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Schmerzverliebt

Schmerzverliebt

Titel: Schmerzverliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Dunker
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das denn damit zu tun? Mama hat es mir versprochen!«
    »Und ich hab dir gesagt, dass es mir Leid tut und dass es mir nicht gut geht! Musst du da so einen Aufstand machen?«
    Meine Mutter ist mit rotem Kopf in die Küche gestürmt. Zuerst wollte ich noch sagen, dass sie sich überhaupt nicht entschuldigt hatte, dann aber war ich mir nicht mehr so sicher, auch hörte ich sie weinen und nach den Kopfschmerztabletten kramen. Da bekam ich Angst, ich dachte, ich mache Mama fertig, so eine bin ich, sie hat es vergessen, na und, muss ich deshalb so einen Aufstand machen, und dann bin ich in die Küche und habe mich entschuldigt.
    Ich wollte sie in den Arm nehmen, aber sie drehte sich weg. Und ich hab mich noch mal entschuldigt und noch mal. Und als sie dann immer noch nichts gesagt hat, bin ich eben rauf in mein Zimmer und hab mich in den Unterarm geschnitten.
    In diesem Moment reißt mich eine Autohupe aus meinen Erinnerungen. Die Beifahrertür eines Golfs wird aufgestoßen und unsere Nachbarin lehnt sich heraus.
    »Püppi! Soll ich dich mitnehmen?«
    Hab ich ein Glück!
    »Das ist für dich«, sagt Sebastian und hält mir ein kleines, kunstvoll verpacktes Päckchen hin. »Damit du bei der Klassenarbeit auch das nötige Glück hast.«
    »Danke.« Wie schön, dass er extra vor dem Unterricht zu meinem Klassenraum gekommen ist!
    »Ist nur ’ne Kleinigkeit …«
    »Auf die Größe kommt’s nicht an.«
    Ich öffne vorsichtig das kleine Päckchen. Ein rosafarbenes Marzipanschwein ist darin.
    Sebastian lächelt. »Ich dachte mir, vielleicht tröstet dich das, weil du ja gestern so traurig warst. Warum eigentlich?«
    »Ich hatte Ärger mit meinen Eltern, nichts Besonderes«, wiegele ich ab. »Und danke für das Geschenk. Du bist süß.«
    »So süß wie das Schwein da?«
    Wir lachen. Die Mitschüler, die mit uns auf dem Flur warten, drehen sich zu uns um.
    Sebastian flüstert mir zu: »Ich hätte Lust, dich zu küssen.«
    »Du wolltest doch etwas Wichtiges mit mir besprechen …«
    »Dafür haben wir heute Nachmittag mehr Ruhe. Es hat mit meinem Vater und seinem Job zu tun und … na ja … Konzentrier du dich jetzt erst mal auf deine Französischarbeit.«
    »Ohne Kuss wird mir das schwer fallen.«
    »Ich würde dich ja wirklich gern küssen, aber sie gucken alle.«
    »Na und?«
    »Stört dich das nicht? Ein Kuss von der Fleischwurst?«
    »Nö. Für mich bist du Sebastian. Es wissen doch sowieso bald alle, dass wir zusammen sind.«
    »Wirklich?« Er zögert.
    Unsere Französischlehrerin kommt um die Ecke, die Arbeitshefte unter dem Arm.
    »Ja, wirklich. Also, was ist, Sebastian? Du musst dich beeilen!«
    Da umarmen und küssen wir uns, und während ich alle Blicke auf uns spüre, fühle ich mich stark wie noch nie.
    Das Mittagessen steht auf dem Tisch. Meine Eltern und Benne sitzen vor ihren gefüllten Tellern und sehen mich an.
    »Hallo!«, sage ich.
    Es gibt Pellkartoffeln mit Quark. Aber keiner isst. Keiner antwortet. Irgendetwas stimmt nicht. Ich halte den Atem an, warte.
    Nun schnieft meine Mutter und wischt sich mit der Hand über die Augen. Mein Vater betrachtet mich vorwurfsvoll-resigniert. Benne stochert mit seiner Gabel im Essen herum. Täusche ich mich oder grinst er ein bisschen? Nein, er grinst nicht, er hebt den Kopf und sein Gesichtsausdruck gleicht haargenau dem meines Vaters, als er sagt: »Tja, nach all dem, was passiert ist, ist das wie ein Schlag ins Gesicht.«
    »Ist jemand gestorben?«
    Die Frage ist dumm, das merke ich sofort. Meine Familie wirft sich Blicke zu, an denen ich ablese, dass etwas vorgefallen ist und dass der Grund des Ärgernisses mal wieder meine Person ist. Ich bin die, über die man die ganze Zeit geredet hat und über deren Verhalten man sich einig ist und das Urteil gesprochen hat. Noch herrscht die Ruhe vor dem Sturm, doch gleich wird das Donnerwetter losbrechen, es wird mich wie einen kranken Baum schütteln, peitschen, entwurzeln und fällen; und ich kann ihm nicht ausweichen, ich stehe allein auf weiter Flur und weiß nicht einmal, aus welcher Richtung es kommt.
    Was habe ich bloß Schlimmes getan? Mir ist schlecht vor Angst, ein Schweißfilm bildet sich auf meiner Haut, ich zittere, was habe ich nun schon wieder falsch gemacht?

12 Sebastian
    Es ist Viertel nach drei, und er hat extra die Musik ausgestellt, damit er auf keinen Fall ihr Klingeln überhört. Unruhig pendelt er zwischen Fenster, Schreibtisch und Bett hin und her, versucht gelassen zu bleiben, schafft es nicht. Pia war

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