Schmetterlingsschatten
Kino gehen wollte.
»Sorry, hatte noch zu tun.« Sie ließ sich auf die andere Schaukel fallen und hoffte, dass man ihr ihre Gedanken nicht allzu sehr ansehen konnte.
»Hab dich gesehen. Mit dem Polizistenknaben.« Malins Stimme klang leicht aggressiv, als habe Elena einen Verrat begangen. Sie wollte schon protestieren, da bemerkte sie, dass auch Tristan sie misstrauisch beobachtete. Plötzlich begriff sie, dass Malin nur aussprach, was alle dachten, und dass sie besser daran tun würde, das Ganze friedlich zu lösen, oder sie hatte ihr Ansehen bei den Älteren schnell verspielt. So zuckte sie mit den Schultern und gab sich mit den Füßen so viel Schwung, dass sie an Malin vorbeischwang. Erst, als sie wieder herunterkam, bremste sie ab und sah Malin an.
»Ich kann ja nichts dafür, dass der mir immer auf der Pelle hängt«, erwiderte sie möglichst ruhig. Ihr Gewissen versetzte ihr einen Stich, dass sie ihren Freund so verriet, aber andererseits, so sagte sie sich, hätte er ja seinen nervigen Vater nicht verteidigen müssen. Selbst schuld.
Malin sah zu Tristan und dieser nickte. Dann sprang er leichtfüßig von der Schaukel, schlenderte auf Elena zu, zog sie von ihrem Reifen hoch und legte ihr wie selbstverständlich den Arm um die Hüfte. »Kino klappt heute leider nicht«, eröffnete er ihr. »Der Roller ist zur Reparatur und außerdem kommt sowieso nichts Gescheites. Aber Jennifer hat sturmfreie Bude und wir wollten uns bei ihr eine DVD reinziehen. Starship Troopers. Bist du dabei?«
Elena starrte ihn einen Augenblick lang perplex an. Der Film war ab achtzehn. Keiner von ihnen hätte ihn sehen dürfen und Elenas Mutter würde in Ohnmacht fallen, wenn sie davon erfuhr. Außerdem war das nicht gerade die Art schöner Abend mit Tristan, die sie sich vorgestellt hatte. Aber irgendwie lockte sie das Angebot auch.
Ein rascher Blick zu Julian und Malin zeigte ihr, dass beide sie aufmerksam beobachteten. Sie wurde schon wieder auf die Probe gestellt. Eine Mutprobe,dachte sie und lächelte zufrieden. Wenn sie dachten, dass Elena kneifen würde, hatten sie sich geschnitten.
»Klar«, antwortete sie. »Klasse Idee.«
Malin klopfte ihr anerkennend auf die Schulter. »Du bist in Ordnung, Kleine.«
Elena hatte erwartet, die gesamte Clique bei Jennifer anzutreffen, aber außer ihr lungerte nur Patrick auf dem Sofa herum, als sie ankamen. Daniel, Lukas und das Mädchen, das Elena nicht kannte, fehlten.
»Setz dich, Kleine!«, forderte Jennifer sie auf und zog sie zu sich auf die Polster. Tristan ließ sich gleich daneben fallen und legte sofort wieder besitzergreifend den Arm um sie. Ihr Herz schlug unwillkürlich etwas schneller. Nie hätte sie gedacht, dass das mit einem Jungen so einfach gehen würde.
Das Wohnzimmer im Haus von Jennifers Eltern war ziemlich klein, verraucht und roch nach dem Bier, das in offenen Flaschen auf dem niedrigen Couchtisch stand. Während Tristan noch nach einer Zigarettenschachtel griff, die neben einem gläsernen Aschenbecher lag, reichte Malin Elena eine der Bierflaschen und Jennifer schob die DVD in das Abspielgerät. Elena umklammerte die Flasche, ohne einen Schluck zu nehmen. Von einem Moment auf den anderen fühlte sie sich einsam und unwohl in Gesellschaft der Älteren. Tristan neben ihr riss mit einer Hand ein Streichholz an der Packung an und entzündete seine Zigarette. Die andere Hand nahm er dabei nicht von Elenas Schulter.
»Auch?«, fragte er und hielt ihr die brennende Zigarette hin. Sie schüttelte den Kopf und fing gleich darauf einen spöttischen Blick von Patrick auf, der sich ebenfalls eine Zigarette ansteckte. Sein Blick wanderte zu Elenas unberührter Bierflasche und er zog die Augenbrauen hoch. Hastig setzte sie die Flasche an die Lippen und würgte einen Schluck hinunter. Es schmeckte widerlich, aber Patrick nickte zufrieden. Unsicher sah Elena zu den anderen.
Doch sobald die ersten Bilder über den Bildschirm flimmerten, lehnten die anderen sich bequem auf ihren Plätzen zurück und beachteten Elena gar nicht mehr. Stattdessen begannen sie, einzelne Szenen des Filmes zu kommentieren und darüber zu diskutieren, wie cool die Schauspieler waren.
Der Film war viel zu blutig für Elenas Geschmack, aber sie zwang sich, zuzusehen und die Bemerkungen der anderen im Gedächtnis zu behalten. Sie wollte später mitreden können. Irgendwann in der Mitte des Filmes schaffte sie es, sich zu Jennifer hinüberzulehnen und ihr zuzuflüstern: »Johnny Rico ist ja
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