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Schlussakt

Schlussakt

Titel: Schlussakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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machte. Sie
brauchte nur ihren Gesichtsausdruck zu verändern, mir tief in die Augen zu
blicken, und ich schmolz dahin. War Pudding in ihren Händen, formbar, ein
Schoßhündchen.
    »Wir möchten, dass du dein Engagement für Frau von Wonnegut
umgehend beendest.«
    »Bitte?« Mehr brachte das Schoßhündchen nicht heraus.
    »Du bist ein exzellenter Privatdetektiv, Max. Das sage ich
nicht nur so dahin. Ich werde dich vom heutigen Tag an jedem meiner Klienten,
der einen Ermittler sucht, wärmstens empfehlen. Was Bernd hingegen braucht, ist
das Gegenteil eines guten Detektivs. Er braucht Schutz vor Ermittlungen. Den
möchte ich ihm bieten, indem ich dich bitte, aus dem Vertragsverhältnis mit
deiner Auftraggeberin auszusteigen. Dass Bernd die Nachstellungen der Polizei
ertragen muss, ist schlimm genug. Wenigstens vor den restlichen
Beeinträchtigungen möchte ich ihn schützen.« Wieder kräuselten sich ihre
Lippen, dass es mir schummrig wurde. »Und ich werde ihn schützen.«
    Ich brauchte ein paar Sekunden, um diese Informationen zu
verarbeiten. Kratzte mich im Nacken, sah auf meine Fußspitzen. Trotzdem fiel
meine Erwiderung nicht eben intelligent aus.
    »Du glaubst doch nicht, dass ich einen Auftrag so einfach
beende«, sagte ich.
    »Noch einmal, Max: Wir wissen deine Arbeit zu schätzen. Und
genau deswegen sollst du sie beenden. Es ist ja deine Pflicht, Bernd
auszufragen, ihn in Widersprüche zu verwickeln, ihm keine ruhige Minute zu
gönnen, bis seine Unschuld zweifelsfrei erwiesen ist – nach realistischer
Einschätzung der Polizeiarbeit also frühestens in zwei Wochen. Wärst du bloß
Amateur, könnten uns deine Ermittlungen egal sein, aber das bist du nicht. Also
geh zu Frau von Wonnegut und sage ihr, dass du dich leider gezwungen siehst,
die Nachforschungen einzustellen. Die genaue Begründung überlassen wir dir.«
    Ich sah zu Nagel hinüber, der mir den Rücken zuwandte, und
wieder zu Cordula zurück. Wie sollte ich auf ihr lächerliches Ansinnen
reagieren? Am liebsten hätte ich ihr einen Vogel gezeigt. Einmal ganz abgesehen
davon, dass Elke von Wonnegut seit wenigen Stunden gar nicht mehr meine
Auftraggeberin war.
    »Ich weiß, was du fragen möchtest«, sagte Cordula Glaßbrenner
mit zartem Schmunzeln. »Was ist mit dem Verdienstausfall? Für den kommen wir
auf, keine Sorge. Ich gehe davon aus, dass du deine Auftraggeberin spätestens
in 48 Stunden von Bernds Unschuld hättest überzeugen können. Nenne mir deinen
Tagessatz, und ich schreibe dir einen Verrechnungsscheck.«
    Unsere Blicke trafen sich. Ich popelte im rechten Ohr herum
und versuchte, ihr amüsiertes Schmunzeln nachzuahmen. Es gelang mir nicht.
Warum hasste mich die bestaussehende, intelligenteste Frau, die mir seit Ewigkeiten
über den Weg gelaufen war? Warum ließ sie mich nicht einfach links liegen, wie
sie es bei unserer ersten Begegnung in Covets Wohnung getan hatte, sondern
griff auf ihr komplettes Inventar an Überlegenheitsgesten zurück, lockte und
bezirzte mich, um mir am Ende einen Fußtritt zu versetzen?
    »Liebe Cordula«, sagte ich. »Darf ich deinen Vorschlag so
zusammenfassen: Ich soll mir einen schönen Lenz machen und dafür abkassieren?«
    »Wenn du es so nennen möchtest.«
    »Und wie steht dein Mandant dazu?«
    Nagel drehte sich um und machte eine unbestimmte Geste. »Ich
weiß nicht. Es war Cordulas Idee.«
    Feigling, dachte ich.
    »Ja, ich habe es ihm vorgeschlagen«, sagte die
Rechtsanwältin. »Ich musste es tun. Bernd hat genug mitgemacht in den letzten
Tagen, und da wir dein Arbeitsethos mittlerweile zu schätzen gelernt …«
    »Ist ja gut«, schnitt ich ihr das Wort ab. Ich sprang auf und
begann, durch das Zimmer zu wandern. Meine Übelkeit war verschwunden, hatte
sich – Mysterium der Biochemie – in schwarze Galle verwandelt. »Dein elendes
Wissen-wir-zu-schätzen-Geschwätz kannst du dir sparen, Cordula. So was hast du
nicht nötig. Glauben tut es dir ohnehin keiner, ich schon mal gar nicht. Weißt
du, was ich mich frage? Was hinter deinen Provokationen steckt. Warum du einen
wie mich unbedingt demütigen möchtest. Ich meine, ich bin doch ein Nichts für
dich, ohne Marc hätte ich deine Villa nie betreten und werde sie auch nie
wieder betreten. Warum also? Nur weil ich vorgestern eine Formulierung gewählt
habe, auf die du allergisch reagierst? Im Gegenteil. Ich bin derjenige, der
dich an deinen Opportunismus erinnert, weil ich undiszipliniert und unflätig

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