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Schlussblende

Schlussblende

Titel: Schlussblende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Dusche stünde oder sich das Haar fönte und darum nichts hörte. Also war er zur Hauptstraße zurückgegangen und hatte sie aus einer Telefonzelle angerufen. Dreimal, und jedesmal hatte er’s durchklingeln lassen, bis die Verbindung automatisch abbrach. Weil es ihr absolut nicht ähnlich sah, daß sie eine Verabredung einfach nicht einhielt, war er zu ihrem Apartment zurückgegangen und hatte, wieder ohne Erfolg, noch mal Sturm geläutet.
    Er wußte, welche der beiden Erdgeschoßwohnungen ihre war. Er hatte sie mal nach einem feuchtfröhlichen Abend nach Hause gebracht und sich – in der Hoffnung, sie irgendwann ausführen zu können – hinterher eine Zeitlang vor dem Haus herumgedrückt, um zu sehen, wo das Licht anging. Deshalb fiel ihm sofort auf, daß in ihrem nach vorn gelegenen Schlafzimmer die Vorhänge zugezogen waren, obwohl es noch nicht dunkel war. Na schön, das hatte er sich so erklärt, daß sie sich umzog und zurechtmachte, weil sie ausgehen wollte. Anscheinend allerdings nicht mit ihm. Er war schon so weit gewesen, daß er aufgeben und seinen Frust irgendwo einsam in ein paar Bieren ertränken wollte, als er den schmalen Kiesweg entdeckte, der neben der Gartenmauer nach hinten führte.
    Und so war er heimlich und verstohlen in Shaz’ Garten eingedrungen. O Gott, wenn ihn einer erwischt und gefragt hätte, was er denn hier zu suchen habe, hätte er nur noch rote Ohren kriegen und irgendwas zusammenstottern können. Übrigens wäre er um ein Haar tatsächlich auf der Nase gelandet, weil er im Dunkel auf dem Gartenpfad ein paar Stufen übersah. Er konnte sich gerade noch fangen, stand schließlich, nachdem er leise, aber inbrünstig in sich hineingeflucht hatte, vor dem hohen Sprossenfenster ihres Wohnzimmers und schaute, die Augen seitlich mit den Händen gegen den Lichtschein aus der Nachbarwohnung abgeschirmt, durch die Glasscheiben. Fehlanzeige, drin rührte sich nichts.
    Dafür ging plötzlich das Licht im oberen Stock an, und er stand mitten in einem hellgelben Viereck. Als ihm klar wurde, daß er für jemanden, der zufällig aus dem Fenster sah, eher wie ein Einbrecher als wie ein Cop aussah, trat er eilends den Rückzug an. Das hätte ihm noch gefehlt, bei der Polizei als Spanner angezeigt zu werden – o Gott, da hätten sich alle die Mäuler zerrissen!
Stellt euch mal vor, einer aus der Profilergruppe …
    Tief enttäuscht von Shaz’ Unzuverlässigkeit war er zu ihrem Stammlokal Shees Mahal getrottet, hatte Kays und Leons Bemerkungen, Shaz habe wohl eine bessere Offerte bekommen, mit säuerlichem Lächeln quittiert und sich mehr und mehr darauf konzentriert, seinen Ärger mit Lagerbier hinunterzuspülen.
    Aber heute, am Montag morgen, war aus seinem Ärger endgültig Besorgnis geworden. Shaz hätte jederzeit einen anderen finden können. Einen, der mehr hermachte. Aber daß sie Paul Bishops Seminar verpaßte, das sah ihr wirklich nicht ähnlich. Er war so in sein Grübeln vertieft, daß Bishops goldene Worte weitgehend ungehört an ihm vorbeirauschten. Als er am allgemeinen Stühlerücken merkte, daß das Seminar offenbar zu Ende war, drängte er sich an den anderen vorbei, um Tony Hill zu suchen.
    Er fand ihn in der Kantine, an dem Tisch, den die Gruppe gewöhnlich in der Pause mit Beschlag belegte. »Hätten Sie ’n Augenblick für mich Zeit, Tony?« Heute hätte er mit seiner bekümmerten Miene glatt mit Tony wetteifern können.
    »Na klar. Holen Sie sich einen Kaffee, und setzen Sie sich zu mir.«
    »Ähm …« Simon schielte über die Schulter zur Tür. »Die anderen werden gleich hiersein, und … na ja, es geht sozusagen um was Privates.«
    Tony nahm seinen Kaffeebecher und klemmte sich den Aktenordner, in dem er geblättert hatte, unter den Arm. »Dann gehen wir am besten in ein freies Vernehmungszimmer.«
    Simon folgte ihm den Flur hinunter, bis sie zu einem Zimmer kamen, über dessen Tür kein rotes Lämpchen brannte. Das Kabuff roch nach Schweiß, schalem Zigarettenrauch und rätselhafterweise nach gebranntem Zucker. Tony setzte sich in einen der Drehstühle und sah Simon, der unruhig auf und ab ging, erwartungsvoll an.
    »Es geht um Shaz«, sagte Simon. »Ich mach mir Sorgen um sie. Sie ist heute morgen nicht gekommen, und angerufen oder so was hat sie auch nicht.«
    Tony ahnte instinktiv, daß noch irgend etwas anderes dahintersteckte, aber das ging ihn nichts an. »Hm«, machte er, »das sieht ihr allerdings nicht ähnlich. Sie ist sehr gewissenhaft. Aber es kann ja

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