Schmetterlingsschatten
wollte. »Hör mal… das ist vielleicht keine so gute Idee«, begann sie und brach dann ab, um nach Worten zu suchen.
Tristan lachte und schlang wieder seine Arme um sie. »Warum denn nicht? Schließlich bin ich dein Freund. Ich bin sicher, sie möchte gerne wissen, mit wem ihre Tochter ausgeht.«
Elena seufzte. Sie musste es wohl mit der Wahrheit versuchen. Zumindest mit der halben Wahrheit. Denn wie konnte sie ihm klarmachen, dass sie ihn selbst verdächtigte? Sie wand sich aus seiner Umarmung und sah ihn ernst an. »So einfach ist das nicht. Meine Mutter… hält nicht besonders viel von dir. Um ehrlich zu sein, sie hat mir verboten, dich zu treffen.« Jetzt war es heraus. Verzeihungsheischend lächelte sie Tristan an. Der machte ein nachdenkliches Gesicht.
»Meinst du nicht, dass ich sie vielleicht umstimmen kann, wenn sie mich erst einmal kennt?«, fragte er. »Wir könnten es zumindest versuchen, oder? Ich kann ihr ein Geschenk kaufen, was mag sie denn so?«
Elena schüttelte nur den Kopf. »Ich weiß nicht, ob das klappt. Aber wennschon, dann bestimmt nicht heute. Ich denke, es ist besser, wenn ich sie langsam darauf vorbereite, weißt du?«
»Schade.« Er sah ehrlich bekümmert aus. »Aber wenn du meinst, dass es besser so ist… Sehen wir uns dann heute Abend? Klubhaus?«
Elena war versucht zuzusagen. Mit den anderen zusammen abzuhängen, würde vielleicht die trüben Gedanken aus ihrem Kopf vertreiben. Aber ihre Mutter war immer noch misstrauisch und Elena war auch noch viel zu durcheinander vom Wochenende. Sie glaubte nicht, dass sie einfach so abschalten konnte. Sie wollte heute alleine sein. Endlich herausfinden, was wirklich mit Laura geschehen war.
»Sorry, heute nicht. Die Tage vielleicht?«
»Okay, dann aber morgen. Versprich’s mir, bitte! Es ist doch Lehrerkonferenz, da haben wir den ganzen Tag frei. Wir könnten noch mal zum See fahren. Oder ins Kino, wenn du willst. Versprochen?«
»Versprochen.« Aber sie hatte schon wieder ein schlechtes Gewissen dabei. Sie war sich nicht sicher, ob sie das Versprechen halten konnte. Und ob sie es überhaupt wollte. Warum hatte er eigentlich so großes Interesse an ihr? War das am Ende doch alles gespielt?
Als sie in ihre Straße einbog, sah sie Vanessas Freund, der es sich auf seinem Roller bequem gemacht hatte und ihr zugrinste. Sie spürte, wie ihre Knie weich wurden. Was tat der denn hier? Sie wies sich selbst zurecht. Sie musste aufhören, überall Bedrohungen zu sehen.
»Was willst du?«, begrüßte sie ihn unfreundlich.
»Ach, nichts Bestimmtes. Hab nur gehört, dass du seit Neuestem Vanessa hinterhertelefonierst. Was gab es denn so Wichtiges?« Er grinste. »Habe ich dich dermaßen beeindruckt, dass du dich schon an meine Freundin ranmachen musst, um mich kennenzulernen?«
»Träum weiter, du Penner!« Es sollte cool klingen, kam aber viel zu leise heraus. Sie erinnerte sich an die Drohbriefe, die Laura angeblich bekommen hatte. Wenn dieser Kerl irgendwie in die ganze Sache verwickelt war, konnte er bestimmt gefährlich werden.
Er lachte, aber es klang etwas falsch. »Na komm schon, deine ganze Familie ist doch hinter mir her. Laura konnte auch schon nicht die Finger von mir lassen.« Demonstrativ richtete er sich auf, sodass sie seinen muskulösen Körper sehen konnte.
Elena starrte ihn mit einer Mischung aus Angst und Neugier an. »Was hattest du mit Laura zu tun?«, fragte sie leise und dieses Mal ganz freundlich.
Er schien überrascht, dass sie so höflich war, und lächelte. Das stand ihm, er sah sofort viel sympathischer aus. »Na ja, eine Zeit lang ist sie mit uns durch die Gegend gezogen, letztes Jahr. Wollte mich unbedingt überreden, mich an einem Realschulabschluss zu versuchen.« Er sah verlegen aus, als er das sagte, beinahe, als wäre ein besserer Schulabschluss etwas Peinliches.
»Und, was habt ihr so gemacht, als ihr durch die Gegend gezogen seid?«, fragte Elena lauernd. Irgendeinen Grund musste der Kerl ja haben, genau jetzt vor ihrem Haus herumzulungern, vielleicht wollte er sich davon überzeugen, wie viel sie schon wusste. Und richtig, seine Antwort fiel äußerst ausweichend aus.
»Dies und das. Wüsste nicht, was dich das angeht.« Er sah sie misstrauisch an, dann zog er unvermittelt seinen Helm über den Kopf. »Ich muss los.«
Ohne ein Wort des Abschieds zischte er ab. Elena hatte ein mulmiges Gefühl im Bauch, als sie ihm hinterhersah. Hatte sie sich verraten? Wusste er, dass sie etwas herausgefunden hatte?
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