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Schmetterlingsschatten

Schmetterlingsschatten

Titel: Schmetterlingsschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Bicker
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Jetzt erlaubte ihre Mutter ihr einmal etwas und gleich musste Elena sie anlügen. Aber sie war sich sicher, dass ihre Mutter sie niemals ins Kino würde gehen lassen. Rasch wandte sie sich ab und lief die Treppe hinauf in ihr Zimmer. Dort erst zog sie den Brief aus ihrer Tasche und riss den Umschlag auf.
    Wieder ein ausgedrucktes Blatt, wieder keine Unterschrift.
    Elena, wahrscheinlich hattest du Angst, mich zu treffen. Das kann ich verstehen, du weißt ja gar nicht, wer ich bin. Tut mir leid, aber ich kann mich dir noch nicht zu erkennen geben – für den Fall, dass irgendjemand anderes diesen Brief in die Hände bekommt. Bitte vertraue mir trotzdem. Ich kann dir versichern, dass ich deine Schwester kannte und dass sie mir vor ihrem Tod etwas erzählt hat, das du wissen solltest. Ich glaube nicht daran, dass ihr Tod ein Unfall war, und wenn du davon erfährst, wirst du mir sicher zustimmen. Wir sollten uns treffen. Ich werde am Montagabend um sechs am Brunnen auf dem Marktplatz sein. Dort kann dir bestimmt nichts passieren.
Ich bitte dich zu kommen. Du kannst mir vertrauen, ich bin ein Freund.
    Elena atmete tief durch. Lauras Tod war kein Unfall.Es fühlte sich so an, als habe sie es schon immer gewusst, als habe sie es gespürt, seit dem Tag, an dem der Polizist zu ihnen nach Hause gekommen war. Natürlich, es konnte immer noch sein, dass der Schreiber dieser Briefe ihr etwas vorschwindelte. Aber Elena hielt das nicht mehr für wahrscheinlich. Er wollte sie schließlich treffen, auf dem Marktplatz. Kein kranker Mädchenmörder würde einen derart belebten Ort vorschlagen.
    Sorgfältig faltete Elena den Brief wieder zusammen und schob ihn zwischen die Seiten ihres Biologiebuches. Sie würde sich später überlegen, was sie unternehmen sollte, jetzt musste sie sich beeilen, damit sie nicht zu spät zu dem Treffen mit Timo kam.
    Hastig zog sie sich um – abgeschnittene Jeans und eine Outdoorweste –, schnappte ihren Rucksack und machte sich auf den Weg zu Timo. Sie hatte versprochen, ihn abzuholen, wenn sie fertig war.
    »Ah, Elena, schön, dich auch mal wiederzusehen.« In der Tür stand Timos Vater und lächelte sie an. Er war in Uniform, wahrscheinlich gerade vom Dienst nach Hause gekommen. Sofort wurde ihr etwas mulmig. Das ging ihr immer so, wenn sie mit Herrn Grevenstein reden musste. Ständig fragte er sie nach Dingen, die ihn überhaupt nichts angingen.
    »Tag, Herr Grevenstein«, murmelte sie deswegen nur knapp und versuchte, an ihm vorbeizuspähen, ob Timo schon fertig war.
    »Er braucht noch einen Moment«, sagte Herr Grevenstein, als habe er ihre Gedanken erraten. »Komm doch so lange herein.« Er trat beiseite und gehorsam folgte Elena ihm in die kleine helle Küche der Grevensteins, wo sie sich an den kleinen Tisch setzte und Timos Vater dabei zusah, wie er ihr eine Cola einschenkte.
    Er stellte das Glas vor ihr ab und setzte sich dann ebenfalls. Abschätzend musterte er sie. Hastig griff Elena nach der Cola und nahm einige Schlucke.
    »Ich habe gehört, du warst am Montag mit Tristan Sieber unterwegs«, sagte Herr Grevenstein. Elena konnte den Vorwurf in seiner Stimme hören.
    »Ja, war ich«, erwiderte sie vorsichtig. Sie wusste nicht, worauf er hinauswollte. »Wir waren Eis essen.« Sie fragte sich, warum sie das Gefühl hatte, sich verteidigen zu müssen.
    »Sonst nichts?«
    Sie sah nicht auf und schwieg. Sie hatte absolut keine Lust, Timos Vater von dem Klubhaus zu erzählen. Wahrscheinlich wäre das ein Grund für Tristan, mich umzubringen,ging ihr durch den Kopf, und sie musste grinsen.
    Herr Grevenstein seufzte. »Elena, du weißt, warum Tristan hierher nach Frankenach gekommen ist, oder?«
    Elena zuckte mit den Schultern. Sie wusste, dass Tristan ursprünglich aus Bochum stammte und dass er hier bei seiner Tante wohnte, aber mehr auch nicht. Um ehrlich zu sein, war es ihr egal.
    Timos Vater seufzte noch mal. »Er ist in Bochum unangenehm aufgefallen. Mehrere Schulwechsel, Ladendiebstahl und so weiter. Seine Eltern hielten es für eine gute Idee, ihn für einige Zeit aufs Land zu schicken, damit er sich ein bisschen besinnt.«
    Wieder zuckte Elena mit den Schultern. Konnte ja sein, dass Tristan früher Mist gebaut hatte, zu ihr war er jedenfalls sehr freundlich gewesen und er hatte auf sie nicht so gewirkt wie ein Verbrecher. Außerdem war er schon fast zwei Jahre hier. Er konnte sich geändert haben. Aber das behielt sie für sich. Herr Grevenstein war viel zu sehr Polizist, um das zu

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