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Schluss mit dem ewigen Aufschieben

Schluss mit dem ewigen Aufschieben

Titel: Schluss mit dem ewigen Aufschieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Werner Rückert
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hinauslaufen, sich und/oder ihre Umwelt zu kontrollieren. Sie wehren sich gegen Impulse
     aus ihrem Inneren ebenso wie gegen Forderungen ihres strengen Gewissens, das nur höchste Perfektion gelten lässt. Sie entwickeln
     Rituale und Zwangshandlungen, mit denen sie sich gegen andrängende Impulse oder Forderungen wehren. Da sie unter einem hohen
     Maß an innerem Ärger, Unflexibilität und Perfektionismus leiden, haben sie mit Aufgaben jede Menge Schwierigkeiten.
    Menschen mit einer vermeidenden Persönlichkeitsstörung leiden unter sozialen Hemmungen, Gefühlen von Unzulänglichkeit und
     einer exzessiven Angst vor negativer Bewertung durch andere. Sie meiden alles, was dieses Risiko birgt, schieben also auf.
    Personen mit einer histrionischen Persönlichkeitsstörung suchen unentwegt nach Beachtung durch andere und versuchen, sie mithilfe
     übertrieben in Szene gesetzter Gefühle zu erreichen. Sie brauchen die Erregung, Langeweile ist für sie identisch mit Leere.
     Lange Durststrecken, an deren Ende erst Belohnungen winken, sind für sie unerträglich. Sie sind groß im enthusiastischen Start,
     aber dann geht ihnen schnell die Puste aus.
    Noch schwerere Störungen, wie die Borderline-Persönlichkeitsstörung oder die Antisoziale Persönlichkeitsstörung, stehen an
     der Grenze zu psychotischen Störungen, also Geisteskrankheiten. Ihre Kernmerkmale sind Schwierigkeiten mit der Akzeptanz der
     Realität beziehungsweise ihrer Normen und aus genau diesen Gründen rufen sie Aufschieben hervor. Impulsive Durchbrüche, Aufmerksamkeitsdefizite
     und hypermotorische Verhaltensweisen sind ebenso kennzeichnend wie Störungen in der Gewissens- und Vorsatzbildung, sodass
     diese Menschen es ohnehin schwer haben, Beschlüsse zu fassen, an die sie sich dann auch selbst gebunden fühlen.
    Gestörte Persönlichkeiten haben Schwierigkeiten damit, sich ihrer Umwelt in erfolgreicher Weise anzupassen. Die Störungen
     selbst werden – anders als Persönlichkeitsmerkmale – zwar nicht als ganz so unbeeinflussbar eingeschätzt, aber nur intensive
     Psychotherapie über lange Zeit kann hier positive Veränderungen bewirken. Chronische generalisierte Aufschieber können von
     ihr profitieren.
    Das Aufschieben kann auch als Begleitsymptom einer Reihe von |134| noch schwereren seelischen und körperlichen Erkrankungen vorkommen, auf die hier jedoch nicht näher eingegangen wird.
    Aufschieben und Konfliktregulation
    Bislang ging es um die strukturellen Seiten des Aufschiebens. Jetzt geht es um die Wechselwirkung Ihrer Persönlichkeit mit
     Situationen. Dabei treten unausweichlich Konflikte auf. Als relativ ungestörter Mensch können Sie in einen normalen Konflikt
     geraten zwischen zwei miteinander unvereinbaren Tendenzen: Sie möchten gerne die Sportschau im Fernsehen sehen, aber Sie müssen
     auch noch den Rasen mähen, wenn Sie Ärger mit Ihrer Frau, der Sie das versprochen haben, vermeiden wollen. Sie schließen einen
     »reifen« Kompromiss, indem Sie sich eine Viertelstunde TV gönnen, dann schalten Sie ab und beginnen mit der Rasenpflege.
    In einem neurotischen Konflikt geht es hingegen um Triebwünsche, die sich auf die Außenwelt richten. Sie möchten beispielsweise
     mit einer flammenden Rede den Vorsitzenden Ihres Tennisvereins als unfähig entlarven. Dieser Wunsch ist stark mit Aggression
     aufgeladen. Bewusst wollen Sie nur dafür sorgen, dass der unfähige Vorsitzende nicht länger sein Unwesen treibt. Unbewusst
     aber werden kindliche oder pubertäre Wünsche, sich gegen Ihren Vater aufzulehnen, wiederbelebt, die damals in Angst erstickten.
     Diese Angst (oder auch Schuld- und Schamgefühle) meldet sich jetzt wieder. Nun sind Sie in einem neurotischen Konflikt zwischen
     einer Triebregung, die nach Befriedigung sucht, und einer Angst, die ihr als Hemmung gegenübersteht. In diesem Konflikt, der
     das Ich auf die Dauer schwächt, kann sich ein Symptom entwickeln: das Aufschieben. Sie schreiben unentwegt an Ihrer Rede,
     sammeln geistreiche Argumente, feilen an Formulierungen und haben eine gewisse Triebbefriedigung bei der Fantasie, wie Sie
     mit dieser Rede auf der Mitgliederversammlung brillieren werden. Da Sie aber nicht rechtzeitig fertig geworden sind, findet
     die Versammlung ohne Sie statt, und der Vorsitzende ist wiedergewählt worden. Sie aber haben sich durch das Aufschieben die
     volle Angst vor Ihren Aggressionen, Schuldgefühlen und vor der etwaigen Rache des Vorsitzenden im Versammlungsraum erspart.
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