Schmetterlingsschatten
süß.«
Jennifer grinste ihr anerkennend zu. »Klar. Den würde ich nicht von der Bettkante stoßen.«
Entspannter geworden, lehnte Elena sich zurück. Das war anscheinend richtig gewesen.
Die Luft im Wohnzimmer wurde immer schlechter und brannte in Elenas Kehle. Unauffällig sah sie sich um, ob sie irgendwo etwas anderes zu trinken entdecken konnte, aber es schien nur Bier zu geben. Ihr Durst wurde immer schlimmer. Einen Moment lang überlegte sie, ob sie Jennifer nach der Toilette fragen sollte, um dort einen Schluck aus dem Wasserhahn zu nehmen. Doch da tippte Malin, die vor ihr auf dem Teppich saß, ihr aufs Knie.
»Magst du dein Bier nicht?«
Beinahe hätte Elena das abgestritten, doch Malin sah ehrlich besorgt aus, deswegen schüttelte sie unauffällig den Kopf. Malin lächelte, krabbelte auf die Füße und zog Elena mit hoch.
»Wir gehn mal was Essbares organisieren«, sagte sie zu den anderen und schleppte Elena mit sich in eine kleine, saubere Küche. Als wäre sie hier zu Hause, öffnete sie den Kühlschrank und nahm eine Flasche Orangensaft heraus, die sie Elena zusammen mit einem Glas reichte.
»Danke«, murmelte Elena, schenkte sich ein und trank in gierigen Schlucken.
Malin kramte in den Schränken herum, brachte eine Tafel Schokolade und zwei Chipstüten zum Vorschein und wandte sich dann wieder zu Elena um. Nachdenklich sah sie sie an. Elena stellte ihr Glas ab und erwiderte ihren Blick.
Sie hatte Malin noch von früher in Erinnerung, als sie noch mit Laura unterwegs gewesen war. Da hatte sie lange kastanienbraune Haare gehabt und eine Vorliebe für Schlaghosen und Batikhemden. Inzwischen trug sie das Haar in kurzen Fransen mit blondierten Strähnen darin, einen Stecker in der Nase, enge schwarze Jeans und ein zerrissenes T-Shirt. Ihre Nägel hatte sie schwarz lackiert und ihre Lippen tiefrot geschminkt. Trotzdem glaubte Elena, etwas von der alten Malin in ihren Augen zu sehen und in ihrem Lächeln, als sie sie jetzt ansah. Überrascht bemerkte Elena, dass Malin traurig aussah.
»Du musst nicht jeden Scheiß hier mitmachen, verstehst du, Kleine?«, fragte Malin. »So eine Clique sind wir nicht. Also, natürlich legen wir Wert auf Gemeinschaft, aber jeder kann das tun, was er will. Freiheit, das ist der Grundsatz, okay?«
Elena starrte sie verblüfft an. Von Malin hätte sie so etwas als Letzte erwartet. Vorhin hatte sie sie noch wegen ihrem Treffen mit Timo blöd angemacht. Sie war nicht ganz sicher, worauf die Ältere hinauswollte, und noch weniger wusste sie, ob sie ihr glauben konnte. Vielleicht wollte sie sie auch nur auf die Probe stellen. So schwieg sie und zuckte mit den Achseln.
Malin lächelte noch mal kurz. Es sah traurig aus. »Tut mir übrigens leid, die Sache mit Laura«, sagte sie leise.
»Schon okay«, antwortete Elena lahm. »Ist ja nicht deine Schuld.«
Malin nickte. Dann atmete sie tief durch und schien sich zusammenzureißen. »Weißt du, die Jungs hier sind eigentlich ganz cool. Ich meine, wir machen lauter Zeug, was wir uns sonst nie getraut hätten. Waren schon mal nachts auf dem Friedhof. Ganz schön unheimlich.« Sie grinste jetzt wieder, als wäre alles in bester Ordnung, aber sie sprach seltsam hastig, beinahe, als wolle sie sich selbst von etwas überzeugen. Sie ließ Elena gar keine Gelegenheit, zu Wort zu kommen. »Einmal sind wir auch in die Stadt gefahren und haben uns mit einem Haufen Skinheads angelegt. Das war klasse. Glücklicherweise sind wir alle noch weggekommen. Die Jungs hatten ihre Roller dabei und wir sind ihnen vor der Nase weggefahren. Nachts gehen wir oft ins Schwimmbad. Steigen einfach über den Zaun.«
Elena betrachtete sie mit einer Mischung aus Neugierde und Unsicherheit. Den schnellen Themenwechseln konnte sie nicht ganz folgen. Sie war sich auch nicht ganz sicher, was sie von diesen Aktionen halten sollte. »Habt ihr denn keine Angst bei so was?«, fragte sie, so ruhig sie konnte.
Malin zuckte mit den Schultern. »Nein, eigentlich nicht. Wir passen aufeinander auf. Jeder von uns schützt den anderen. Wenn einer in Schwierigkeiten gerät, hauen wir ihn raus. Einer für alle und so, wie die Musketiere.«
Elena musste grinsen, weil sie sich Tristan in einem Musketierkostüm vorstellte, mit einem Degen an der Seite. Erstaunlicherweise fiel ihr das gar nicht so schwer.
»Gehöre ich jetzt eigentlich zu euch?«, fragte sie vorsichtig. Ganz sicher war sie sich nicht, niemand hatte sie offiziell aufgenommen oder so etwas.
Malin hob die
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