Schmetterlingsjagd (German Edition)
wunderbarer Zufall», fährt er fort. «Ich komme mit.»
Ich klopfe ganz leise tip tip tip, Banane , nehme meine Jacke vom Haken und ziehe sie an. Irgendwas hier stimmt nicht. Er hat doch gesagt, er ginge nicht mehr ins Tens.
Wir treten auf die Straße, und ich wende mich in Richtung Bushaltestelle. Ich zähle die Fugen der Bürgersteigplatten und versuche dabei, meine Gedanken zu ordnen. Zwölf, dreiz…
«Also … du bist doch hergekommen. Und was hast du über deine alte Freundin herausgefunden? Irgendwas Pikantes?» Er spielt mit einer seiner Dreadlocks.
Ich gehe etwas schneller. Alte Freundin – eigentlich will er sagen: Lügnerin. Er weiß es. Meine Hände werden ganz heiß.
«Also gut, Flynt.» Ich bleibe unter einer hellen Straßenlaterne stehen und schaue ihm direkt ins Gesicht.
«Sapphire war keine alte Freundin von mir. Ich kannte sie gar nicht.»
Flynt schnaubt ein bisschen, aber er lächelt. «Na ja, das lag ja auf der Hand.»
«Aber ich …» Ich bin kurz davor, ihm von der toten Katze und Sapphires Stimme zu erzählen, die ich ständig höre. «Ich kann einfach nicht aufhören, an sie zu denken. Ist mir egal, ob du das verstehst, und ist mir auch egal, ob du mir helfen willst oder nicht. Aber ich muss einfach wissen, was passiert ist.»
Sein Blick wird weich, seine blau-grün-goldenen Augen leuchten im Licht der Straßenlaterne.
«Du hättest mich nicht anlügen müssen, Lo.»
«Und du? Hast du nicht erzählt, du seist seit Jahren nicht mehr im Tens gewesen?»
«Oh, weißt du.» Er wedelt mit der Hand. «Jahre, Tage. In Neverland macht das keinen Unterschied.» Er zieht sich den mottenzerfressenen Schal vom Hals und kommt auf mich zu, um ihn mir um die Schultern zu legen. «Ich wette, jetzt hättest du gern Hosen an.»
Ich reiße den Schal herunter und schleudere ihn zurück. «Hör endlich auf abzulenken, Flynt.» Ich schaudere. «Warum warst du im Tens?»
«Wenn du es unbedingt wissen willst», sagt er und seufzt, «unsere kleine Plauderei hat mich daran erinnert, dass ich lange nicht mehr dort gewesen bin, weißt du, um diesen schmierigen Reichen das Geld aus der Tasche zu ziehen.» Er reckt triumphierend den Finger in die Luft. «Und ich habe heute Nacht vierzig Mäuse gemacht!» Er setzt sich wieder in Bewegung.
Ich beeile mich, ihn einzuholen. Dabei passe ich auf, nicht auf die Fugen zu treten, aber ich zähle sie nicht mehr. «Soll das etwa viel sein?», kontere ich. Ich will mich nicht von seinem Charme einwickeln lassen.
«Hör mal, Lo. Ich weiß, worum es hier geht. Du bist beleidigt, weil ich dir nicht meine Skizzen gezeigt habe. Oder?» Er legt mir die Hand auf die Schulter, damit ich stehen bleibe, und ich schaue in sein Gesicht, sehe sein süßes, albernes Grinsen, obwohl das eigentlich das Letzte ist, was ich tun will. Er legt mir wieder seinen Schal um und tätschelt mich drei Mal – vielleicht sollte ich den Schal diesmal umlassen. «Ich hätte sie dir gezeigt, ich schwör’s dir. Aber sie verkaufen sich wie warme Semmeln. In null Komma nichts sind sie weg.» Er klopft auf die Tasche seiner geflickten, staubigen schwarzen Hose und lässt seine Hand dort, als müsse er etwas beschützen.
Es fällt mir schwer, nicht zurückzulächeln, obwohl ich jetzt immer noch nicht weiß, ob ich ihm vertrauen kann oder nicht. Ich kann nicht vergessen, wie sonderbar er sich verhielt, als er mich im Tens sah. Fast als hätte er … Angst.
«Hey, du kannst dein Lächeln nicht vor mir verstecken, Queen P. Ich werde es finden. Immer.» Er zeigt auf meine Lippen und berührt die obere ganz leicht mit seinem warmen Zeigefinger. Ich schaudere und wehre seine Hand ab.
«Freut mich, dass ich dir dabei geholfen habe, so reich zu werden», sage ich und versuche mich zu entspannen, damit meine Stimme neutral klingt. «Ich sollte vermutlich Prozente verlangen.»
«Du bist aalglatt, weißt du das, Lo? Immer nur hinter meinem Geld her. Ich sage ja nicht, dass du eine Goldgräberin bist, aber …» Er schnalzt mit der Zunge. «Wie wäre das: Ich zahle dir deinen Anteil in Form von Pizza aus. Deal?»
Ein Zittern durchläuft mich. Es ist so spät. Ich sollte längst zu Hause sein.
«Ich kenne da ein tolles Lokal», fährt er fort, «das gar nicht so weit von deiner Bushaltestelle liegt. Also, was meinst du? Würdest du das unterschreiben? Oder genügt eine Abmachung per Handschlag?»
«Du schuldest mir wirklich noch was», sage ich, auch wenn ich es nicht tun sollte. Er grinst, nimmt
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