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Schmerz - Piccirilli, T: Schmerz - The Midnight Road

Schmerz - Piccirilli, T: Schmerz - The Midnight Road

Titel: Schmerz - Piccirilli, T: Schmerz - The Midnight Road Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Piccirilli
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beseitigt und die Kugeln entfernt.
    »Erinnerst du dich an mich?«, fragte er.
    »Ja«, antwortete sie. »Jetzt ja. Als du bei mir zu Hause aufgetaucht bist, nicht. Danach wurde mir klar, wie ähnlich du deinem Bruder siehst.«
    »Nur älter.«
    »Ja. Komisch. Dass du jetzt so viel älter bist als er.«
    »Ich habe gesehen, wie du weggefahren bist.«
    »Ich bin bis zum Ende des Parkplatzes gefahren und habe dort gewartet. Bei dem Sturm hatte ich es kaum hierher geschafft, deshalb wollte ich warten, bis das Wetter besser wird. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich bin keine besonders gute Fahrerin, und mein Wagen ist auch nicht der neueste. Irgendwann kam die Polizei. Ich blieb sitzen und habe sie beobachtet. Ich wusste nicht, ob ich mit ihnen reden sollte oder nicht. Als sie weg waren, bin ich wieder reingegangen. Sie haben die Tür aufgelassen.«
    »Warum hast du nicht mit ihnen gesprochen?«
    »Ich weiß nicht.«
    Sie war fast erschossen worden, aber statt mit der Polizei zu reden, drückte sie sich lieber allein in der Kälte herum.
    Er legte Kelly auf die Couch und deckte sie mit der einzigen Decke zu, die er noch hatte. Emma Waltz saß
am anderen Ende, Kellys Füße berührten sie. Sie sprachen leise, die Anwesenheit des Mädchens verband sie noch enger miteinander.
    »Du blutest ja. Mein Gott, was ist passiert?«, fragte Emma.
    Seine Wunden waren wieder aufgegangen. Stöhnend schälte er sich aus Jacke und Hemd, ging ins Bad und schluckte eine Handvoll Schmerzmittel. Er holte Gaze, ein Fläschchen Wasserstoffperoxid und eine Rolle Klebeband, schaffte es aber nicht mehr, sich zu verbinden. Mit nacktem Oberkörper, voll Blut und verschorften Schnittwunden ließ er sich auf einen Küchenstuhl fallen. Emma setzte sich neben ihn, nahm das Wasserstoffperoxid und tupfte seine Wunden ab. Der plötzliche brennende Schmerz brachte ihn wieder zu Bewusstsein.
    »Tut mir leid«, sagte sie.
    Er sog die Luft zwischen den Zähnen ein. »Schon gut. Danke für die Hilfe.«
    »Der Schnitt hier muss genäht werden.«
    »Morgen vielleicht.«
    »War das der Mann, der auf uns geschossen hat?«
    Er nickte.
    »Was ist passiert?«
    »Ich habe ihn getötet.«
    Statt nach Luft zu schnappen oder erschrocken zusammenzuzucken, kam sie noch näher. Ihr Blick war apathisch und leer. Sie war nicht einmal neugierig, und wenn doch, dann merkte man es ihr nicht an.
    Er hatte zugegeben, jemanden ermordet zu haben. Weiter gab es dazu nichts zu sagen, also folgte er einfach seinem Instinkt.

    »Du hast der Polizei erzählt, ich hätte dich geschlagen.«
    »Ja. Das war Chads Idee.«
    »Und du hast mitgespielt.«
    »Ja.«
    »Warum?«
    »Ehrlich gesagt, weil er da war, und du nicht.«
    Flynn nickte wieder. »Hast du ihn danach verlassen? Hast du ihn rausgeschmissen?«
    »Nein.«
    Das war die Art von Fragen, die man jemand anderem stellen, aber nie selbst beantworten konnte. Warum man bei jemandem blieb, warum man ihn verließ. Er kam sich mutig und kompetent vor, dabei war er nur noch ängstlicher als sie. Sie hatte nach Liebe gesucht und Männer gefunden, die eine Menge Wut im Bauch hatten und sehr viel schwächer waren als sie. Also versuchte sie es weiter. Sie hatte Leib und Leben riskiert. Flynn hatte nie irgendetwas riskiert. Er hatte sich immer nur damit abgelenkt, jeden grün und blau zu schlagen, der einem Kind etwas zuleide tat, während seine Frau sich mit Alvin tröstete.
    »Hast du mitbekommen, was hier los war?«, fragte er.
    »Ich hab es in der Zeitung gelesen und mir dann später zusammengereimt. Als mir dein Name einfiel.«
    »Richtig.«
    »Warum wolltest du mich sehen?«
    »Ich musste.«
    Sie kümmerte sich aufmerksam um ihn, aber ohne jede Wärme. Die Atmosphäre zwischen ihnen war fast kühl.

    »Aber warum jetzt?«, fragte sie. »Nach so langer Zeit?«
    »Einfach weil ich musste. Das erklärt nichts, aber es ist alles, was ich habe.«
    »Vielleicht ist es auch alles, was ich habe.«
    »Erzähl mir, was passiert ist.«
    »Womit soll ich anfangen?«
    Der Zettel steckte immer noch in seiner Tasche. Er holte ihn hervor. »Hiermit.«
    »Was ist das?«
    »Den hattest du in der Hand, als du vor meiner Tür standst.« Er merkte, dass er besser woanders ansetzen sollte, aber er konnte sich auch nicht vorstellen, dreißig Jahre zurückzugehen, an den Tag, an dem sie sich kennengelernt hatten. »Gut, erzähl mir, was passiert ist, nachdem ich bei euch war. Zwischen dir und Chad.«
    »Er hat mich geschlagen. Er dachte, ich hätte eine

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