Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schmerz - Piccirilli, T: Schmerz - The Midnight Road

Schmerz - Piccirilli, T: Schmerz - The Midnight Road

Titel: Schmerz - Piccirilli, T: Schmerz - The Midnight Road Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Piccirilli
Vom Netzwerk:
beweisen.«
    Wenn das kein zweifelhaftes Kompliment war. »Das müssen wir auch.«
    »Da bin ich aber froh.«
    Anscheinend konnte sie nicht anders. Jedes Statement aus ihrem Mund ließ ihn irgendwie kalt. Wahrscheinlich waren ihre Bemerkungen immer nur sorgfältig geplant, um eine Reaktion herauszukitzeln. Auf sie warteten noch eine Menge Exmänner.
    Er war die ganze Geschichte mit Jessie Gray vollkommen falsch angegangen. Statt sie in seinem Leben herumschnüffeln zu lassen, hätte er sie dazu bringen müssen, ihm zu helfen. Seit ihrer ersten Begegnung hatte er das gesagt. Sie war eine gute Journalistin. Vielleicht konnte sie ihm etwas beibringen.
    Er fragte: »Was weißt du über Bragg?«
    »Er ist tot.«
    »Seine Leiche wurde nie gefunden.«
    »Das ist nicht unbedingt ungewöhnlich. Wenn sich jemand in den Fluss wirft, denken die Leute immer, er würde an die Oberfläche treiben und früher oder später rausgefischt werden. Aber der Chatalaha verläuft durch tiefen Sumpf und Morast. Viele fallen den Alligatoren und anderen Tieren zum Opfer.«
    »Christina Shepard sprach von ihm, als wäre er noch am Leben.«
    »Vielleicht hatte sie einen Vaterkomplex. So wie ich. Ich kenne viele Leute, die einen haben. Ist ziemlich verbreitet.«
    Er dachte lieber nicht darüber nach, worauf sie damit hinauswollte.
    Christina Shepard, das Mädchen, das irgendwann einmal Crissy Bragg gewesen war, lange bevor sie in einem Millionen-Dollar-Haus auf Long Island saß, hatte gesagt: »In unserer Familie nehmen wir diese Dinge ernst. Unser Name ist uns wichtig. Unsere Geschichte.« Ihr Mann hatte gesagt: »Dein Vater hatte in seinem Leben noch nie mit irgendetwas Recht, dieser verrückte Mistkerl.« Das klang, als würde der Mann leben. Als glaubten sie nicht an seinen Tod. War das nur die Unfähigkeit zweier Menschen, eine starke Persönlichkeit zu vergessen?
    Flynn malte sich aus, wie Christina in den Süden geflogen war, um sich um ihren Vater zu kümmern, der nach und nach den Verstand verlor. Hatte sie Nuddin eingesperrt, um ihn vor der Welt zu beschützen? Um den Namen der Familie zu schützen? Einen Namen, der längst mit einer bizarren Geschichte behaftet war und mit einem verrückten Oberst, der auf Spielplätzen herumballerte? Er dachte daran, was Sierra ihm über Autisten erzählt hatte. Dass es ihnen schwerfiel, ihre Körperkonturen wahrzunehmen. In der Therapie mussten sie Westen mit Gewichten und Spezialschuhe tragen, damit sie nicht zu sehr in ihre eigene Welt abdrifteten. War das der Grund für die Schläge? War es möglich, dass Nuddin sich das selbst angetan hatte, nur um etwas zu spüren? Mein Gott. Vielleicht hatten sie mit dem Käfig die Therapie fortsetzen wollen.
    Jessie redete immer noch. »Ich habe mal einen Artikel über eine Frau geschrieben, die mit ihrem Vater geschlafen
hat. Sie hatten sich zwanzig Jahre lang nicht gesehen, seit sie acht oder neun war, und sie spürte ihn auf und verführte ihn, ohne dass er wusste, dass sie seine Tochter war. Dann schrieb sie ein Buch darüber und zog von einer Talkshow zur anderen. Die Leute luden sie zu ihren Partys ein, Colleges zahlten viel Geld, damit sie Vorträge bei ihnen hielt.«
    Flynn fragte sich, was eine Frau, die mit ihrem Vater gevögelt hatte, in einem Vortrag erzählen wollte, außer dass sie mit ihrem Vater gevögelt hatte.
    »Sie benutzte ein Pseudonym, um ihn zu schützen, aber ich habe ihre Namen herausbekommen und ihn ausfindig gemacht. Er lebte in einem kleinen Ort in North Carolina, aber als ich dort ankam, waren schon ein paar andere Journalisten hinter die Story gekommen, und er hatte sich umgebracht. Er war betrunken auf ein Dach geklettert und hatte sich auf eine dieser gusseisernen Wetterfahnen geworfen.«
    Wieder dieser Drang zu schockieren. Flynn sah sie an. »Das ist das schlimmste postkoitale Gespräch, das ich je geführt habe.«
    »Na ja, wie auch immer, ich hoffe, du weißt, dass ich nicht hier bin, weil du älter bist als ich. Die Art von Komplex ist es nicht, für mich jedenfalls nicht. Mein Vater war immer weg, auf Reisen, auf der ganzen Welt hinter irgendwelchen Storys her. Christina Shepards Vater war jemand, der seine gesamte Zeit der Armee opferte, schnell aufstieg und sich schon früh einen Namen machte. Er nahm seine Familie überall mit hin, aber niemand wusste etwas von Nuddin. Der Junge kann jahrelang irgendwo da unten zur Schule gegangen
sein oder bei einem Verwandten untergebracht gewesen sein. Bei irgendeinem Großonkel in

Weitere Kostenlose Bücher