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Schlussakt

Schlussakt

Titel: Schlussakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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ohnehin nur Mist erzählt. Die Beziehung längst beendet – von
wegen. Man sah sich kaum noch – von wegen. Eine schnelle Nummer während der
Premiere war immer drin. Vielleicht hast du es nicht gewusst, aber geahnt. Und
du wolltest nicht, dass ich es wusste. Natürlich steckt ihr beiden unter einer
Decke. Unter einer verdammten Kuschel-Weichspülerdecke.«
    Mir gingen die Worte und die Luft aus, ich schlug mit der
flachen Hand ins Wasser und hätte meinen Job am liebsten an den … ja, zur Not
auch an den Nagel gehängt. So kamen wir nicht weiter. Wir drehten uns im Kreis,
der eine in der Badewanne, der andere an Land. Dem einen schmerzte das Kinn,
der andere hatte eine beschlagene Brille.
    Und trotzdem hatte ich recht, wetten? Die beiden steckten
unter einer Decke.
    In diesem Moment machte es ›klick‹. Wie wenn jemand einen
Schalter umlegt.
    Ich war so verblüfft, dass ich aufstand, um auf gleicher
Augenhöhe mit Covet zu sein. Warum hatte ich das nicht früher bemerkt? Ich
Idiot!
    »Natürlich«, sagte ich kopfschüttelnd. »Du und Nagel – ich
hätte schon längst draufkommen müssen. Du und Nagel! Es ist so einfach. Viel zu
einfach.«
    Und dann stieg wieder die Wut als heiße Lava in mir empor.
»Warum, Herrgott, konntest du mir das nicht sagen?«, schrie ich Marc an.
»Warum, verdammt noch mal? Hältst du mich für einen Spießer? Meinst du, ich
hätte kein Verständnis für so etwas?«
    »Na, prima!« Jetzt brüllte auch Covet. »Auf diesen Moment
habe ich gewartet. Clever kombiniert, Herr Privatdetektiv, herzlichen
Glückwunsch! Bist du nun zufrieden? Alle Vorurteile bestätigt?«
    »Was für Vorurteile? Ich habe keine Vorurteile!«
    »Aber klar, der Hauptverdächtige treibt es mit Männern und
mit Frauen, da sieht man es mal wieder. So sind die Künstler, die haben ihr
eigenes Verständnis von Moral. Das waren doch deine Gedanken, sobald du das
Theater betreten hast! Genau das wolltest du von Bernd hören, nichts anderes.
Damit du dich überlegen fühlen darfst mit deiner komischen Art zu leben, damit
du dich zufrieden hinter deiner Einsiedlerfassade verschanzen kannst.«
    »Ich und ein Moralapostel?«, brüllte ich noch lauter. »Hats
dir ins Gehirn geschissen? Mir ist doch egal, was die Leute treiben oder nicht,
von mir aus kann jeder tun, was er mag. Dein Bernd, deine Cordula und du erst
recht. Nur verarschen lasse ich mich nicht! Nicht von dir.«
    »Du hast Bernd von Anfang an nicht leiden können. Bloß weil
er deinen Maßstäben nicht entspricht. Das ist dein Problem, Max, und deshalb
musst du damit leben, dass man dir nicht alles erzählt.«
    »Aber das hättest du erzählen können, Marc. Das schon!«
    »Nein!«, wütete er und trat gegen den Stuhl.
    »Und nimm den Moralapostel zurück!«
    »Ja, verdammt!«
    Schade, dass keiner die Szene filmte. Sie war wirklich
spaßig. Zwei alte Freunde am Scheideweg ihrer Freundschaft, man steht sich
gegenüber und versucht einander aus dem Raum zu schreien. Mit rotem Gesicht,
rollenden Augen und allem, was dazugehört. Dem einen läuft das Badewasser aus
den Haaren, dem anderen der Schweiß. Jeder trieft vor Wasser und Wut, jeder
brüllt, was die Stimme hergibt. Und warum? Weil jeder ein schlechtes Gewissen
hat und es nicht zugeben will. Eine Situation wie wenige Stunden zuvor, als
sich unsere Wege im Hause Nagels gekreuzt hatten. Nur, dass es jetzt mit den
Heimlichkeiten ein Ende hatte. Die Sache war heraus, der Kaiser stand ohne
Kleider da. Genau wie ich in diesem Moment.
    Erschöpft stemmte ich die Arme in die Hüften und sah Covet
beim Toben zu.
    »Gib mir mal ein Handtuch«, sagte ich in eine Schreipause
hinein.
    Er warf mir eins zu.
    »Danke. Also, wenn du mich fragst, ich bin heiser. Meinst du,
wir könnten …«
    »Nein!«, giftete er. »Nichts kann ich! Nichts!« Dann nahm er
meinen Stuhl in beide Hände, hielt ihn über den Kopf und warf ihn gegen die
Badezimmertür, wo seine Füße mit einem hässlichen Knacken wegbrachen. Marcs
Mantel hing noch immer über der Lehne.
    »Besser?«, fragte ich nach einer Pause.
    Er nickte und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Es war
ein altersschwacher Stuhl gewesen, aber ich hatte gerne auf ihm gesessen.
Wehmütig trocknete ich mich ab.
    Nach einer Weile öffnete Covet das Fenster.
    »Jetzt brauche ich was zu trinken«, sagte er und ging in die
Küche. Ich zog mich an.
    Und dann? Irgendwie schafften wir es nicht, das Badezimmer zu
verlassen. Vielleicht

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