Schmetterlingsgeschichten - Chronik II - Rock 'n' Roll (German Edition)
Barskiemann mittleren Alters. Er hatte überall am Körper
starke Brand- und Schnittwunden.
»Wow«,
dachte Wansul mit überraschtem Gesicht. »DER hätte wirklich schon tot sein
müssen!«
Der
Barskiemann war mindestens doppelt so groß und schwer, wie Cassandra. Kein
Wunder, dass er so einen Krach gemacht hatte. Da mussten sich ja Zentner bewegen,
wenn er sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen verlagerte.
Und
erst seine Arme! Baumstammdick.
Also
Wansul hatte ja schon wirklich viele Barskiemänner gesehen, aber so ein
Riesenexemplar war ihm noch nicht unter die Augen gekommen.
»Meine
Herren, deine Mutter muss ja eine Heldin gewesen sein, als sie dich aus dem Leib
presste. Sie ist doch sicherlich bei der Geburt verstorben, oder?«, fragte
Wansul von der Konsole aus sitzend den verdutzten Barskiemann.
»Nein,
ist sie nicht«, sagte der extrem junge Schmetterling mit fiepsender Stimme
neben ihm.
»Und
du bist?«, fragte Wansul den kleinen Schmetterling.
»Ich
bin Darfo, der Schmetterling von Chester. Ihm hier«, sagte Darfo und zeigte auf
den Riesen. Der junge Schmetterling konnte zwar erkennen, dass Wansul
wesentlich älter war als er, sein Gesicht kam ihm auch irgendwie bekannt vor,
doch fiel ihm nicht sofort der passende Name ein.
Chester
blickte in dem Augenblick von Wansul weg und sah Cassandra immer noch
ohnmächtig auf dem Boden liegen. Hatte er vorher noch einen erschöpften
Eindruck gemacht, war in dem Moment, als er Cassandra dort liegen sah, jedes
Zeichen von Erschöpfung aus seinem Gesicht völligem Ernst und Energie gewichen.
Schnell richtete er sich auf, ging ungestümen Schrittes zu Cassandra und
beugte sich zu ihr runter. Ungewöhnlich sanft, für seine riesen Pranken,
berührte er ihren Hals und fühlte den Puls.
»Sie
lebt. Ein Glück. Ich bin nicht zu spät«, dachte Chester. Vor-sichtig griff er
mit beiden Armen ihren leblosen Körper und trug sie schon fast schwebend zu
einem Tisch in dem Raum.
»Was
hast du mit ihr gemacht?!«, wollte Chester von ihm wissen. Dabei entrutschte
ihm ein leichtes Stöhnen. Bei seinen schnellen Griffen waren seine Wunden
wieder aufgerissen und er fing wieder recht stark an, zu bluten.
»Ich
habe gar nichts gemacht. Sie hat auf die Knöpfe da gedrückt und dann ist sie
ohnmächtig geworden. Kann ich doch nichts dafür, dass Frauen auf mich immer so
reagieren«, sagte Wansul schnippisch und hob unschuldig die Ärmchen. Ein
bisschen mehr Respekt!
Bitteschön!
Die Frage hätte er auch ruhig in einem anderen Ton stellen können. Er kannte
nur eine Person, die es wagte, so mit ihm zu reden. Und diese
Schmetterlingsfrau war zum Glück gerade ganz, ganz weit von ihm weg.
»Vielleicht
hat sie auch ein bisschen zu wenig getrunken. Und gegessen vielleicht auch«,
sagte Wansul.
»Du
hast deine Ritterin beinahe verdursten lassen? Mein Güte, was bist du denn für
ein Schmetterling? Das werde ich Garth erzählen MÜSSEN«, fiepste der kleine
Schmetterling.
»Papperlapp«,
schnaufte Wansul. Chester nahm nur die Information über das Trinken und das Essen
wahr. Er hatte an seiner Seite eine Feldflasche und drehte sie schnell auf.
Viel war nicht mehr drin. »Such mir schnell Wasser Darfo! Ja?«, sagte er in
einem sehr vertraten Ton zum kleinen Schmetterling. Der brauste voller
Tatendrang los und würdigte Wansul nur einen verächtlichen Blick. Chester
strich Cassandra die Haare aus dem Gesicht, zog sein zerfetztes, kurzärmeliges
Hemd aus, oder was davon noch übrig war, knuddelte es zusammen und legte es
vorsichtig unter Cassandras Kopf.
»Du
blutest wieder ziemlich stark!«, sagte Darfo, als er an Chester suchend
vorbeiflog.
Das
hatte Chester auch schon gemerkt. Ihm wurde nämlich ziemlich kalt. Und das war
kein gutes Zeichen - das wusste er.
Chester
hob die Flasche mit der rechten Hand und öffnete Cassandras Mund vorsichtig mit
der linken. Dann tröpfelte er langsam das restliche Wasser in ihren Mund.
Während er die Flasche hob, spürte Chester, dass die Flasche wirklich leichter
war als sonst…viel leichter.
Er
schaute an sich runter.
Die
Schussverletzungen, die ihm die Union-Troopers zugefügt hatten, waren bei
seinem kurzen Sprint vorhin alle wieder aufgerissen.
Chester
stand in einer Lache voller Blut. Seinem eigenen Blut. Jetzt wurde die Welt auf
einmal so leicht für ihn, dass Chester in dem Augenblick erkannte, was gerade
mit ihm passierte: Die Kälte hatte ihn fast erstarren
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