Schluss mit dem ewigen Aufschieben
Druckerpatrone leer ist und das Papier
ausgeht.
Die Auffassung, dass Sie erst eine weniger wichtige Sache erledigen müssen, bevor Sie mit der wichtigeren beginnen können.
Immerhin stellt dieses Konzept der Vorbereitungen die Endhandlung noch in Aussicht. Andererseits lenkt die dauernde Beschäftigung
mit Präliminarien vom Aufschieben ab. In diese Kategorie gehört auch das Aufschieben der sexuellen Begegnung, für die die
richtigen Umstände erst geschaffen werden müssen. Die passende Kleidung anzulegen und die richtige Beleuchtung und Stimmung
herzustellen kann jedoch so viel Zeit kosten, dass die ursprüngliche sexuelle Motivation auf der Strecke bleibt.
Catch 22-Haltungen: Im berühmt gewordenen Buch
Catch 22
von Joseph Heller versucht ein amerikanischer Flieger im Zweiten Weltkrieg, sich dem Fronteinsatz dadurch zu entziehen, dass
er vorgibt, verrückt zu sein. Sein bizarres Verhalten, mit dem er diesen Eindruck erzielen will, beeindruckt die Ärzte jedoch
nicht, denn in Kriegszeiten als Frontflieger verrückt zu erscheinen, ist normal. Unauffällig zu sein, normal zu wirken, führt
zum gleichen Effekt, er muss fliegen. Das ist Catch 22: Es gibt keinen Ausweg und Sie können nicht gewinnen. Einer meiner
Patienten suchte eine Partnerin. Für ihn kam nur eine sehr schöne, auffallende, junge Frau infrage, eine unscheinbarere Partnerin
hätte sein Bedürfnis nach Bewunderung gekränkt. Tatsächlich hatte er die Gelegenheit, durch seinen Beruf häufig mit solchen
Frauen in Kontakt zu kommen. Allerdings machte er dann keine Anstalten, sich ihnen zu nähern. Eine solche Frau würde die Aufmerksamkeit
aller möglichen Männer auf sich ziehen und ihn schließlich verlassen, erklärte er mir, also könne er auch gleich auf sie verzichten.
Und weil er sich so passiv einstellte, dachten all die jungen Frauen, die er traf, dass er einfach eine Vorliebe für ältere
Frauen hätte.
|76| Die Suche nach einer Erklärung des Problems statt nach seiner Lösung: In diese Falle tappen Sie dann, wenn Sie endlos nach
Ursachen für Ihr Aufschieben fahnden. Natürlich ist die Einsicht in Zusammenhänge zwischen lebensgeschichtlichen Schlüsselsituationen
und gegenwärtigen Problemen hilfreich. Vor allem, wenn sich dabei die Erkenntnis einstellt, dass Sie vieles von dem, was Ihnen
früher angetan und zugemutet wurde, nun ohne Not unter ganz anderen Umständen sich selbst erneut oder immer noch zufügen.
Dabei können Sie mit emotionaler Beteiligung erleben, wie Sie sich selbst in der Gegenwart sabotieren und behindern. Ein bloßes
Herumwühlen in vergangenen Schmerzen bringt hingegen nichts.
Wenn alles nervt: Probleme mit dem Ertragen von Frustration
Manche Menschen haben schon allein gegen Wörter wie »Aufgabe«, »Vorhaben«, »Entscheidung« und so weiter eine panische Abneigung
entwickelt. Sie zu denken, löst bereits ein unangenehmes Gefühl aus. Wer meint, dass das Leben ohnehin schon unerträglich
hart ist und durch Aufgaben, Vorhaben und Entscheidungen endgültig zu hart wird, hängt an dem Wunsch nach Behaglichkeit wie
der Junkie an der Nadel. Wer der Auffassung ist, dass negative Spannungs- und Gefühlszustände unbedingt vermieden werden müssen,
sieht oft auch bei lohnenden Vorhaben die kleinen unerfreulichen Aspekte und gibt dann die Sache auf: So gerne man auch ins
Kino geht, Schlange stehen nach einer Eintrittskarte schreckt ab, deshalb bleibt manch einer lieber zu Hause. Sich selbst
als machtlos einzuschätzen, so als könne man keine Kontrolle ausüben über sein Leben und dessen Umstände, steht ebenfalls
mit dem Aufschieben von Vorhaben in Verbindung, weil auch hier negative Gefühle auftauchen. Wer von sich glaubt, effektiv
und entschlussfreudig zu sein, wird sich auch so verhalten. Wer von sich glaubt, schüchtern zu sein, lässt sich davon auch
durch noch so viele Kontakte nicht abbringen. Wer glaubt, negative Gefühle und das Erleben von Anstrengung nicht ertragen
zu können, leidet an einer neurotischen Angst vor Arbeit. Hier sollten Sie sich bewusst machen, dass Arbeit ohne das Erleben
von Anstrengung keine Arbeit ist.
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Anstrengungen
Das Gefühl, sich anstrengen zu müssen, hängt damit zusammen, dass Widerstände auftreten, die zu überwinden Kraft, Konzentration,
Aufmerksamkeit oder eben auch die Bereitschaft erfordert, negative Gefühle auszuhalten. Nun sind wir alle von Kindesbeinen
an daran gewöhnt, negative Gefühle zu ertragen.
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