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Schmetterlingsjagd (German Edition)

Schmetterlingsjagd (German Edition)

Titel: Schmetterlingsjagd (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Ellison
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fast eine halbe Stunde lang über Stolz und Vorurteil .
    Warum hat er sich so komisch verhalten und dann versucht, so zu tun, als ob nichts gewesen wäre?
    Ich beantworte eine Begriffsfrage im Vorbereitungskurs für die Universitätsaufnahmetests: Die Wunde zeigte Anzeichen ( starker ) Blutungen, die medizinische Behandlung erforderten. Ich tue das sonst nie. Die Antwort fällt mir ein, also sage ich sie automatisch laut: «B: maximaler.»
    Während der Freistunde gehe ich aufs Klo und flüstere dort die sechs Silben meines Namens vor mich hin. Dazu tippe ich, drei Mal macht achtzehn, eine besonders gute Zahl. Ich fange an: Pe-ne-lo-pe-Ma-rin- Pe-ne-lo-pe-Ma-rin- Pe-ne-lo-pe-Ma-rin, und dann kommt Keri Ram herein und stellt sich neben mich vor den Spiegel, um schleimigen Lipgloss aufzutragen, der nach Wassermelone riecht. Ich muss noch vier Mal und kann nicht aufhören, ob sie neben mir steht oder nicht, obwohl mein ganzer Körper vor Scham brennt. Ich murmele also vor mich hin und tippe so leicht, dass sie es hoffentlich nicht merkt. Pe-ne-lo-pe-Ma-rin- Pe-ne-lo-pe-Ma-rin- Pe-ne-lo-pe-Ma-rin- Pe-ne-lo-pe-Ma-rin.
    «Was hast du gesagt?», fragt sie mich und schaut mich im Spiegel an.
    Sie hat einen merkwürdigen Gesichtsausdruck. Mein Gesicht ist tiefrot, wie rote Beete. Ich greife nach dem Schmetterling in meiner Hosentasche und drücke ihn drei Mal, damit ich sprechen kann, damit ich überhaupt etwas sagen kann, damit ich vor Keri Ram nicht wie ein total stummer Idiot dastehe.
    «Was?», würge ich hervor. Ich will weglaufen. Ich will sterben.
    Sie hebt die Augenbrauen. «Hast du gerade was zu mir gesagt?»
    «Oh.» Ich presse die Hände auf die Schenkel, damit sie nicht so zittern. «Ich habe nur gerade … versucht, mich, äh, an etwas aus Englisch zu erinnern. Dieses T.-S.-Eliot-Gedicht, das wir gelesen haben.» Ich starre meinen scheußlichen Pony im Spiegel an und tue so, als ob ich meine Haare richte, obwohl das im Moment gar nichts nützt – es ist nur eine wirre Mähne, zusammengehalten von einem Haargummi, die als Zopf durchgehen soll.
    «Gedichte auswendig lernen kann ich ja gar nicht.» Sie schraubt ihren Lipgloss zu, hält kurz inne und begutachtet mein Spiegelbild. «Woher hast du die Kette? Die gefällt mir echt.» Sie schürzt die Lippen und bewundert sie im Spiegel.
    «Welche denn?», frage ich und bin eigenartig unruhig dabei, obwohl ich weiß, dass Sapphires Anhänger unter meinem T-Shirt verborgen ist.
    «Der Mond.»
    Ich hebe meine Hand zu der Kette, ein Halbmond aus Metall mit einem kleinen blassblauen Stein, der von seiner Mitte hängt. Das silberne Pferdchen brennt heiß an meiner Brust. «Die hat mir mein Vater vor ein paar Jahren aus Thailand mitgebracht», sage ich schüchtern.
    «Thailand», seufzt sie. «Cool. Warst du schon mal da?» Sie greift in ihr geräumiges Kosmetiktäschchen und holt ein dünnes schwarzsilbernes Mascarafläschchen hervor.
    Ich fummele noch ein wenig an meinem Zopf herum, ziehe das Haargummi heraus und versuche, die wirren Strähnen mit den Fingern zu ordnen. «Mein Dad reist viel. Aber er nimmt uns nie mit. Ich meine, er hat früher manchmal meine Mom mitgenommen. Aber Oren und mich nie. Und jetzt …» Erschrocken halte ich inne. Ich spreche Orens Namen niemals laut aus. Ich werfe einen Blick auf Keri – sie wühlt wieder in ihrem Täschchen. Vielleicht hat sie es gar nicht bemerkt, sie scheint nicht zuzuhören. «Aber ich würde gern mal dahin. Nach Thailand. Wenn ich älter bin, mach ich das.» Ich zwinge mich dazu, den Mund zu halten. Wenn ich rede, habe ich die Neigung zu plappern. Also beschäftige ich mich wieder mit meinen Haaren.
    «Ja, absolut», antwortet Keri vage. Wahrscheinlich fällt ihr nichts anderes ein. «Also, Lo», setzt sie an. Sie klemmt sich eine Haarsträhne hinter das Ohr und will ganz offensichtlich das Thema wechseln. «Stehst du auf einen in der Schule?» Ihr Blick im Spiegel durchbohrt mich förmlich.
    Ich bin so überrascht von dem willkürlichen Themenwechsel, dass ich nur ein «Nein» herausbringe.
    «Wirklich? Auf niemanden?» Sie starrt mich immer noch im Spiegel an, als ob sie darauf wartet, dass ich zusammenbreche und die scheußliche, geheime Wahrheit gestehe.
    Ich schüttele den Kopf. «Nein. Nein. Wirklich nicht.»
    «Nicht mal auf … Jeremy Theroux?» Sie wendet sich vom Spiegel ab und schaut mich direkt an.
    Ich tue so, als ob ich wirklich darüber nachdenken müsste – ich beiße mir auf die Unterlippe, schaue

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