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Schlussblende

Schlussblende

Titel: Schlussblende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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daß er’s mit seinen langen Beinen auf Büromöbeln besonders schwer habe. »Ich stecke in einer Zwickmühle. Ich habe noch nie viel von blindem Gehorsam gehalten. Ich glaube, daß ein Officer effektiver mitarbeiten kann, wenn er die Gründe für eine Anordnung kennt. Aber wenn es um eine andere Dienststelle geht und ich ausdrücklich um vertrauliche Behandlung gebeten wurde, habe ich das auch dann zu respektieren, wenn ich beim besten Willen keinen Grund für Geheimniskrämerei sehe. Stimmen Sie mir soweit zu?«
    Carol runzelte die Stirn. »Dann erlauben Sie mir bitte eine Hypothese. Ich nehme an, es geht darum, daß die neu eingerichtete Spezialgruppe eine Gelegenheit sucht, ihre Officer ergänzend zur theoretischen Ausbildung praktisch zu schulen. Wenn im Zusammenhang damit ausdrücklich um Vertraulichkeit gebeten wurde, kann ich mir das nur so erklären, daß die Spezialgruppe den wahren Grund für ihr Interesse nicht offenlegen will.«
    Brandon lächelte dankbar. »Rein hypothetisch gesehen, ja.«
    Carol lächelte nicht zurück. »Es geht also um eine Art Versuchsballon. Nur, dann hätten Sie nicht ausgerechnet meine Abteilung aussuchen sollen.« Und nach einem etwas zu lang geratenen Luftholen hängte sie ein »Sir« dran.
    Brandon sah sie überrascht an. »Warum nicht?«
    Carol dachte einen Augenblick lang nach. Sie verdankte Brandon viel, nicht zuletzt ihre rasche Karriere. Und sie war insofern in einer nicht gerade optimalen Position, als sie die wahren Gründe ihres Zögerns ebenfalls nicht offen aussprechen wollte. »Meine Gruppe ist noch ein frisch zusammengewürfelter Haufen. Ich versuche gerade, die Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zu schaffen, und da ist es nicht besonders hilfreich, wenn mir der erste wichtige Fall weggenommen wird, bevor wir uns überhaupt damit beschäftigen können.«
    »Niemand will Ihnen den Fall wegnehmen, Chief Inspector.« Die Retourkutsche für das förmliche Sir. »Wir reden über eine beratende Unterstützung durch die NOP Task Force.«
    »Die aber den Eindruck erwecken kann, daß Sie kein Vertrauen zu mir haben«, ergänzte Carol.
    »Das ist Unsinn. Wenn das so wäre, warum hätte ich Sie dann für diesen Posten vorgeschlagen?«
    Carol schüttelte ungläubig den Kopf. Brandon war tatsächlich ein ahnungsloser Engel. »Nun, die Klatschmäuler haben dafür bestimmt eine Erklärung parat.«
    Brandons Augen weiteten sich, als ihm klar wurde, worauf sie hinauswollte. »Sie glauben …? Das ist doch lächerlich. So etwas Absurdes habe ich noch nie gehört.«
    »Wenn Sie meinen, Sir.« Carol fuhr sich nervös durchs Haar. »Ich glaube nicht, daß ich mir das aus den Fingern sauge.«
    Brandon sah ehrlich erschüttert aus. »So etwas hätte ich nie für möglich gehalten. Es liegt doch für jeden auf der Hand, daß Sie die Beförderung ausschließlich Ihren Leistungen verdanken.« Er nagte wieder an der Unterlippe. »Dadurch wird alles noch ein bißchen schwieriger, als es vorher schon war.«
    Er starrte ein paar Sekunden ins Leere, dann gab er sich einen Ruck. »Also gut – in aller Offenheit, aber nur für Ihre Ohren bestimmt. Es gab ein paar Probleme zwischen Paul Bishop und politisch einflußreichen Leuten, die keinen Hehl daraus gemacht haben, daß man in East Yorkshire keinen Bedarf für neumodischen Schnickschnack wie seine Profilergruppe habe. Er hat also dringend einen spektakulären Fall gebraucht, bei dem sein Team sich in der Praxis bewähren kann. Aus naheliegenden Gründen wollte er am Anfang andererseits nichts allzu Spektakuläres haben, also keinen Serienkiller oder eine Serie von Vergewaltigungen. Er hat sich an mich gewandt, und ich habe ihm Ihren Serienbrandstifter angeboten. Und zwar schon bevor eine Brandstiftung mit Todesfolge daraus wurde.«
    Carol hoffte, daß sich ihr Ärger nicht allzudeutlich in ihrer Miene widerspiegelte. Immer dasselbe. Kaum gab’s eine Chance, ihre Leute zu einem Team zusammenzuschweißen, da wurde ihr der Fall weggenommen. »Jetzt ist es ein Mordfall. Etwas wesentlich Spektakuläreres werde ich kaum bekommen. Daher muß ich darauf bestehen, daß ich die Leitung bei dem Fall habe. Das bin ich meiner Selbstachtung schuldig, vom Respekt meiner Leute vor mir ganz zu schweigen. Ich möchte nicht wie ein Lakai der Profilergruppe dastehen.« Sie atmete tief durch, dann zuckte sie resignierend die Schultern. »Sie haben eine Anordnung getroffen, es ist selbstverständlich, daß ich mich korrekt daran halten

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