Schmetterlingsschatten
Schultern. »Na ja, du bist Tristans Freundin, oder nicht? Schätze schon, dass du dazugehörst.«
Tristans Freundin . Elena schauderte leicht. War sie das? Er hatte sie nicht gefragt, ob sie das sein wollte. Aber da war seine lockere Art, mit ihr umzugehen, sein Arm um ihre Schulter und seine Hand, die ihre umschloss. Sie lächelte versonnen. Tristans Freundin.
»Kannst du kämpfen?«
»Kämpfen?«
»Na ja, dich selbst verteidigen, gegen jemand, der viel größer und stärker ist als du. Ist ganz nützlich, besonders bei solchen Aktionen wie mit den Skins.«
Elena dachte da eher an ihren Verfolger von letzter Woche. Inzwischen glaubte sie immer mehr, ihn sich nicht eingebildet zu haben. Wenn sie sich hätte wehren können, wäre die Angst vielleicht nicht so schlimm gewesen. Sie schüttelte den Kopf.
»Soll ich’s dir beibringen? Hab mal einen Kurs gemacht.«
Elena strahlte. »Das wäre cool.«
Bevor Malin etwas antworten konnte, steckte Patrick den Kopf zur Küchentür herein. »He, seid ihr Mädels in der Küche eingepennt? Der Film ist gleich aus und wir wollten noch eine Runde ins Klubhaus, bevor Jennifers Alte hier aufkreuzen.«
»Wir kommen schon.« Malin straffte sich und setzte wieder ihr leicht gelangweiltes, überlegenes Gesicht auf. »Hatten wichtige Frauensachen zu besprechen.«
Elena hatte einen sarkastischen Kommentar erwartet, doch Patrick lächelte nur leicht irritiert und zog sich dann zurück.
»Komm!«, sagte Malin laut, »die vermissen uns schon.« Doch bevor sie ins Wohnzimmer traten, legte sie Elena die Hand auf den Arm und murmelte: »Pass auf dich auf, ja? Lass dich nicht unterkriegen.« Sofort danach ließ sie die Hand sinken und schob sich an Elena vorbei zu den anderen. Elena hatte keine Chance, sie zu fragen, was sie gemeint hatte.
Den restlichen Abend verbrachten sie gemeinsam im Klubhaus der Clique. Die ganze Zeit über wich Tristan nicht von ihrer Seite. Wenn sie ihr Glas leer getrunken hatte, füllte er es nach, wenn sie vor die Tür Luft schnappen ging, begleitete er sie und ab und zu, wenn er sich unbeobachtet glaubte, strich er Elena sanft über den Rücken. Jedes Mal, wenn er das tat, spürte Elena ein Flattern in ihrem Bauch, wie von Schmetterlingsflügeln. Tristans Freundin. Sie fragte sich, wie es wohl wäre, von einem Jungen geküsst zu werden, aber Tristan machte keine Anstalten, das zu tun.
Als sie daran dachte, auf die Uhr zu sehen, war es bereits kurz nach halb zwölf. Erschrocken sprang sie auf.
»Oh Mann, ich sollte längst zu Hause sein. Meine Mutter wird mich umbringen.« Sie hielt es zwar für wahrscheinlicher, dass sie die Polizei angerufen und einen Suchtrupp organisiert hatte, aber das konnte sie den anderen schlecht erklären. Die wussten ja nicht, wie ihre Mutter drauf war. Die Realität klang viel zu sehr nach kleinem, behütetem Mädchen.
»Soll ich dich nach Hause bringen?« Sofort war Tristan wieder neben ihr und sah sie besorgt an. »Ich kann ja mit deiner Mutter reden.«
Für einen Augenblick stellte Elena sich vor, wie es wäre, ihrer Mutter Tristan als ihren neuen Freund vorzustellen. Sie konnte schlecht vor anderen Leuten mit ihr schimpfen, oder? Doch dann beschloss sie, dass dies wohl nicht gerade der beste Zeitpunkt war.
»Bis zur Straßenecke, ja?«
Er sah enttäuscht aus, aber er nickte. »Dann bis später«, rief er in den Raum, bevor er Elena nach draußen folgte.
Der Wald war unheimlich dunkel um diese Zeit und sehr still. Ihre Schritte klangen erschreckend laut durch die Nacht und mehr als einmal fuhr Elena zusammen, weil ein Ast unter ihren Füßen knackte. Tristan hatte ihre Hand wieder fest umschlossen und drückte sie ermutigend. Elena war froh, nicht alleine zu sein. Hier ganz in der Nähe hatten sie die Leiche gefunden. Sie schauderte.
»Glaubst du, dass hier ein Mörder herumläuft?«, fragte sie Tristan. Sie flüsterte, es kam ihr irgendwie sicherer vor.
»Warum sollte?« Auch er sprach gedämpft, was nicht gerade zu Elenas Wohlbefinden beitrug. Ängstlich sah sie sich um. Weit konnte sie nicht sehen, die Bäume standen zu dicht und ließen kaum Mondlicht hindurch, doch sie meinte, im Augenwinkel einen Schatten huschen zu sehen. Ein lautes Knacken aus derselben Richtung ließ sie zusammenfahren. Unwillkürlich drängte sie sich enger an Tristan.
»Es gab doch dieses tote Mädchen. Und dann Lauras Unfall. Vielleicht hat es jemand auf junge Mädchen abgesehen.« Es fühlte sich gut an, darüber zu sprechen, als
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