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Schmetterlingsgeschichten - Chronik IV - Schmoon Lawa (German Edition)

Schmetterlingsgeschichten - Chronik IV - Schmoon Lawa (German Edition)

Titel: Schmetterlingsgeschichten - Chronik IV - Schmoon Lawa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Ruth
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selbstverständlich auch. Der
Unterschied zu ihrer Jacke war, dass dort eine von niemandem wahrgenommene
Beule in der kleinen Außentasche war. Untersucht wurden sie nicht mehr. Das war
schon bei Ankunft an Bord des Cuberatio-Schiffes passiert, von hier aus konnte
nichts mehr hinzukommen.
      Außerdem
war die Ausbuchtung so gering, dass sie wirklich niemandem auffallen konnte.
      Nur
zwei kleine alte Schmetterlingsaugen schauten hier hervor. Das »kleine bisschen
Sicherheit« wollte sie ab jetzt überall hin begleiten.  
     
»Ab hier bin ich immer dabei«, endete er seine vorhergegangene Tirade über
Moral und Anstand, als sie sich angezogen hatte.
    Auslöser
für diesen Vortrag waren die Strapse gewesen, die sie unter ihrer Hose trug.
Wansul hätte sie beinahe auch nackt gesehen, wäre er bei diesem langweiligen
»Anzieh-Prozess« nicht eingeschlafen. Er war schon ein toller Schmetterling.
Schlief einfach dabei ein, während sich Natalia mit ihrem frisch getunten
Körper nackt vor dem Spiegel ein letztes Mal pflegte und sich dann anzog.
     
»Ich hab schon Tausende Frauen gesehen. Glaub ja nicht, du wärst jetzt was
Besonderes.«
      Natalia
hatte darauf nichts geantwortet, sondern in Seelenruhe weitergemacht. Sie
vermutete, Wansul, so hieß er, habe sie provozieren wollen. Als er wieder nach
einer Stunde aufwachte, war sie immer noch nackt und er konnte es nicht glauben,
dass sie so lange für die Beauty-Show brauchte. Doch dann hatte er gesehen, was
sie anziehen wollte, und mit seiner Predigt über Moral, Vertrauen und
Grundwerte einer Gesellschaft begonnen.
      Mit
jedem Kleidungsstück hatte er einen Satz lauter gesprochen.
    Aber
es schien, dass er einfach nur mal Luft ablassen wollte. Denn er kannte ja ihre
Vergangenheit, und auch das, was sie vorhatte. Eigentlich war es Nonsens, was
er erzählte, aber irgendwie auch nicht. Denn Natalia wusste nun ganz genau,
warum sie das Kommende tat, und wen sie dadurch zu beschützen suchte: Eine
Gesellschaft, die es wert war, für sie zu sterben. Und das hatte sie begriffen.
      Mit
ihrem Vorhaben konnte sie das wiedergutmachen, was sie vorher zerstört hatte.
Wie vielen jungen Frauen hatte sie ein Leben vorgespielt, auf das sie neidisch
waren…und die nun in ihre Fußstapfen getreten waren? Wie viele Frauen hatte sie
in eine Zukunft verleitet, die nun mit hoher Wahrscheinlichkeit ihren Untergang
bedeutete?
      Sie
war ein falsches Vorbild! Das wusste sie ganz genau.
    Und
deswegen gab es nicht nur ihrer selbst wegen genug Gründe, um mit ihrer Tat wenigstens
ein wenig Wiedergutmachung zu schaffen, sondern auch für all die verführten
Seelen.
      Dass
das bei den anderen Frauen hier in der Reihe nicht der Fall war, davon musste
sie ausgehen. Das waren nur gewöhnliche Huren. Zwar der Extraklasse, aber nur
Wesen, die sich und ihren Körper schon vor langer Zeit weggeworfen hatten.
Natalia schaute in die Reihe und konnte die freudige Erwartung in fast allen
Augen ablesen.
    Sollten
sie wirklich genommen werden, dann blühte ihnen ein Leben in höchstem Reichtum,
den das Universum zu bieten hatte. Persönlichkeit war hier nicht gefragt. Es
ging ausschließlich um ihre Körper…und das zu Lustzwecken.
      Ein
Zittern lief ihr die Schultern runter und sie musste sich schütteln. Dadurch bewegte
sich die Jacke.
     
»Gehts schon los?«
    »Psst!«
     
»He?«
    »Psst!«
     
»Achso. Ja. Bin schon ruhig.«
    »Pssssssssssssst!!!«
     
»Hmm.«
    Die
Androiden hatten sich bis auf einen vollständig zurückgezogen - bis auf einen.
Er stand den Frauen gegenüber wie ein Lehrer vor seiner Klasse und hatte eine prachtvolle
Schale mit Blüten gefüllt in der Hand.
     
»Die Damen kennen die Verhaltensregeln?«, fragte er in den Gang. Erfüllte
vorher noch Gekichere, das der Aufregung entsprang, das Schiff, so verstummte
es jetzt.
      Aber
keine der Frauen antwortete.
    Natürlich
kannten sie die Regeln. Er hatte sie erst vor zehn Minuten ein letztes Mal
aufgezählt: ruhig sein und still halten.
     
Wenn sie angefasst wurden, dann sollten sie keine Miene verziehen.   Egal, wo
und wie er sie berührte.
      Das
war hier eine Musterung, eine Fleischschau. Und es hatte den Anschein, dass sie
es verstanden hatten. Die Anspannung war den Frauen in den Gesichtern
abzulesen. Nur Natalia war ruhig. Egal, was der Mann machte, sie hatte es
wahrscheinlich schon erlebt. Eher, sie hatte schon Schlimmeres durchlebt.
      Als
die Frauen Schritte hörten, wussten alle, dass es jetzt losgehen würde.

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