Schmerzlos: Thriller (German Edition)
Vater wissen.
»Nein. Aber es lockt ihn vielleicht aus der Reserve. Vielleicht besucht er die Gräber in China Lake. Oder …«
Sein Handy klingelte. Er entschuldigte sich, trat einen Schritt beiseite und nahm das Gespräch an.
Jesse kratzte immer noch an der Farbe auf seiner Hose herum. »Ev, es gefällt mir nicht, dass Heaney dich da mit reinziehen will.«
Mein Vater verschränkte die Arme. »Wenn Sie der Polizei eine Beschreibung des Killers geben könnten, wären wir jetzt schon erheblicher weiter.«
Jesse blickte zu Boden.
Heaney, der noch telefonierte, klang jetzt angespannt. Er ließ die Schultern hängen, und sein Anzug warf noch mehr Falten. Sein Gesicht sprach Bände.
»Schlechte Nachrichten«, sagte ich.
Tommy stand im Pausenraum des Polizeireviers von China Lake und rührte den dritten Zuckerwürfel in seinen Kaffee. Im Fernseher lief ein Nachrichtensender. Hinter den Haaren der Sprecherin wanderte eine rote Laufzeile über den Bildschirm: Eilmeldung. Dann wurde ein Hubschrauber gezeigt, der über einem Highway schwebte.
Er stellte seinen Kaffee ab und steckte den Kopf in den Flur. »Captain? Das hier sollten Sie sich besser anschauen.«
Am anderen Ende der Stadt saß Abbie Hankins auf ihrem Bett und band sich die Tennisschuhe zu. Ihre Haare waren noch nass, sie hatte keine Zeit gehabt, sie zu föhnen. In fünfzehn Minuten musste sie an ihrem Arbeitsplatz im Museum sein. Hayley hüpfte auf dem Bett herum und schwenkte zwei kleine Ponys über dem Kopf hin und her.
»Fliegt, Ponys, fliegt«, trällerte sie.
Im Fernseher erschien hinter der Nachrichtensprecherin eine rote Laufzeile. Abbie erstarrte.
»Hayley, sei mal still.«
Die Übertragung aus dem Hubschrauber des Nachrichtensenders war kaum zu verstehen. Sie schnappte sich die Fernbedienung und stellte den Ton lauter.
»… ein Durchbruch bei der Suche nach Ryan O’Keefe. Der Highway unter uns wurde gesperrt, die Polizei regelt den Verkehr.«
Hayley hüpfte auf und ab. »Fliegt in den Himmel, Ponys, fliiiegt.«
»Hayley, sei still.«
Hayley ließ sich auf das Bett plumpsen. Sie blinzelte, dann begann ihre Unterlippe zu zittern.
Abbie nahm sie in den Arm. »Tut mir leid, Kleines.«
Hayley schniefte und begann zu weinen. Abbie hielt sie fest.
Der Reporter versuchte, den Lärm der Rotoren zu übertönen. »Etwa hundert Meter vom Highway entfernt liegt ein kleines Wäldchen, und dort sind jetzt eine Menge Polizisten versammelt.«
Abbie starrte auf den Fernseher, während sie Hayley an sich drückte. In der Nähe der Bäume stand ein ganzer Pulk uniformierter Beamter herum. Abbie erhaschte einen Blick auf einen grünen Volvo Kombi mit geöffneten Türen. Spurentechniker machten Aufnahmen und gingen in die Hocke, um einen neuen Winkel zu finden. Ein Rettungswagen rumpelte langsam über das Feld auf das Wäldchen zu.
Hayley begann zu zappeln. »Mom, du tust mir weh.«
Der Rettungswagen bremste hinter den Polizisten. Zwei Sanitäter zogen eine Trage aus dem Heck des Wagens und schritten damit auf den Volvo zu. Sie gingen langsam und hatten keinen Notfallkoffer dabei. Auf der Trage lag ein zusammengerollter Gegenstand, etwas Schwarzes, Glänzendes. Als die Sanitäter stehen blieben, das Ding von der Trage nahmen, es aufrollten und den Reißverschluss öffneten, erkannte Abbie, was es war – und was die beiden Männer gleich aus dem Wagen holen und darin einpacken würden. Sie sprang auf, klammerte sich an Hayley und schrie.
Als ich Heaneys Gesicht sah, wusste ich Bescheid. »Nein.«
»Man hat Mrs. O’Keefes Volvo gefunden.«
Ich wich einen Schritt zurück und legte eine Hand auf meinen Bauch. »Nein. Bitte nicht.«
»Der kleine Junge …« Er räusperte sich. »Er war in seinem Kindersitz. Er ist schon seit einiger Zeit tot.«
Die Stimme meines Vaters war fast nicht zu verstehen. »War er sofort tot?«
Heaney starrte ihn an und wandte gleich darauf den Blick ab. Ich brach in Tränen aus.
»Kit.«
Ich hob die Hand, um ihn zurückzuhalten, und stolperte am Brunnen und den blühenden Blumenbeeten vorbei bis zur Straße. Ich drückte die Handballen auf meine Augen.
Jesse kam zu mir gerollt und legte mir eine Hand auf den Rücken. Er sagte kein Wort.
Nachdem ich mir mit dem Handrücken die Tränen aus den Augen gewischt hatte, drehte ich mich zu Heaney um.
»Wir müssen diesen Scheißkerl kriegen. Ich tu alles, was Sie wollen.«
15. Kapitel
Coyote warf den Koffer auf das Bett in seinem Hotelzimmer und verstaute
Weitere Kostenlose Bücher