Schmerzlos: Thriller (German Edition)
drehte er den Wasserhahn zu.
Ich trat näher. »Und wenn ich ein Motorrad fahren würde?«
»Bleib beim Thema. Dein Haar hast du hochgesteckt, aber ein paar Strähnen haben sich gelöst und fallen dir ins Gesicht. Du hast einen kleinen Fleck auf der Wange, ganz nah bei deinen Lippen …«
Sein Blick wanderte über meinen Körper. Warum mir plötzlich so warm war, konnte ich mir nicht erklären. Der Reißverschluss meiner Jeans ging von selbst auf. Ganz ehrlich. Auf einmal lag sie am Boden, und ich stieg aus den Hosenbeinen heraus und kickte sie mit dem Fuß weg.
»Einen Fleck?«
Jesse nickte. Er war braun gebrannt, und seine Haare waren vom täglichen Schwimmen ausgebleicht. In diesem Moment sah er so gut aus, dass ich fast in Ohnmacht fiel.
»Weil ich mich schmutzig gemacht habe«, flüsterte ich.
Seine Stimme wurde tiefer. »Weil du …«
»Weil ich dich bearbeitet habe.«
Er hielt immer noch das Wasserglas in der Hand. Plötzlich kippte er sich den Inhalt ins Gesicht.
Ich lachte. Jesse schüttelte den Kopf, Wassertropfen spritzten davon. Und wir wussten beide, dass wir die Realität verdrängten. Aber das war mir egal.
Ich legte ihm die Hände auf die Schultern, und er stellte das Glas ab, zog mich auf seinen Schoß und schlang seine Arme um mich. Meine Bluse hatte sich irgendwann selbständig aufgeknöpft. Seine Hände glitten über meine nackte Haut, sein Mund liebkoste mein Schlüsselbein. Ich zerrte an seinem Hemd und wollte es ihm über den Kopf ziehen, doch er murmelte: »Du zuerst«, und fuhr mit mir zusammen ins Wohnzimmer. Vor dem Sofa schob er mich von seinem Schoß.
»Auf den Rücken«, befahl er.
Ich legte mich auf das Sofa und zog ein Bein an. Zwischen meinen Knien sitzend, ließ er seine Hände an der Innenseite meiner Beine entlanggleiten. Als er bei den Oberschenkeln angelangt war, hielt ich den Atem an und versuchte meinen Fuß daran zu hindern, unkontrolliert zu zittern.
Er zeichnete mit dem Finger den Rand meines Höschens nach. »Das ist doch nicht zum Fürchten. Warum klappern dir dann die Zähne?«
»Von wegen. Ich gehe gleich in Flammen auf.«
Seine Finger schoben sich unter den Spitzenbesatz und tasteten sich weiter. Ich legte den Kopf in den Nacken. Er beugte sich vor, und ich spürte seine Lippen auf meinem Knie und dann auf meinem Oberschenkel.
»Heiliger Himmel!«, stammelte ich.
» En français, du schmutziges Dienstmädchen .«
Ich spürte seinen Atem und seinen warmen Mund auf meiner Hüfte und auf …
»Oh Mann. Wow. Nicht zu fassen.«
Das ist eine Umschreibung. Eigentlich sagte ich etwas ganz anderes, etwas, das mit Gotteslästerungen und Tierlauten zu tun hatte.
Und deshalb war ich um zwei Uhr morgens immer noch hellwach.
Durch die Jalousie hindurch beobachtete ich die Wolkenfetzen, die vor der Milchstraße hingen. Jesse neben mir schlief tief und fest, einen Arm über die Augen gelegt. Er würde sich erst wieder rühren, wenn ich ihn mit einem Eispickel bearbeitete.
Ich stand auf. Im Wohnzimmer fuhr ich den Laptop hoch. Dann nahm ich ihn auf den Schoß, ging online und suchte nach South Star.
Ich fand alles Mögliche, nur nicht das, was ich suchte. Eine Sanitär- und Heizungsfirma namens South Star. Ein Reisebüro gleichen Namens. Indianische Folklore: »In der Mythologie der Pawnee war South Star der Gott der Unterwelt, der über Zauberkräfte verfügte und allseits gefürchtet war.«
Interessant, aber das brachte mich auch nicht weiter. Dann knöpfte ich mir die Websites der Verschwörungstheoretiker vor. Das Projekt in China Lake wurde nicht mal in einem Nebensatz erwähnt. Ich würde mich anderswo informieren müssen. Ich lehnte mich auf dem Sofa zurück und rieb mir die Augen. Der Nachthimmel draußen verdunkelte sich zu einem tieferen Schwarz.
Als ich Vögel kreischen hörte, machte ich die Augen auf. Draußen schimpften die Möwen im Sonnenaufgang, während sie dicht über dem Wasser ihre weiten Kreise zogen. Ich erhob mich, tapste in die Küche und machte Kaffee. Dann griff ich mir das Telefon. Ich benutzte das Festnetz.
Als ich Hallo sagte, rief meine Mutter begeistert: »Evan!«
Ihre Stimme ließ auf eine große, kräftige Frau schließen, doch in Wirklichkeit war sie ein kleines, zierliches Persönchen, das keine fünfzig Kilo wog und mit einem zauberhaften Lächeln und dem Mundwerk eines Drill-Sergeants gesegnet war. Der Befehlston in ihrer Stimme eignete sich ganz hervorragend dazu, im Ernstfall die Passagiere einer 747 aus dem Flugzeug
Weitere Kostenlose Bücher