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Schlussakt

Schlussakt

Titel: Schlussakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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sei, das sie in mich investierte.
    »Beerben wollten Sie den Dicken?«, unterbrach ich verblüfft.
    Da ging das Gekreische erst richtig los. Ein Banause sei ich,
eine Fehlbesetzung, keine Ahnung von Musik, das habe sie sich gleich gedacht
und so weiter. Ich ließ mich nicht lumpen und hielt dagegen. So weit die
morgendlichen Kräfte reichten. ›Alte Schachtel‹, werde ich wohl gesagt haben.
›Alte Hutschachtel‹ vielleicht. Am Ende entband sie mich von allen Ämtern,
versprach mir mit höhnischer Stimme für die nächsten Tage einen Scheck und
hängte ein.
    »Gott sei Dank«, seufzte ich. Nun war ich wach.
    Trotzdem legte ich mich noch ein Stündchen ins Bett, um
meinem Kopf, meinem Rücken und all den anderen schmerzenden Körperteilen
Gelegenheit zur Regeneration zu geben. Viel half es nicht. Immerhin war ich
nach dem Aufstehen in der Lage, eine SMS, die mir Frau Dr. Glaßbrenner
geschickt hatte, fehlerfrei zu beantworten. Anders als ich hatte mein Handy die
Nacht zur vollständigen Erholung genutzt. Vielleicht hätte ich auch mit zwei
Fingern in der Steckdose schlafen sollen.
    Das Frühstück fiel aus. Ich hätte nicht einmal einen Kaffee
bei mir behalten. Stöhnend schleppte ich mich durchs Treppenhaus und zog die Neckar-Nachrichten aus dem Briefkasten. Auch die Lektüre trug nicht zur Besserung meines
Lebensgefühls bei. Die Nachricht vom Fund Wolls stritt mit der von
Barth-Hufelangs Entlarvung um die mediale Lufthoheit, und wie so oft schien der
Dirigent als Sieger hervorzugehen.
    Ich sah aus dem Fenster. Wolken, Windstille, die letzten
Schneereste hatten sich in Matsch verwandelt. Für elf Uhr hatte mich die
Rechtsanwältin zu sich gebeten. Ich hatte keinen blassen Schimmer, was sie von
mir wollte.
    Mir fiel etwas ein. Ich schlug den Veranstaltungskalender der
Zeitung auf. Theater der Stadt Heidelberg, 20 Uhr: Die Hochzeit des Figaro ,
stand da. Kein Hinweis auf Ausfall oder Verlegung. Bis dahin musste ich wieder
fit sein. Ich faltete die Neckar-Nachrichten zusammen und b ettete mein Haupt darauf. Vielleicht war noch eine
Kopfschmerztablette angebracht.
    Kurz danach verließ ich
das Haus.
    Ich brauchte eine halbe
Stunde bis in die Zähringer Straße. Auf der Theodor-Heuss-Brücke wurde mir
schlecht, als ich von oben auf den schlingernden Neckar blickte. Am
Bismarckplatz wurde mir schlecht, als mir neben dem China-Imbiss ein Hauch
gebratener Ente ins Gesicht wehte. Desgleichen in der Rohrbacher Straße, wo ich
einen Penner sah, wie er vorm Plus eine Dose Bier an die Lippen setzte. Jedes
Mal suchte ich die Nähe eines Mülleimers, schloss die Augen und atmete tief
durch. Nach ein paar Minuten konnte ich weiterfahren.
    »Willst’n Schluck,
Junge?«, rief der Penner mitleidig. Mir fiel nicht einmal ein gescheiter
Kommentar ein.
    Die sechs Stufen vorm Glaßbrennerschen Hauseingang stellten
in meinem Zustand eine Herausforderung dar. Zum unüberwindbaren Hindernis aber
wurde eine Rauchfahne, die in Kopfhöhe über der Treppe schwebte. Die würzige
Hinterlassenschaft eines Zigarillos. Was wollte Kommissar Fischer hier?
Schlagartig wurde mir schwindlig. Wenn ich jetzt weiterginge, würde ich der
Rechtsanwältin vor die massive Holztür kotzen. Ich setzte mich auf die Treppe
und hielt mir den schmerzenden Kopf.
    »Kann ich helfen?«, fragte Cordula Glaßbrenner.
    Ich sah auf. Sie stand am Fuß der Treppe, hatte einen
Wintermantel umgehängt und einen brennenden Zigarillo in der rechten Hand, den
Verursacher meiner Unpässlichkeit.
    »Danke«, sagte ich. »Mein Anblick in dem Messingschild da
oben hat mir einen Schock versetzt.«
    »Nun übertreiben Sie mal nicht. Da habe ich schon Schlimmeres
gesehen.«
    »Was denn?«
    »Fragen Sie meinen Badezimmerspiegel.«
    Scheinheilige Tussi, dachte ich. Du weißt genau, wie gut du
aussiehst, also kokettier nicht so dämlich rum. Schon gar nicht, wenn da ein
Sack Magensäure vor dir sitzt, der gleich überläuft. Auf deinen Juristenspott
kann ich verzichten.
    »Warum duzen wir uns eigentlich nicht, Max? Als gemeinsame
Freunde von Marc.«
    »Wie bitte?«
    »Was dagegen?«
    »Nö«, sagte ich und zuckte die Achseln. Was fand diese Frau
nur daran, mich zu verarschen?
    »Schön. Dann geh doch schon mal vor, die Tür ist offen. Bernd
wartet in meinem Büro. Ich rauche hier noch zu Ende.«
    Froh, dem Zigarillomief entkommen zu können, erhob ich mich
und wankte ins Haus. Das war wieder so ein Tag, an dem die ganze Stadt in eine

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