Schmetterlingsgeschichten - Chronik I - Genug geschlafen (German Edition)
letzte Mal vor 250 Jahren angefahren
worden… aber das ist eine andere Geschichte, allerdings war es damals auch eine
Schmetterlingsfrau.
Die
beiden wurden jäh in ihrem Wortgefecht unterbrochen, als eine weibliche
Schmetterlingsstimme sagte: »Meint ihr beiden nicht, dass das hier ein bisschen
auffällig ist und garantiert nicht der richtige Ort dafür, um den Menschen zu
zeigen, dass es Schmetterlinge gibt, die sprechen können?«
Wansul
und Sonja drehten sich erschrocken um. Jetzt erst wurde ihnen bewusst, wie laut
sie waren, und dass sie beide mächtig Mist gebaut hatten. Sie schauten das
Schmetterlingsmädchen an. Neben ihr flogen zwei Schmetterlingsjungs, die beide
nur grinsten. Und nicht nur das. Hinter den beiden konnten sie den Mann und die
beiden Jungen erkennen, die sie erst anschauten und dann in ihre Richtung kamen.
Und noch etwas konnten sie sehen: Der Rezeptionist schaute ebenfalls mit weit aufgerissenem
Mund in ihre Richtung und griff dabei geistesabwesend nach dem Telefonhörer.
Und
auch dem Kunstliebhaber war der Krach nicht entgangen.
S arah
hatte das Hotel recht eilig verlassen und wusste jetzt eigentlich gar nicht, wo
sie genau hingehen sollte.
»Am
besten irgendwo hin, wo sich viele Menschen aufhalten«, dachte sie laut vor
sich hin. »Mumpitz, das ist Köln. Hier sind überall viele Menschen«, sagte sie
sich weiter. Also bog sie in die nächstbeste Straße ab. Es war eine
Fußgängerzone und die Geschäfte waren alle noch geöffnet. Sie schlenderte an
einer kleinen Boutique vorbei, in der gerade eine Verkäuferin das Schaufenster
neu einrichtete. Sarah blieb vor der großen Scheibe stehen und schaute der Frau
gelassen zu. Die Frau setzte einer Puppe eine Sport-Mütze auf und legte ihr
einen roten Schal um den Hals. Sie hatte anscheinend gerade erst angefangen.
Dabei
drehte sich die junge Verkäuferin um und schaute Sarah an. Die Verkäuferin hob
und senkte ihre Schultern und wendete sich jetzt wieder der Puppe zu. Sie
drehte den Sonnenschutz der Mütze leicht nach rechts und guckte zu Sarah. Dann
drehte sie die Mütze leicht nach links. Sie hob und senkte wieder ihre
Schultern und schaute dabei fragend zu Sarah.
»Ah
so, du willst wissen, was mir besser gefällt«, dachte Sarah. In dem Moment
schaute sie die Verkäuferin verdutzt an. Sie nickte mit dem Kopf. »Noch mal
nach links, bitte«, dachte Sarah und die Verkäuferin folgte ihren Anweisungen
mit einem unheimlichen Blick.
»Jetzt
noch mal nach rechts, bitte«, dachte Sarah erneut, doch die Verkäuferin ging auf
der Schaufensterbühne nach hinten und wollte zum Ladeneingang rennen. Das
erkannte die Kriegerin. Schnell sah sie zu, dass sie das Weite suchte. Sarah ging
die Straße weiter… und schon nach ein paar Metern war sie in der Fußgängermenge
untergetaucht.
»Na
ja, auch wenns eigentlich Urlaub ist, deine Berufsinstinkte hast du nicht
verlernt. Einfach mit deiner Umgebung verschwimmen – eins sein«, sagte sie
sich stolz und schlenderte weiter.
Vor
ihr war ein kleiner Softeis-Wagen. Sofort meldete sich ihr Magen. Sie hatte
schon lange kein ordentliches Softeis mehr gegessen.
Sie
kramte in ihrer Tasche und fand ein bisschen Kleingeld.
»Hmm,
mit Schoko- oder Erdbeerüberzug?«, fragte sie sich selber.
»Am
besten beide…«, sagte der Verkäufer, der gerade noch einen anderen Kunden
bediente und ihr den Rücken zugedreht hatte.
Er
dachte, sie hätte ihn angesprochen. Sarah grinste ihn an und nahm heute mal
Schoko.
Gerade,
als der Verkäufer ihr das Eis in die Hand geben wollte, wurde sie von einem
Mann in schwarzem Anzug angerempelt, der es ziemlich eilig hatte, und sie hörte
seine Entschuldigung nur vage. Das Eis streifte seinen Ärmel, doch es schien
ihm nicht sonderlich viel auszumachen, obwohl der Anzug doch recht teuer
aussah. Er verschwand ziemlich zügig in der Menge.
»Na
herrlich!«, schimpfte der Verkäufer dem Mann hinterher.
»Sie
bekommen natürlich ein neues Eis«, sagte der Verkäufer und zapfte ihr einen
neuen Softeiskringel in ein anderes Hörnchen.
»Ich
wäre jetzt sauer, dass mein guter Anzug verschmutzt wäre«, dachte sie so. Der
Verkäufer, der sich auf das Eis konzentriert hatte, sagte: »Ich auch! Aber wäre
ja auch mein Fehler gewesen. So, jetzt aber. Hier auf ein Neues! Guten
Appetit«, freute sich der Kölner. In dem Moment hörte sie drei kurz
hintereinander surrende Geräusche über ihrem Kopf und schaute nach
Weitere Kostenlose Bücher