Schlussblende
auszutricksen, der sich selber gut aufs Tricksen versteht.«
Als Carol am nächsten Morgen ihr Büro betrat, stellte sie verblüfft fest, daß sich bereits ihre gesamte Crew dort versammelt hatte. Tommy Taylor saß in Machomanier mit gespreizten Beinen auf dem Besucherstuhl, Lee hatte das Fenster einen Spalt geöffnet, damit sein Zigarettenqualm abzog, und Di lehnte wie üblich mit verschränkten Armen an der Wand. Carol hätte sie zu gern in das nächste Kaufhaus gezerrt, damit sie sich – jetzt, beim Winterschlußverkauf – endlich mal statt der teuren, häßlichen Fummel, die sie trug, was Adrettes zum Anziehen kaufte.
Sie nahm hinter dem Schreibtisch Platz, öffnete ihre Aktentasche und sagte: »Also, unser Serienbrandstifter ist allem Anschein nach kein Psychopath. Das sagt mir jedenfalls ein Psychologe, von dessen Beurteilungsvermögen ich sehr viel halte. Der Bursche, der die Brände legt, handelt offenbar aus kriminellen Motiven. Und das lenkt den Verdacht auf Feuerwehrleute, die als freiwillige Helfer auf der Basis von Zeitverträgen arbeiten.«
Die drei starrten sie an, als redete sie spanisch. »Wie war das?« brachte Lee schließlich heraus.
Carol verteilte Kopien der Liste, die Jim Pendlebury ihr gegeben hatte. »Ich möchte, daß diese Männer gründlich gecheckt werden, mit besonderem Augenmerk auf ihre finanziellen Verhältnisse. Und zwar so, daß sie nicht mal ahnen, daß wir sie im Visier haben.«
»Sie beschuldigen Feuerwehrmänner?« keuchte Tommy Taylor.
»Ich beschuldige niemanden, Sergeant. Wir gehen vor wie immer, sammeln Informationen und ziehen dann Schlußfolgerungen.«
»Die Jungs riskieren bei den Einsätzen ihr Leben«, sagte Di Earnshaw erregt. »Warum sollte einer von denen Feuer legen? Da müßte er ja total verblödet sein, und Sie sagten gerade, daß er das nicht ist. Das ist doch ein Widerspruch in sich.«
»Er leidet nicht an einer Geisteskrankheit, ist aber vermutlich in einer verzweifelten Lage«, sagte Carol. »Wir suchen einen, der so tief in Schulden steckt, daß er an nichts anderes mehr denken kann. Er will seine Kameraden nicht vorsätzlich in Gefahr bringen. Den Gedanken, daß er’s doch tut, verdrängt er.«
Taylor schüttelte skeptisch den Kopf. »Ist ’n harter Brocken, den wir der Feuerwehr da zu schlucken geben.«
»Nicht mehr, als wenn die Medien der Polizei Korruption vorwerfen. Und wir wissen alle, daß so was vorkommt«, sagte Carol. Sie schob ihre Unterlagen in die Aktenmappe, sah hoch und fragte: »Wieso seid ihr immer noch da?«
Lee warf die Zigarettenkippe aus dem Fenster und schlenderte zur Tür. Taylor griff sich ostentativ zwischen die Beine, um die derangierten Insignien seiner Männlichkeit zurechtzurücken, stand auf und winkte Di mitzukommen.
Als sich die Tür hinter den drei geschlossen hatte, lehnte Carol sich zurück und massierte sich die Verspannungen rund um den obersten Nackenwirbel. Vor ihr lag ein sehr langer Tag.
Tony griff nach dem Telefon, nuschelte »Moment, bitte« in die Sprechmuschel, tippte auf seinem Keyboard den Satz zu Ende, den er angefangen hatte, und meldete sich mit »Ja? Tony Hill.«
»Hier ist DI Wharton.« Weder freundlich, noch ruppig.
»Aha. Und warum?«
»Wie?« fragte Wharton verdutzt zurück.
»Warum Sie anrufen. Das ist doch eine ganz normale Frage.«
»Nun, sagen wir – aus Höflichkeit.«
»Das ist mal was Neues.«
»Es besteht kein Grund, spitz zu werden. Mein Chef kann Sie jederzeit zu einer erneuten Vernehmung vorladen.«
»Kann er«, bestätigte Tony, »aber das muß er mit meinem Anwalt aushandeln. Also, was wollten Sie mir aus Höflichkeit mitteilen?«
»Wir hatten einen Anruf, von Micky Morgan, der Fernsehmoderatorin. Die, was Sie vielleicht nicht wissen, Mrs. Jacko Vance ist. Sie hat uns von sich aus mitgeteilt, daß Bowman am Samstag vormittag in ihrem Haus war, weil sie etwas mit ihrem Mann besprechen wollte. Wir sind also hingefahren und haben Mr. Vance befragt. Alles in Ordnung. Diese Bowman mag ja in Ihrer kleinen Gruppe mächtig auf die Pauke gehauen haben, aber Mr. Vance gegenüber hatte sie nicht den Mumm, denselben Unsinn noch mal zu verzapfen. Sie wollte lediglich wissen, ob ihm aufgefallen sei, daß sich bei seinen Veranstaltungen jemand an eines der vermißten Mädchen herangemacht hatte. Vance hat natürlich nichts dergleichen bemerkt. Kein Wunder, wenn man bedenkt, daß Woche für Woche Tausende von Gesichtern an ihm vorbeiziehen. Sie sehen also,
Weitere Kostenlose Bücher