Schmetterlingsgeschichten - Chronik III - One (German Edition)
tauchten bereits die Ersten mit ihren Tellern auf.
Schnell
stellten sie sie ab und rannten zu den Pfromm-Fässern.
Der
Vater und Sebastian setzten sich, und er hatte schon Angst, dass sie ihn jetzt auffordern
würden, sich in den Alptraum der Essensausgabe zu stürzen. Aber ehe er noch den
Gedanken ausformulieren konnte, waren die letzten Kinder da, worunter auch die
Kleine war. Mit einem Lächeln stellte sie Sebastian einen übervollen Teller vor
die Nase und eilte zurück, um sich selbst eine Portion zu holen. Der Bruder,
der bei ihr war, stellte seinen Teller vor dem Vater ab und rannte seiner
Schwester hinterher.
Dann kamen bereits die Ersten wieder von der Getränkeausgabe zurück.
Die vier hatten jeweils zwei der großen überschäumenden Humpen dabei und
stellten sie ab.
Nach
nur wenigen Minuten saß die ganze Familie eng gequetscht an dem großen Tisch
mitten in der »Cafeteria« und freute sich über das Festmahl.
»Staunen ist hier echt nicht mehr angebracht«, dachte sich Sebastian, und
machte es wie ein hungriger Wolf der Familie nach. Denn hier wurde ohne Besteck
gegessen. Jeder stopfte sich mit den Händen den Mund voll. Dabei rissen und
zerrten die Kinder wie ein Löwenrudel, so dass sich Sebastian schon fast
ekelte. Er mochte es ja auch nicht so sauber mit Serviette und ruhig sitzenbleiben
am Tisch, wie es seine Mutter immer forderte, aber das hier war dann doch nicht
unbedingt ganz so sein Ding.
Mit
einem kräftigen »Rülpskonzert« endete die Nahrungsaufnahme - das war wohl hier
eher der richtige Begriff, um zum Ausdruck zu bringen, dass auch der letzte
Rest vom Teller abgeleckt worden war.
Mit
einem strahlenden, von Soßenresten umgebenen Mund, sagte der Vater, nachdem die
Kleine einen Mini-Mädchen-Rülpser abgelassen hatte: »Es gibt doch kein
schöneres Kompliment an den Koch, als wenn wirklich alles aufgegessen wurde, in
solch einer Geschwindigkeit, oder?«
Nur
Sebastian hatte noch über die Hälfte auf seinem Teller und aß eigentlich noch.
»Schmeckt es dir nicht? Der Koch wird bei dem Tempo denken, es schmeckt dir
nicht.«
»Ich bin eigentlich schon satt«, log Sebastian und hatte prompt ein schlechtes
Gewissen - auch kleine Lügen waren Lügen. So einfach war das. Und das galt eben
auch für eine Höflichkeitslüge. Er wusste nicht, ob Samis jetzt dieses
Wahrheitsgefühl in ihm hervorrief, oder ob er da gar selber dran schuld war.
Zumindest
überkam es ihn innerhalb einer Millisekunde so, dass er sich selber noch
korrigierte.
»Eigentlich esse ich immer in Ruhe und mit Messer und Gabel. Und generell mag
ich es gemütlicher. Aber schmecken tut es schon. Nur will ich einfach nicht
mehr.«
So,
jetzt war sein Gewissen beruhigt, und warum zum Geier auch immer, er fühlte
sich erleichtert. Wahrscheinlich, weil vor ihm die ehrlichsten Lebewesen saßen,
die er jemals kennengelernt hatte.
Irgendwie
fand er sich in ihrer Gegenwart schon ein wenig minderwertig.
»Na, wenn es dir schmeckt, dann kannst du es auch stehen lassen, weil wir ja
weiter wollen. Jeder Koch hat dafür Verständnis.«
Kaum hatte der Vater das gesagt, sprangen alle auf und begaben sich in eine
Richtung, in der Sebastian nur vermuten konnte, dass dort der Ausgang war.
Schnell hatte die Kleine wieder Sebastians Hand genommen, doch dieses Mal fiel
es ihm direkt auf.
Warme
geschmeidige Haut umschloss seine Hand.
Sebastian
unterdrückte einen leichten Ekel, da er wusste, dass sich vorhin niemand die
Hände gewaschen hatte.
Leicht
angeekelt lächelte er zu dem kleinen Gesicht herunter, das ihm ein Strahlen
dafür schenkte. Dabei nahm die Kleine ihre andere Hand in die Höhe und steckte
sich ihren Daumen in den Mund.
Eigentlich
jetzt eine perfekte Zeit, um ein kleines Nickerchen zu machen.
Der
Ausgang, zu dem sie sich jetzt begaben, sorgte allerdings sofort für eine
andere Gemütslage. Irgendwie hatte Sebastian gedacht, sie würden sich wieder
eine halbe Ewigkeit auf den Weg machen müssen.
Doch
kaum hatten sie das große Tor passiert, standen sie auf einer riesigen
Aussichtsplattform - in einer Werft!!
Sebastian
hatte ja schon die schweren Schlachtkreuzer, die Kampfschiffe, die Welten
erobern konnten, gesehen, und daher konnte er das, was er jetzt sah, auch
ungefähr einordnen. Sebastian stand vor einem zu drei Vierteln vollendeten
mittelgroßen Raumschiff.
Hunderte
von kleinen Crox, die sich gerade noch wie Tiere ums Essen geprügelt hatten
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