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Schlussakt

Schlussakt

Titel: Schlussakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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Sie Ihrem Vorgesetzten
imponieren wollen. Aber dazu bedarf es mehr als ein paar pubertärer Fantasien,
wie Sie …«
    »Pubertäre Fantasien ist gut«, grinste der Rottweiler.
    Stille. Wussten die etwas, was ich nicht wusste?
    »Warum sind Sie eigentlich vorhin so schnell verschwunden?«,
fragte Sorgwitz. »Ich hätte Sie gerne noch einiges gefragt.«
    »Mich oder Herrn Covet?«
    »Nachdem ich mich bei Herrn Nagel rückversichert hatte, war
Ihr Freund plötzlich nicht mehr so auskunftsfreudig. Stichwort Blumengießen.
Davon wusste Nagel nichts.«
    »Zwischen zwei Verhören vergisst man schnell mal, was man
sagte.«
    »Was wollten Sie bei Nagel? Welche Beweisstücke haben Sie
dort beseitigt?«
    Ich sah ihn an und lächelte. »Nu, Härr Sorgwitz, Se hamm ja
die Schuh gewäggseld.«
    Der Kampfhund schluckte. Dann drehte er sich zu seinen
Mitarbeitern um.
    »Schaut mal grade weg«, befahl er heiser. »Alle.«
    Natürlich starrten sie ihn nun erst recht an, die Jungs mit
ihren Fotoapparaten, Absperrbändern, Messinstrumenten und Aluminiumkoffern.
    »Wegschauen, habe ich gesagt!«, brüllte er. Dann wandte er
sich wieder um und verpasste mir mit aller Kraft einen Kinnhaken.
    Ich hatte damit gerechnet. Irgendwann musste diese blonde
Sprengladung einmal explodieren. Trotzdem flüsterte mir die ganze Zeit eine
innere Stimme zu, so weit werde Sorgwitz nicht gehen. So weit nicht! Als seine
Faust auf mich zuschnellte, war ich daher nur zu einer halben Reaktion fähig.
Ich riss meinen Kopf gerade noch zurück, Sorgwitz traf die Spitze meines Kinns
und kam ins Straucheln. Vielleicht war es auch mehr als die Kinnspitze.
Jedenfalls reichte es, um mich hinterrücks ins Gehölz zu befördern. Noch im
Fallen staunte ich über die Wucht dieses Schlags. Sorgwitz stolperte nach
vorne, fiel auf die ausgestreckten Hände und lag einen Schritt neben mir im
Schnee.
    Keiner sagte etwas.
    Der Kampfhund berappelte sich, zog die Nase hoch und sah auf
mich herunter. Ich starrte in den Himmel. Gegen eine kurzzeitige Ohnmacht hätte
ich nichts einzuwenden gehabt. Ein Arzt war ja zur Hand. Doch der Schnee kühlte
meinen Hinterkopf und hielt mich bei Bewusstsein.
    Mühsam setzte ich mich auf.
    »Weitermachen!«, schnauzte Greiner das verblüffte Publikum
an. »Oder war da was?«
    Sorgwitz hielt sich die rechte Hand. Sie musste ganz schön
wehtun, sagte mir mein Kinn.
    »Wenn Sie das vor Fischer wiederholen, alle Achtung«,
murmelte ich.
    Der Kampfhund schwieg hasserfüllt und verzog sich in Richtung
Auerhahnenkopf. Auch in seine Kollegen kam Bewegung, jeder wandte sich seinen
Aufgaben zu, der Rottweiler interessierte sich plötzlich für die Leiche, und
nur der Forstbeamte bekam seinen Mund nicht geschlossen.
    Ich blieb im Schnee sitzen, betastete mein Kinn und wartete
auf die Rückkehr meiner Lebenskräfte. Dabei mussten meine Blicke über den Boden
gewandert sein. Denn plötzlich bemerkte ich, dass ich in Bernd Nagels Gesicht
starrte.
    Ich griff nach einem kleinen Gegenstand zwischen Farn und
Gräsern. Ein Passfoto. Ich betrachtete es so lange, bis es dem Rottweiler
auffiel.
    »Was haben Sie da?«, knurrte er.
    »Fragen Sie Ihren Kollegen.«
    »Chris, komm mal her«, rief er. »Ist dir das Foto da aus der
Tasche gefallen?«
    Sorgwitz wandte sich mürrisch um und kam zu uns zurück.
    »Nichts ist mir aus der Tasche gefallen«, presste er zwischen
den Zähnen hervor. »Was denn, wie denn? Dazu müsste ich ja gestolpert sein,
hier ist aber niemand gestolpert, hier ist überhaupt nichts passiert, nichts,
was der Rede wert wäre. Ist das klar?« Er trampelte durch den Schnee, die Augen
gerötet, an jeder Schläfe ein Trumm von Ader. »Ist das klar, Herr
Privatdetektiv? Hier hat niemand etwas gesehen, und versuchen Sie bloß nicht,
sich bei meinem Chef auszuheulen. Stehen Sie auf, bevor sich Ihr Bläschen
entzündet. Her mit dem Foto!« Er griff danach.
    Im letzten Moment roch ich an dem Bild, eine Sekunde, bevor
er es mir aus der Hand riss.
    »Wo hast du das her?«, fragte Greiner.
    »Lag vor Nagels Haustür«, blaffte ihn der Blonde an. Er
steckte das Foto ein und marschierte davon. Ich war nicht der Einzige, der ihm
verblüfft hinterherschaute.
    Das Bild, so winzig es war, hatte einen säuerlichen Geruch
verströmt. Einen Geruch, der da nicht hingehörte. Den Geruch von abgestandenem
Bier.

Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2012

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    Urlaub unter Palmen? Kein Problem,

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