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Schlussakt

Schlussakt

Titel: Schlussakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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nicht dumm. Gut möglich, dass er genau auf diese Argumentation setzt: Weil er
sich selbst so offensichtlich verdächtig macht, kann er es eigentlich nicht
gewesen sein.«
    »Enthielt sein Notebook irgendwas Sensationelles?«
    »Sein Notebook? Lieber Herr Koller, Sie wollen uns doch nicht
unterstellen …« Er schüttelte tadelnd das Beamtenhaupt.
    Ich grinste.
    »Selbst wenn wir es untersucht hätten«, sagte Fischer,
»hätten wir nichts Interessantes gefunden. Die üblichen peinlichen Fotos,
Briefe, die keinen etwas angehen … Mehr wäre es nicht gewesen. Trotzdem tanzte
Nagel Sonntag früh bei uns an und forderte das Ding zurück.«
    »Er war es nicht«, sagte ich. »Die Nierzwa wurde auch nicht
in seinem Zimmer umgebracht.«
    »Ach, das wissen Sie? Richtig, Sie waren ja eine Zeit lang in
dem Überaum. Danke für den Hinweis, aber das weggewischte Blut haben wir selbst
entdeckt. Wenn auch erst gestern. Ich sage Ihnen eins, Herr Koller: Falls Sie
mal einen Mord begehen wollen, dann am Wochenende.«
    »Ich werde es mir merken.«
    »Es ist wahr! Samstag und Sonntag sind wir dermaßen
unterbesetzt, das darf man der Öffentlichkeit gar nicht erzählen.« Zornesfalten
kräuselten die Stirn des Kommissars. »Und mit den beiden von der Streife hatte
ich auch ein Hühnchen zu rupfen. Anstatt die gesamte Etage freizuräumen, lassen
sie Hundertschaften von Gaffern durch die Zimmer trampeln.«
    »Sie waren nur zu zweit. Im Übrigen brauchen Sie sich mir
gegenüber nicht zu rechtfertigen.«
    »Ich rechtfertige mich nicht«, rief Fischer und lief
dunkelgelb an. »Will Ihnen bloß erklären, warum es zu dieser Verzögerung kam.
Heutzutage darf man sich ja nicht mal mehr beschweren!« Er winkte ab, von
wütendem Husten geschüttelt. Seinem Schreibtisch entnahm er eine Schachtel mit
Lutschbonbons, von denen er eines in den Mund steckte. »Wie auch immer«, fuhr
er lutschend fort, »den Tatort kennen wir jetzt, auch wenn es dort keine
relevanten Spuren mehr gibt.«
    »Was ist in dem Überaum passiert, Ihrer Meinung nach?«
    »Sagen Sie es mir, Herr Koller. Woher wissen Sie eigentlich
von dem Blut? Mit bloßem Auge war es nicht zu erkennen.«
    »Für ein private eye schon«, sagte ich so großspurig
wie möglich und schlürfte den Automatenkaffee. »Nein, im Ernst: Als ich am
Samstag in dem Überaum wartete, waren noch Blutreste vorhanden. Zwischen den
Klaviertasten. Offenbar wurde Annette Nierzwa neben dem Klavier erwürgt und
fiel mit der Stirn auf die Tastatur. Der Täter wird in aller Eile das Blut
aufgewischt haben, mit einem Taschentuch, mit Klopapier, was weiß ich.«
    »Mit ihrem Slip«, sagte Kommissar Fischer. »Der lag im
Papierkorb von Nagels Zimmer.«
    »Damit also. Er zieht der am Boden liegenden Frau den Slip
aus, wischt hektisch das Blut von den Tasten, übersieht dabei ein paar Tropfen.
Am nächsten Tag kommt er zurück, entdeckt, dass der Überaum nicht versiegelt
ist, und beseitigt die restlichen Spuren. Als ich das Klavier am
Sonntagnachmittag untersuchte, war die Tastatur bereits blitzeblank.«
    »So, so«, murmelte Fischer.
    »Das engt den Täterkreis natürlich ein. Auf Personen, bei
denen es nicht auffällt, wenn sie sich im Verwaltungstrakt bewegen.«
    »Wie Bernd Nagel zum Beispiel.«
    »Nicht nur er.«
    Fischers Telefon läutete. Er warf dem Apparat einen
missliebigen Blick zu, und siehe da, das Läuten verstummte. »Sie könnten recht
haben«, brummte er. »Wahrscheinlich kommt nur ein Mitarbeiter des Theaters in
Betracht. Theoretisch aber müssen wir mit allem rechnen. Man kommt ziemlich
leicht in den Verwaltungstrakt, wenn man sich ein wenig auskennt. Auch am Wochenende.
Der Haupteingang steht offen, man muss nur noch durchs Foyer. Oder man nimmt
den Eingang Friedrichstraße und schlägt sich durch die Kellerräume.«
    »Aber dazu braucht es wirklich Ortskenntnis. Außerdem sitzt
dort ein Pförtner.«
    »Dann läuten Sie am Verwaltungseingang, sagen Müller oder
Meier, und schon sind Sie drin. Das schafft jeder. Wir müssen sogar damit
rechnen, dass jemand in dem Gebäudekomplex übernachtet hat.«
    »Mal eine ganz andere Frage: Wurde Annette Nierzwa
vergewaltigt?«
    »Kein Anzeichen für Geschlechtsverkehr vor ihrem Tod.«
    »Und was ist mit dem Zimmerschlüssel, den sie besaß?«
    »Verschwunden.«
    Das Telefon läutete wieder. Diesmal hob Fischer ungehalten
ab. Er hatte wohl so eine Vorahnung. Im Verlauf des Gesprächs wurde seine
Gesichtsfarbe noch

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