Schmetterlingsschatten
hinauf in ihr Zimmer. Dort setzte sie sich aufs Bett und trank erst einmal einige tiefe Schlucke. Es ist sinnlos, dachte sie, bei dieser Hitze kann ich einfach nicht schlafen.
Sie stellte die Flasche weg, stieg aufs Bett und schob das Dachfenster noch ein Stück weiter auf. Dann zog sie sich kurz entschlossen auf das Dach hinauf.
Ein wunderbarer, klarer Sternenhimmel spannte sich über ihr. Eine leichte Brise strich durch die Nacht und raschelte in den Wipfeln der Bäume. Elena drehte ihr erhitztes Gesicht in den Wind und ließ sich die Wangen kühlen. Befreit atmete sie tief durch. Alles war so friedlich in der Dunkelheit.
Barfuß tappte sie zum Schornstein und lehnte sich dagegen. Dann schloss sie die Augen und genoss die Nachtgeräusche.
Leise, schnelle Schritte auf der Straße und ein unterdrückter Fluch schreckten sie auf. Sie schlug die Augen auf und spähte auf den Gehweg herunter.
Zwei Gestalten huschten geduckt die Straße entlang, blieben ab und zu stehen, um sich vorsichtig umzusehen, und näherten sich auf diese Weise langsam ihrem Haus. Einer von ihnen war an Bachmanns Hecke hängen geblieben und hatte sich ein Stück seines dunklen Pullovers abgerissen.
Elenas Puls beschleunigte sich. Jemand versuchte also immer noch, ins Haus zu kommen. Sie blieb ganz ruhig sitzen, bemühte sich, flach zu atmen, und ließ die beiden Gestalten nicht aus den Augen. Bestimmt zum hundertsten Mal wünschte sie sich, ein Handy zu haben, mit dem sie jetzt die Polizei hätte rufen können.
Wie elektrisiert starrte Elena auf die Einbrecher hinunter. War Vanessas Freund mit Verstärkung zurückgekommen? Oder war es doch Tristan? Und was wollten sie hier? Sie zum Schweigen bringen? Eine kalte Hand schien sich um ihr Herz zu legen und es einmal kräftig zusammenzudrücken. Waren sie gekommen, sie zu holen, wie Laura? Würden sie ihrer Mutter etwas tun? Elena versuchte, die Entfernung zur Dachluke zu schätzen. Ob sie es zum Telefon schaffte, bevor die beiden im Haus waren? Sie überlegte, ob sie laut losschreien sollte, aber ihr Hals war wie zugeschnürt.
Inzwischen hatten die beiden Gestalten das Haus erreicht und begannen damit, es zu umrunden. Leise ging Elena in die Hocke, stand dann geduckt auf und huschte über das Hausdach, damit sie die beiden nicht aus den Augen verlor. Sie wusste nicht genau, woher sie den Mut dazu nahm, aber es wäre noch unerträglicher gewesen, nicht zu wissen, wo sie waren.
Auf der Rückseite fanden sie, was sie suchten: Das Küchenfenster. Elenas Mutter musste vergessen haben, es zu schließen. Einer der beiden Einbrecher half dem anderen ins Haus und kletterte dann erstaunlich schnell hinterher. Elenas Herz schlug noch schneller. Spätestens jetzt sollte sie eigentlich ihrer Mutter Bescheid sagen oder die Einbrecher aufschrecken oder zum Telefon schleichen.
Aber irgendetwas hielt sie davon ab. Sie wollte wissen, was die beiden hier suchten. Doch wahrscheinlich war es klug, sich zumindest in die Nähe des Telefons zu begeben.Leise huschte sie zu ihrem Fenster und lauschte in das dunkle Zimmer hinab.
Das Haus war ruhig. Entweder die beiden Einbrecher verstanden ihre Arbeit oder Elenas Zimmertür dämpfte die Geräusche zu sehr. Sie wollte sich gerade wieder auf ihr Bett herunterlassen, als ein Lichtschein aufs Dach fiel. Überrascht zuckte Elena zusammen und zog sich rasch wieder vom Fenster zurück. Dann blickte sie um sich. Woher kam dieses Licht?
Eines der Dachfenster glühte in einem warmen gelben Schein. Verwirrt starrte Elena auf das erleuchtete Viereck. Es kam ihr nicht besonders vorsichtig von den Einbrechern vor, Licht zu machen. Wenn jemand in dem Zimmer war, würde er sie sehen. Dann registrierte sie erst, um welches Fenster es sich handelte.
Laura. Sie sind in Lauras Zimmer. Sie wissen, dass sie dort niemand überraschen werden, wenn sie das Licht anmachen.Ein Schauer überlief ihren Körper, doch seltsamerweise hatte sie kaum noch Angst. Sie war nur aufgeregt und neugierig. Wenn die beiden ihr etwas tun wollten, wären sie wohl kaum in Lauras Zimmer gegangen. Was also wollten sie?
Vorsichtig robbte sie auf Händen und Knien zu dem erleuchteten Fenster. Ganz langsam schob sie den Kopf über den Rand und spähte hinab. Sie konnte die beiden Gestalten sehen, wie sie sich langsam und bedächtig durch Lauras Zimmer bewegten. Beide hatten dunkle Kapuzen übergezogen, sie konnte nicht sehen, wer es war. Einer von ihnen zog die Schubladen des Schreibtischs auf und wühlte in den
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