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Schlussakt

Schlussakt

Titel: Schlussakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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Sorgwitz tendieren zu letzterer.«
    »Kein Problem«, sagte ich. »Es ist ja nicht weit von hier in
die Notfallambulanz. Drei Haltestellen mit dem Bus.«
    »Aber wie löst man einen Fahrschein mit gebrochenen
Handgelenken?«, lachte Herr Greiner.
    »Genug gescherzt«, winkte Fischer ab. »Wir sind hier nicht im
Kindergarten. Mich würde interessieren, wie Sie unser Verhältnis sehen, Herr
Koller. Kooperation oder Konkurrenz, was meinen Sie?«
    »Wo ist der Widerspruch, Herr Fischer? Wir können
kooperieren, ohne die gegenseitige Konkurrenz aufzugeben.«
    »Schwätzer!«, stieß Sorgwitz hervor. Es war das erste Wort,
das er in meiner Gegenwart von sich gegeben hatte, und fast wäre ihm der
Kaugummi aus dem Mund gefallen.
    Der Hauptkommissar nickte. »Verstehe«, murmelte er
nachdenklich und widmete sich wie zuvor seiner juckenden Nase. »Verstehe …«
Abrupt wandte er sich an die zwei im Hintergrund. »Wären Sie so freundlich, uns
eine Weile alleine zu lassen?«
    Greiner und Sorgwitz blickten sich verdattert an. Mit allem
hatten sie gerechnet, nur damit nicht. Der Kampfhund hielt im Kauen inne, auf
dem Antlitz des Rottweilers las man verzagten Widerspruch.
    »Bitte«, sagte Fischer sanft, und es klang nachdrücklicher
als jeder Befehl.
    Die zwei trollten sich, den Schwanz eingekniffen. Hat euch
Herrchen den Beißring weggenommen? Ab ins Körbchen, ihr beiden!
    Aus einer Schublade seines Schreibtischs kramte Fischer einen
Aschenbecher und eine Packung Zigarillos hervor. »Mich interessiert nicht die
Bohne, was Sie über die beiden denken«, sagte er. »Für eines lege ich meine
Hand ins Feuer: Die Herren Greiner und Sorgwitz sind ausgezeichnete Beamte.
Zuverlässig, eifrig, ehrgeizig. Außerdem ein Vierteljahrhundert jünger als ich
und aus diesem Grund manchmal etwas überehrgeizig. Aber ich weiß, was ich an
ihnen habe. Damit wir uns ein für allemal verstehen.«
    »Ist notiert.« Mir war nicht entgangen, wie sorgfältig er
seine Worte gewählt hatte. Hand ins Feuer … Beamte … zuverlässig … Das reinste
Festrednervokabular! Übersetzt hieß das wohl: ›Man hat es nicht leicht mit
diesen Eisenfressern, Herr Koller. Was würden Sie von Mitarbeitern halten, die
bei jeder Gelegenheit auf Ihrem Stuhl Probe sitzen?‹
    Fischer erhob sich, um sich mit dem brennenden Zigarillo
zwischen den Lippen und einem Aschenbecher in der Hand ans Fenster zu stellen.
Dorthin, wo zuvor Kollege Sorgwitz Löcher in die Luft gestarrt hatte. »Wissen
Sie«, sagte er und blies den Rauch in die kalte Morgenluft, »Leute wie Sie
genießen keinen guten Ruf bei uns. Es gibt Ausbilder, die uns ausdrücklich
davor warnen, mit Privaten zusammenzuarbeiten. Mit Kopfgeldjägern.
Schlüssellochriesen.« Er schaffte es, seine Aufzählung ganz sachlich klingen zu
lassen. »Von daher dürfen Sie es Greiner und Sorgwitz nicht übel nehmen, wenn
sie etwas brüsk reagieren und sich jede Einmischung verbieten. Man muss wohl
erst so alt werden wie ich, um zu merken, dass man mit Kooperation weiter kommt.«
    So wie er das formulierte, stand er mit einem Bein im Grab
und hatte mich zu sich gerufen, um mir sein Testament zu diktieren. Gesund sah
er in der Tat nicht aus, und die Rente war wohl auch nicht allzu weit.
    »Ich habe mir nie Illusionen gemacht, gegen die Polizei
arbeiten zu können«, sagte ich.
    »Nun lassen Sie mal die Sprüche«, entgegnete er müde. »Ich
habe die beiden rausgeschickt, um mit Ihnen in Ruhe reden zu können. Ohne
rhetorische Kraftmeierei. Am Samstag wurde eine junge Frau ermordet, und ich
möchte herausfinden, wer das zu verantworten hat. Sie offenbar auch. Also
lassen Sie uns die albernen Profilierungsspielchen beenden und kooperieren. Das
ist mein Vorschlag. Sie sollten ihn annehmen.« Er stellte den Ascher ab, legte
seinen Zigarillo hinein und zog sein Stofftaschentuch aus der Tasche, um die
Nase freizubekommen.
    Ich ließ mir Zeit mit der
Antwort. Ein Angebot? Noch nie hatte mir ein Polizist ein Angebot gemacht. Die
Vorstellung schmeichelte mir. Aber war sie ernst zu nehmen? Was hatte Fischer
von meiner Kooperation? Inhaltlich kaum etwas. Vielleicht ein paar
Zusatzinformationen über Beteiligte, über die Interessen meiner Auftraggeberin
und die Verhältnisse am Theater. Eher ging es ihm darum, mich durch Nähe zu
kontrollieren. Einen zwielichtigen Privatflic, der vor ihm am Tatort
aufgetaucht war und freundschaftliche Verbindungen zum Hauptverdächtigen
unterhielt. Wenn

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