Schmetterlinge im Gepaeck
zweifellos, überall nur nicht hier zu sein. Ich schiebe die Spinatlasagne über meinen Teller, ohne sie auf die Gabel zu tun.
»Ich hab das Konzert nur erwähnt«, fährt Nathan eine Weile später fort, »weil es leider bedeutet hat, dass du unseren Ausflug verpasst hast. Wir waren in Muir Woods mit â¦Â«
»Einem Picknickkorb!«, rufe ich dazwischen.
Nathan schenkt mir einen selbstgefälligen Blick. Das war ein Test. Er wollte herausfinden, ob Max von dem Ausflug mit Cricket weiÃ.
»Du hast gar nichts verpasst«, sage ich zu ihm. »AuÃer dem Essen natürlich.«
Max wittert die Lüge, wagt aber nicht, sie in Gegenwart meiner Eltern anzusprechen. Dennoch spüre ich, wie sich eine Mauer zwischen uns auftürmt.
»Hey, ich hab eine Idee«, sage ich. »Lasst uns doch über Norah sprechen.«
»Lola«, warnt mich Andy.
Sie dreht ruckartig den Kopf in meine Richtung, als erwachte sie aus einer Trance. »Was?« Dann stutzt sie. »Was hast du denn da an?«
»Wie bitte?«
»Was ist das? Was soll das darstellen?«
Ich trage ein Kleid, unter dem regenbogenfarbener Tüll herausschaut, und mein Haar ist zu zwei langen Zöpfen geflochten, die ich mit Glitter gegelt habe. Ich funkle Norah an. »Mich. Es stellt mich dar.«
Norah runzelt missbilligend die Stirn und Nathan weist sie zurecht. »Es reicht. Lass sie in Ruhe.«
»Natürlich hat sie das Recht, sich über meine Garderobe zu beschweren.« Ich deute auf ihren Schlabberpulli, den sie schon ewig hat und dessen Farbe in der Spüle zurückgelassenem Haferbrei ähnelt. »Sie ist ja nach dem letzten Schrei gekleidet.«
Max grinst spöttisch.
»O-kaaaay!« Andy springt auf. »Wer möchte Kuchen?«
»Warte erst, bis du mein Kleid für den Winterball siehst«, sage ich zu Norah. »Es ist riesig und überladen, einfach himmlisch und du wirst es lieben.«
Norah dreht den Kopf abrupt in Richtung Fenster zurück. Als dürfte sie sich gekränkt fühlen, nachdem sie mich angemacht hat. Max versteift sich wieder, und Nathan kann nicht anders, als sich darauf zu stürzen. »Was ziehst du denn auf dem Ball an, Max?«
»Einen Smoking«, antworte ich barsch. »Ich zwinge ihn nicht dazu, ein passendes Kostüm anzuziehen.«
Max steht auf. »Ich muss jetzt gehen.«
Ich breche in Tränen aus. Nathan macht einen beschämten Eindruck. Max nimmt mich an die Hand und geht mit mir zur Haustür. Wir gehen nach drauÃen. Es ist mir egal, ob ich Hausarrest habe. »Es ⦠Es tut mir leid.«
Diesmal sagt er nicht, dass ich mich nicht zu entschuldigen brauche. »Das war echt verkorkst, Lola.«
»Ich weiÃ.«
»Erzähl mal, wie war das: War Nathan mit Norahs âºBerufswahlâ¹ als Wahrsagerin einverstanden?«
Ich fühle mich elend. »Es wird am Sonntag nicht so schlimm werden.«
»Sonntag.« Max zieht eine seiner dunklen Augenbrauen hoch. »Ach ja. Der Brunch.« Er lässt meine Hand los und steckt seine in die Tasche. »Ist es dir ernst mit diesem Ball?«
Ich bin geschockt. Ich habe doch schon hundertmal von meinem Kleid gesprochen. Ich wische mir die Tränen von den Wangen und wünschte, ich könnte etwas anderes dazu benutzen als meine Finger. »Was?«
»Lola. Ich bin zweiundzwanzig.« Max geht schnell auf mei nen niedergeschlagenen Gesichtsausdruck ein. Diesmal nimm t er meine beiden Hände zugleich und zieht mich an sich. »Aber wenn es dich glücklich macht, tu ich es. Wenn ich die blödsinnigen Essen überlebe, überlebe ich auch diesen einen blödsinnigen Ball.«
Es klingt wie eine Strafe und das passt mir überhaupt nicht.
Kapitel siebzehn
T a -da!« St. Clair platzt mit der schwungvollen Geste eines Zauberers in die Eingangshalle. Wie immer macht er dieses Theater für Anna. Es ist Donnerstag, und er muss nicht arbeiten, aber natürlich ist er trotzdem da. Nur ist heute Abend etwas anders.
Er hat jemanden mitgebracht.
Das ist das Besondere an Cricket Bell. Man MUSS ihn einfach bemerken, wenn er einen Raum betritt. Als Erstes fällt einem seine KörpergröÃe auf, aber kurz darauf schon seine Energie. Er bewegt sich anmutig wie seine Schwester, aber mit einem Enthusiasmus, den er anscheinend nicht kontrollieren kann â Körper, Hände, FüÃe sind unablässig in Bewegung. Die letzten paar Male, als ich
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