Schmetterlingsscherben
die Decke ein Stück zurück, damit er mit darunter kriechen konnte und ich meine Füße unter sein Bein schieben konnte.
«Das kommt, weil du so abgemagert bist», neckte er mich jetzt und zog mich in seinen Arm.
«Ich hab vorhin richtig viel gegessen, ja?!», rief ich empört, vergrub mein Gesicht aber trotzdem an seiner warmen Brust und in seinem Pullover.
«Ja, ich war dabei. War schwer beeindruckt», lachte er nun.
«Darf ich dich mal was fragen?», flüsterte ich nun, weil mir das die ganze Zeit schon im Kopf herumspukte.
«Klar, raus damit», forderte Lennard und ich zog meinen Kopf nach hinten, um ihn dabei ansehen zu können. «Wieso war es so wichtig, dass ich Hoya verlasse? Ich weiß, du hast das gemacht, um mich zu schützen, aber ich verstehe nicht so ganz, wieso. Damit ich wegkomme von deinem Vater?»
«Auch. Aber du vergisst die Prophezeiung. Alle Paranormalen haben sich auf diese Aussage gestützt, die damals der Präkognit gemacht hat. Und die besagte nun mal, dass der nächste Anthropomorph in einem 4000-Seelen-Ort zur Welt kommt. Also warst du in Hannover sicher, weil dort nie jemand nach dir suchen würde.»
«Hat es aber. Sie haben mich da gefunden, oder nicht? Jedenfalls, wenn deine Vermutung richtig ist.»
«Ich schätze, weil irgendeiner dann doch mal weitergedacht hat und auf die Idee gekommen ist, dass du nach deiner Geburt rein theoretisch überall hingezogen sein könntest. Vermutlich haben sie dich über die Klinik gefunden. Auf den Gedanken bin ich schon gekommen, als ich dich dort aus den Fingern dieses Gestaltwandlers befreit habe. Es ist nur logisch, dass sie Psychiatrien und ähnliche Einrichtungen nach Mustern abgesucht haben, die zu einem Anthropomorphen passen würden. Dadurch müssen sie irgendwann auf dich gestoßen sein. In deinen Akten steht sicherlich eine Menge darüber, dass du Gegenstände reden hörst.»
«Ich hab noch eine Frage.» Ich sah ihn groß an und Lennard grinste flüchtig. «Du hast ja auch eine Menge zu verarbeiten, mein neugieriges Äffchen.»
«Deine Cousins... Die haben mich doch auf der Party gesehen, mit den Schmetterlingen. Da müssen die doch schon gewusst haben, dass ich es bin!»
Lennard nickte. «Ja, dachten sie auch. Ich hab sie ziemlich bequatscht und gemeint, es könnte genauso gut Dora sein, die die Schmetterlinge erweckt hat. Also hab ich sie dazu überredet, sich an sie zu heften, während ich angeblich dich beschatten würde. Das hat zumindest eine Zeit lang funktioniert.» Er schnitt eine Grimasse.
«Und wieso hast du mir nicht gleich alles erzählt, als ich wieder in Hoya war? Dann hätten wir zusammen abhauen können, ohne dass es irgendwer bemerkt hätte.»
«Weil du mich gehasst hast und mir nicht zugehört hättest. Ich hab versucht, erst wieder dein Vertrauen zu gewinnen und danach wollte ich einige Male mit dir reden, aber es ist immer etwas dazwischen gekommen. Als wir beim Baumhaus waren, zum Beispiel.»
«Richtig, deine Feuerattacke!» Ich grinste breit. «Kannst du es mir zeigen?»
«Was?»
«Na deine Fähigkeiten.»
Lennard lachte leise und hob seine Hände vor uns hoch. Gebannt starrte ich darauf und sah dabei zu, wie sich aus seinen Handflächen Flammen bildeten und in seinen Händen emporstiegen.
«Wow», hauchte ich leise und blickte fasziniert in das Feuer. «Kannst du dich gar nicht verbrennen?»
«Nein. Ist ein bisschen so, als wäre Feuer ein Teil von mir und ich von ihm.» Er schloss die Hände und die Flammen erloschen im Nu wieder. «Noch irgendwelche Fragen?»
«Wie kommt es, dass Janus ausgerechnet an meinem Haus hing? Wenn er doch so einzigartig und selten ist?»
Lennard lachte los. «Das ist kein so großer Zufall, wie du vielleicht denkst. Das Haus gehörte meinem Großvater und nach dem Tod meines Vaters letztendlich mir. Ich habe es an deinen Vater vermietet, als der mir sagte, du würdest zurückkommen und er bräuchte eine größere Bleibe.»
«Wieso?»
«Weil Janus zumindest ein bisschen Acht auf dich geben konnte», erklärte er schulterzuckend. «Er ist ein guter Schutzpatron.»
«Bist du nie auf die Idee gekommen, dich in den fünf Jahren bei mir zu melden?», fragte ich weiter. Mir schwirrten so viele Dinge im Kopf herum, dass ich völlig zusammenhanglos von einer Sache zur nächsten sprang. Lennard seufzte laut auf. «Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie oft ich kurz davor war, einfach nach Hannover zu fahren und dich zu besuchen. Oder dich anzurufen. Du hast mir so wahnsinnig
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