Schlussakt
es eine Kooperation sein würde, dann eine von Taktik geprägte.
Aber besser so, als ständig mit seinen beiden Wadenbeißern zusammenzurasseln,
mochte das auch seinen ganz eigenen Reiz haben. Außerdem war mir Fischer nicht
unsympathisch. Er war ein konservativer Mensch, der seine Mitarbeiter siezte
und Stofftaschentücher benutzte, und er respektierte, dass ich eine andere
Interessenlage vertrat. Ich mag konservative Menschen.
»Kooperation also«, sagte ich. »Und wie haben Sie sich das
vorgestellt? Ich mache die Drecksarbeit vor Ort, und Sie kopieren mir ab und zu
einen nichtssagenden Aktenanhang?«
Achselzuckend schnippte er Asche von seinem Zigarillo. »Wir
halten uns gegenseitig auf dem Laufenden. Das ist vage, aber mir reicht das.
Sie berichten mir von Ihren Ermittlungserfolgen. Wir treffen uns regelmäßig,
teilen unsere Eindrücke, legen uns keine Steine in den Weg.«
»Und die Herren Greiner und Sorgwitz?«
»Solange Sie keine albernen Spielchen auf der Toilette
veranstalten, sehe ich da keine Probleme.« Er nahm einen tiefen Zug und fügte
hinzu: »Es handelt sich schließlich um meine Untergebenen.«
Fast taten mir die beiden leid. »Und was würde Ihr Chef
sagen«, wandte ich ein, »wenn er erführe, dass Sie mir Einblick in ein
laufendes Verfahren gewähren?«
»Wer behauptet, dass ich Ihnen das gewähre? Wir werden uns
lediglich über unsere Eindrücke austauschen, Herr Koller. Und ein schriftliches
Protokoll wird es dabei nicht geben.«
»Na, dann«, grinste ich. »Ich wollte schon immer mal mit der
Polizei Baden-Württemberg zusammenarbeiten.«
Er nickte und trat an den Tisch. »Einen Kaffee?«
»Gerne.«
Sein Kaffee schmeckte zwar nicht besonders, aber es war der
Rottweiler, der ihn mir bringen musste. Fischer hatte wieder hinter seinem
Schreibtisch Platz genommen, und solange sein Mitarbeiter im Raum war,
unterhielten wir uns über belanglose Dinge: wo wir wohnten und wann es Schnee
geben würde.
»Diese Woche garantiert«, meinte er. »Ich spürs in den
Knochen. Milch, Zucker?«
»Nur Milch, danke.«
Greiner schlich wortlos hinaus. Er nahm sogar den vollen
Aschenbecher mit.
»Gut«, sagte Fischer und knibbelte wieder an seiner Nase
herum. »Nun erzählen Sie mal, für wen Sie arbeiten. Für diesen Journalisten?«
Der Name meiner adligen Auftraggeberin sagte ihm nichts. Ich
berichtete ihm nicht alles, aber doch so viel, dass er über meine Arbeit und
meine Freundschaft zu Marc Covet im Bilde war. Marcs telefonischen Hilferuf vom
Mordabend verschwieg ich ihm; in meiner Rolle als Opernbesucher fühlte ich mich
pudelwohl.
»Frau von Wonnegut«, sagte er kopfschüttelnd. »Heißt die
wirklich so?«
»Scheint so.«
»Und warum stürzt sie sich dermaßen in Unkosten?«
»Damit auf ihren Verein nicht die Ahnung eines Schattens
fällt. Sollte Nagel unter dringendem Mordverdacht stehen, wird sie sich
rechtzeitig von ihm absetzen wollen.«
Fischer nickte nachdenklich.
»Ist er denn verdächtig?«, hakte ich nach.
»Nagel? Natürlich ist er das. Die Tote lag in seinem Zimmer.
Und sie war seine Ex-Freundin.«
»Sie war auch Barth-Hufelangs Ex-Freundin. Und Wolls Ex-Frau.
Außerdem hatte sie einen Schlüssel zu Nagels Zimmer in der Tasche. Jeder kann
sie dorthin geschleppt haben.«
»Nicht jeder. Nur jemand, der von dem Schlüssel wusste.
Jemand mit Ortskenntnis. Jemand, der die Beziehung zwischen der Nierzwa und
Nagel kannte.«
»Das sehe ich etwas anders.«
»Außerdem hat Nagel den Zuschauerraum des Theaters für
längere Zeit verlassen. Wussten Sie das?«
»Das hat er mir gegenüber sofort zugegeben«, lächelte ich.
»Eine ehrliche Haut, dieser Bernd Nagel.«
»Vielleicht. Trotzdem sieht es nicht gut für ihn aus. Unter
Annette Nierzwas Fingernägeln haben wir Stoffreste gefunden. Von einem
schwarzen Anzug, wie ihn Nagel an diesem Abend trug.«
»Wie ihn am Premierenabend praktisch jeder männliche Besucher
trägt.«
»Ausgenommen ein gewisser Max Koller.«
»Dann kann ich schon mal nicht der Mörder sein.«
»Als hätten Sies geahnt.«
Ich nahm einen Schluck Kaffee. »Nun überlegen Sie mal, Herr
Fischer. Angenommen, Bernd Nagel hätte Annette Nierzwa tatsächlich umgebracht.
Würde er sie dann tot in seinem eigenen Zimmer liegen lassen, um sie selbst
nach Ende der Vorstellung dort zu finden?«
»Warum nicht? Vielleicht wurde er gestört. In dem
verschlossenen Zimmer war sie erst einmal vor Entdeckung geschützt. Nagel ist
Weitere Kostenlose Bücher