbsttröstung hilfreich sein. Aber wenn 365 Tage Ihren Plänen keine Zuneigung entgegenbringen, dann sollten Sie Ihre Auffassung
überprüfen. Auf diese Art zu verschieben führt geradewegs zum Letzte-Minute-Marathon, an dessen Ende dann, getreu nach Murphy’s
Law (»Alles was schief gehen kann, wird schief gehen!«), der Computer abstürzt, die
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