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Schmetterlingsjagd (German Edition)

Schmetterlingsjagd (German Edition)

Titel: Schmetterlingsjagd (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Ellison
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Marin.» Ich schlage das Buch mit dem Tagebuch darin zu und falte meine Hände auf dem Schreibtisch.
    «Ich bin ja so neugierig, Miss Marin», schmeichelt Miss Manning mit ihrer eingerosteten Jammerstimme. «Können Sie uns bitte erklären, was gerade in der Welt unserer todgeweihten jungen Liebenden geschehen ist?»
    Mein Kopf ist komplett leer, und ohne nachzudenken, platze ich heraus: «Er will mit ihr duschen, aber sie mag das nicht.»
    Die Klasse brüllt. Miss Manning steht da, ruckt den Kopf vor und zurück und runzelt die Brauen, als ob sie einfach nicht glaube kann, dass ich das wirklich gesagt habe.
    Oh. Shit. «Ich meine bloß – er will … sie mit … Liebe überschütten, aber sie lässt ihn nicht …»
    Die Klasse lacht noch lauter. Miss Mannings Augen fallen ihr gleich aus dem Gesicht. Ich überlege, wie ich am besten aus diesem Raum flüchten kann, aber wenn ich mich umsehe, lacht eigentlich niemand über mich . Tony Matthews stößt seine fußballgroße Faust in die Luft und schüttelt den Kopf wie auf einem Heavy-Metal-Konzert, und Brigitte Crank und Sidney Lourie grinsen mich beide breit an. Brigitte reckt den Daumen hoch.
    «Hammermäßig», formt sie mit den Lippen.
    Ich richte mich gerade auf und schaue nach vorn. Ich kann ein Lächeln nicht unterdrücken.
    «Okay, Leute … das reicht. Interessanter Interpretationsansatz, Miss Marin.» Sie wirft mir einen wütenden Blick zu und geht wieder nach vorn. «Machen wir weiter … in Akt drei, Szene fünf des Stücks finden wir unsere Liebenden in welcher Lage …?»
    Ein erneuter Heiterkeitsausbruch; Miss Manning hat jetzt bestimmt kapiert, in welche Falle sie da getappt ist. Und endlich bin auch ich mal dabei, wenn alle lachen.
    ***
    Nach dem Sportunterricht, in der Umkleide, starre ich mich im Spiegel an, und zum ersten Mal seit langem hasse ich meinen Anblick nicht. Ich fahre mit der Hand über das Flanellhemd und fühle die Härte von Sapphires Bustier darunter. Dann öffne ich die ersten drei Knöpfe und lasse das Hemd über die Schulter gleiten, um den dunklen, glitzernden Träger des Bustiers auf der blassen Haut meiner Schulter zu betrachten. Das gefällt mir. Ich fühle mich gut. Auch wenn es etwas schwerer fällt zu atmen als sonst, mag ich es, wie das Bustier mich zusammenhält. Als wäre ich in meinem Zimmer, umgeben von all meinen Habseligkeiten. Beschützt. Von etwas aufrecht gehalten.
    Ich muss an die schönen Leute in der Schule denken: an Keri und Camille und Sidney und Mara Turner und Annica Steele. Glattes, seidiges Haar, winzige Stupsnasen, eine Art unangestrengte, arrogante Schönheit, die einen durchfährt, wenn man an ihnen vorbeigeht, wie das Geräusch, das Glas macht, wenn man es mit einer Gabel anschlägt. Ein Widerhall der Schönheit, ein hoher Gesang, bei dem man die Ohren spitzt, als ob man das frische Gras riechen könnte, das sich durch den Schnee nach oben kämpft. Ob mein Gesicht das jemals auch bewirken kann? Kann ich … schön sein? Ich bedecke den Knubbel auf meinem Nasenrücken mit dem Finger und streiche die Ponyfransen zur Seite.
    Als ich die Umkleide verlasse und zum Naturwissenschaftsflügel gehe, dreht sich ein großer blonder Junge mit schläfrigen Augen doch tatsächlich nach mir um – bloß ein Zehntklässler, aber immerhin.
    Ich wende mich ebenfalls um und stoße prompt mit jemandem zusammen.
    Jeremy. In derselben Sekunde, in der wir uns anschauen, wird er ganz rot im Gesicht. «Wow. Lo. Du siehst irgendwie so anders aus, oder? Ist das ein neues Hemd oder so?» Er klemmt sich eine dicke Haarsträhne hinters Ohr.
    «Das hab ich eigentlich schon eine ganze Weile», erwidere ich und zupfe am Saum. «Aber danke schön. Ich … mag dein T-Shirt. Es sieht irgendwie so … gemütlich aus.»
    «Ist es auch! Dad hat es auf einem Neil-Young-Konzert in den Siebzigern gekauft.» Jeremy schaut kurz auf seine Füße und dann wieder zu mir hoch. «Unfassbar, dass meine Alten damals cool genug waren, um länger als acht Uhr auszugehen. Manchmal hätte ich gern eine Zeitmaschine, um sie als Fünfzehnjährige beim Haschrauchen zu erwischen. Die hätten’s echt nötig, sollten sich wirklich mal entspannen. Verstehst du?»
    Eigentlich verstehe ich nicht, aber ich nicke trotzdem und zwinge mich zu einem Lächeln. «Ja, aber echt. Eine Zeitmaschine.» Die könnte ich auch gebrauchen.
    «Also, hey, wir sind immer noch zum Lernen verabredet, oder?»
    «Ja … äh … was das angeht.» Ich atme tief durch. «Ich

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