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Schlussakt

Schlussakt

Titel: Schlussakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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baumdickem Glied durfte nicht
fehlen. Im Wohnzimmer die zermatschte Kröte, im Nebenraum der Antikenporno;
Bernd Nagel wusste sich sein Leben säuberlich einzurichten.
    Nachdenklich verließ ich das Zimmerchen. Dieser Fall wurde
immer verrückter. Selbst die alten Griechen traf man mit heruntergelassener
Hose an.
    In der Diele saß Marc immer noch auf dem Boden und presste
den Waschlappen gegen die Stirn.
    »Was machst du da, Max?«, fragte er heiser.
    »Nachschauen, was der Eindringling wollte«, antwortete ich
und stieg die Treppe nach oben. Im ersten Stock gab es eine weitere Toilette,
eine Abstellkammer und ein großes Schlafzimmer mit Dachschräge. Nagels Bett
ähnelte der Spielwiese von Annette Nierzwa, nur die Stofftiere fehlten. Warum
ich als Erstes die Matratze hob und darunter blickte, weiß ich bis heute nicht.
Zu finden gab es jedenfalls nichts.
    Umso mehr in Nagels Nachttischschränkchen. Da lag ein
Revolver. Ein kleines, handliches Ding, ideal für Frauen- und
Geschäftsführerhände, für zartbesaitete Mitmenschen, die sich beim Einschlafen
fürchteten. Bloß, wovor fürchtete sich Bernd Nagel? Vor dem nächtlichen
Schlächter an seinem Bett? Vor marodierenden Banden? Vor rabiaten Schlierbacher
Nachbarn, denen sein hellenistisches Kamasutra missfiel? Sicher, es gab 100 und
mehr Gründe dafür, die Aufrüstung im eigenen Schlafzimmer voranzutreiben, und
doch weckte dieser kleine Revolver meinen Argwohn. Ich ließ ihn an seinem Platz
im Nachttischschrank, ebenso Nagels Bettlektüre, ein paar Kondome, eine
Schachtel Aspirin, Schreibutensilien.
    Geräusche am Fuß der Treppe. Marc schien mir Gesellschaft
leisten zu wollen. Ich verließ den Schlafraum und kam ihm entgegen.
    »Na, wie fühlst du dich?«
    »Beschissen wäre geprahlt«, murmelte er. Er stand auf der
drittuntersten Stufe und hielt sich am Geländer fest. »Wie durch die Saftpresse
gedrückt. Hast du mich so zugerichtet?«
    »Ich?«, lachte ich. »Sag das nicht noch mal.«
    »Wer dann?«
    »Keine Ahnung. Ich kann nur raten, was passiert ist. Als du
ins Haus bist, war schon jemand drin. Er hat das Küchenfenster eingeschlagen.
Dann hörte er dich kommen, versteckte sich hinter der Tür oder sonst wo, und
kaum warst du in der Diele, zog er dir etwas über den Schädel. Dann ging er
stiften. Was du ihm übrigens nicht leicht gemacht hast. Ich bekam die Tür kaum
auf, so wie du davorlagst.«
    Covet lehnte sich gegen den Pfosten des Treppengeländers und
runzelte die Stirn. Er sah eine Weile zur Tür und dann wieder zu mir. »Ja, so
wird es wohl gewesen sein«, sagte er. »Ich erinnere mich, wie ich die Haustür
aufschloss, und dann … Sendepause.«
    »Wusste gar nicht, dass du einen Schlüssel zu Nagels Haus
besitzt.«
    Covet warf mir einen irritierten Blick zu. »Tue ich auch
nicht«, sagte er. »Cordula gab mir einen, um Unterlagen aus der Wohnung zu
holen. Im Auftrag Bernds.«
    »Verstehe.«
    »Und du?«
    »Ich habe auch keinen Schlüssel. Als ich kam, war die Tür
einen Spalt offen. Der Einbrecher wird sie nicht richtig zugezogen haben.«
    »Was wolltest du hier?«
    »Die Nachbarn wegen Bernd befragen. Vielleicht kann ihm einer
ein Alibi für vorgestern geben. Als ich mir das Haus aus der Nähe ansah,
entdeckte ich, dass die Vordertür nicht geschlossen war. Und nun nenne mir
einen Privatflic, der von offenstehenden Türen nicht magisch angezogen wird.«
    »Ja«, nickte er und versuchte sich an einem zaghaften
Grinsen. Ich grinste mit. Dabei spielte ich einhändig Klavier auf dem Geländer.
Draußen lag Schnee, Schritt für Schritt stolperte man über Leichen, und hier
drin belogen sich zwei alte Freunde nach Strich und Faden. Eine miese Komödie
war das.
    »Weißt du, was?«, sagte ich. »Du hältst jetzt deinen Kopf ein
paar Minuten lang unter Wasser, sonst kommst du heute überhaupt nicht mehr auf
die Beine.«
    Folgsam schleppte er sich ins Bad. Ich hörte ihn die Dusche
in Gang setzen, dann einen Schmerzensschrei und unterdrücktes Fluchen, das im
Gurgeln des Wassers unterging. Ein grimmiges Lächeln umspielte meine Lippen.
Das war die Strafe dafür, dass Marc Covet einen Freund anlog.
    Und was würde meine Strafe sein?
    Urplötzlich begann mein Kinn zu jucken. Wollte mich wohl
daran erinnern, dass ich schon lange keinen Schwinger mehr abgekriegt hatte.
Von mir aus konnte dieser Zustand noch sehr lange andauern.
    Ich ging in die Küche und nahm das kaputte Fenster in
Augenschein. Es war von

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