Schmetterlingsjagd (German Edition)
ganz – wir alle bewahren sie tief in uns. In unseren Augen oder so, verstehst du?»
Er hält inne und sieht mich direkt an: direkt in meine Augen, als ob er durch sie in mich hineinspringen will. Er legt seinen Skizzenblock auf den Boden, den Kohlestift daneben. Dann setzt er sich zu mir auf das Sofa. Ich schaue zu, wie er seine Hand ausstreckt und mir den Pony aus dem Gesicht streicht, er streicht ihn drei Mal fort, dann zeichnet er mit dem Finger die Narbe über meinem Auge nach.
Ich habe einen Kloß im Hals, als er sie berührt – so zart, als ob er noch nie die Haut eines anderen Menschen berührt hätte –, und ich schaue zu ihm hoch und schaudere, weil ich noch nie von einem Jungen so berührt worden bin. Ich weiß nicht, was ich tun oder denken soll, und ich habe vergessen, wie man atmet.
Dann beugt er sich langsam vor, und ich beuge mich vor, und unsere Lippen berühren sich – zuerst ganz zart, zögerlich – dann dränge ich mich an ihn, und seine Hände legen sich auf meinen Nacken, meinen Rücken, gleiten über mich, und wir küssen uns hungrig, gierig. Mein erster Kuss.
Und dann weiß ich plötzlich, was zu tun ist, und ich habe noch nie etwas so sehr gewollt – alles daran – Flynts warme Lippen auf meinen in dem schummerigen Licht des Kellers, Flynts Haut an meiner und das schlecht gepolsterte Sofa, das sich wie kleine Fäuste in meinen Rücken drückt, Flynts große Hände, die die Kälte abwehren, die durch die dünnen Wände dringt, seine Fingerspitzen, die unter dem Blick seiner hundert Frauenakte über meinen Körper wandern. Ich bin besessen von meinem Wunsch nach ihm.
Wir küssen uns, und er legt seine Hände um meine Taille und dreht mich so, dass ich unter ihm liege; Grübchen wie Halbmonde, Zähne wie Sternenreihen. Ich weiche zurück und keuche leise, er umarmt mich fester. Meine Haut brennt unter seinen Fingern, die jetzt unter das geliehene T-Shirt wandern, zu meinem Bauchnabel, sie zeichnen einen Kreis darum herum – einen perfekten Kreis –, sie drücken zart in meinen Bauch. Seine Lippen nähern sich meinem Gesicht, küssen es überall, warme, weiche Luft entströmt ihnen. Und dann will ich all das so sehr, dass es meinen ganzen Körper ausfüllt, Hitze steigt von meinen Fußsohlen hoch.
Ich küsse ihn ebenfalls; ich bewege meinen Mund auf ihn zu, unsere Lippen drücken sich aufeinander, weich und langsam, seine Zunge fährt in einem Bogen über meine Unterlippe. Ich bin einfach so verblüfft davon, wie es sich anfühlt, jemanden zu küssen, wie es sich anfühlt, Flynt zu küssen.
Ich bewege mich unter seinen Händen; sie wandern meinen Bauch hoch, zu meinem Brustkorb, zu meiner Brust und heben schließlich das T-Shirt über meinen Kopf. Ich erschauere unter seiner Berührung. Mein Herz macht einen Sprung und stolpert in seine Handflächen. Eine Sekunde lang mache ich mir Sorgen, er könnte meine ungleichen Brüste unter dem BH bemerken, und weiche ein wenig zurück.
Aber er scheint mein Zögern nicht zu bemerken, auch nicht meine Ungleichmäßigkeiten und Makel. Er schaut mir in die Augen. Er nimmt meine Hände und legt sie unter sein Hemd. Ich spüre die langen Bauchmuskeln, seinen Brustkorb, sein Herz, das wild schlägt. Sein Mund nähert sich meinem Ohr und beißt es ganz zärtlich. Es kitzelt. Das Kellerlicht legt sich auf unsere Schultern. Plötzlich miaut Moby in der Ecke, ein lautes Jaulen, und wir lachen. Es fühlt sich gut an zu lachen.
Ich lasse meine Finger weiter unter sein Hemd wandern und streife es ihm langsam, vorsichtig von den Schultern. Mit einem kurzen festen Ruck zieht er mich näher an sich. Unsere Körper pressen sich aneinander, unsere Herzschläge berühren sich. Er küsst mich auf die Stirn, meine Narbe, meine Nase, die Lippen, Kinn, Hals – streichelt mich, seine Zunge fährt über meine Zähne, sein Atem auf meiner Haut – meinem Bauch, meiner Brust, in meinem dichten, dunklen, wilden Haar.
«Gott, Lo», murmelt er leise. Er streichelt meine Beine.
Ich will ihn überall küssen und tue es auch: sein Gesicht, jeden einzelnen Quadratzentimeter seiner Lippen, seinen Hals, das Schlüsselbein und die kleine Mulde dazwischen. Sein Mund schmeckt erdig, warm, nach Gras und Sonnenlicht und Salz. Seine Haut riecht wie das T-Shirt, das er mir gegeben hat, Pinien und Nelken und etwas, das ich nicht benennen kann – etwas, was ich für immer riechen will. Rau und nach Holz und süß.
Mit dem Finger fahre ich über seine weiche Brust,
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