Schmetterlingsspiegel (Keshevra's Queendom) (German Edition)
„du gefällst mir.“ Erneut errötete sie und diesmal hielt er sie nicht auf, als sie erwiderte: „Ich finde dich auch nicht ganz übel!“
Es war seltsam, kaum sprach sie es aus, hatte sie ein schlechtes Gewissen. Aidan schob sich vor ihr inneres Auge, und wie er sie angesehen hatte, als er Scary Gary ihr zuliebe aufgenommen hatte. Das war das letzte Mal gewesen, dass sie ihn gesehen hatte, und er schien es gewusst zu haben. In ihrem Herzen war seitdem ein wunder Punkt, und sie fragte sich, ob er auch noch an sie dachte oder die Menschenfrau längst vergessen hatte, die er in seine Welt gezogen und die dort so viele Schwierigkeiten gemacht hatte. Zumindest wenn man Herne glaubte, denn sie fand eigentlich nicht, dass es so schlimm gewesen war. Vor allem war es nicht wirklich ihre Schuld, nichts davon. „Sabrìanna?“ drang Ethans Stimme in ihre Gedanken vor und holte sie in diese Welt zurück, „träumst du wieder?“ „Entschuldige… schlechte Angewohnheit, diese Tagträumerei!“ erwiderte sie verlegen, noch mehr, als er scherzte: „Na, so lange du von mir träumst dabei, ist ja alles in bester Ordnung!“ Wieso konnte sie den Drachen nur nicht vergessen? Weil er ihr immer noch einen Flug schuldete? Weil alles so märchenhaft und besonders gewesen war, so unglaublich und doch so echt, atemberaubend und faszinierend? Doch es war nicht die Welt, nach der sie Sehnsucht hatte, es war dieser Drache. Was an sich schon extrem lächerlich war, sie war ein Mensch, er ein geflügeltes Ungetüm, wie sollte sich da etwas entwickeln können, selbst wenn sie zurück könnte? Abgesehen davon war sie doch gerade mit einem höchst sympathischen jungen Mann zusammen, der zugegeben seine Macken hatte und nicht so uneingeschränkt traumhaft war, wie sie zuerst dachte. Aber er war ein Mensch und als solcher liebenswert – und vor allem jetzt gerade da. Rigoros schob sie den Gedanken an Aidan beiseite und konzentrierte sich wieder auf Ethan, beschämt über ihre eigene Unentschiedenheit und Inkonsequenz.
Der beobachtete sie noch immer mit einem seltsamen Schmunzeln um die Mundwinkel, wieder schien es ihr, als wüsste er, an was sie dachte, und spürte Hitze in ihre Wangen steigen. Sein Blick fokussierte sich auf ihre Lippen, und die Hitze verteilte sich in ihrem gesamten Körper. Ob er sie endlich küssen würde? Wollte sie das auch wirklich? Sie küsste gern und war sich fast sicher, dass er es gut beherrschen würde, sehr gut sogar, dem Schwung seiner Lippen nach zu urteilen. Ohne dass sie es merkte, drifteten ihre Gedanken erneut ab. Könnte sie aufs Küssen denn verzichten in einer ansonsten perfekten Beziehung? Wäre sie, ganz hypothetisch gesehen, mit jemandem zusammen, der nicht menschlich war, dann wäre dies nicht möglich. Solch körperliche Nähe, diese Art des Ausdrucks der Liebe zwischen zwei Wesen… könnte sie das? Würde es ihr am Ende nicht furchtbar fehlen und sie unglücklich machen? Schließlich dachte sie bei Ethan schon dauernd: „Warum tut er es nicht endlich!“, sehnte sich danach, dass er diesen Schritt tat. Denn das tat sie, das wurde ihr in diesem Augenblick klar. Ihr Blick änderte sich, ihre Haltung wurde weicher, und sie lehnte sich ihm entgegen, alles andere versank im Nebel der Bedeutungslosigkeit. Wenn er es nicht tat, würde sie es eben tun, sie war eine emanzipierte Frau, sie musste nun wirklich nicht warten, bis er den ersten Schritt machte. Ethans Pupillen weiteten sich leicht, und auch er kam ihr entgegen. „Du hast da… Mayonnaise!“ murmelte er und wischte ihr mit dem Daumen leicht über den Mundwinkel, doch sein Blick war in ihren versunken, und ihr Herz schlug so laut, dass sie glaubte, er müsse es hören können.
Aidan verschwand aus ihren Gedanken, sie vergaß die Anderswelt, war voll und ganz im Hier und Jetzt. Ihre Augen fielen bereits leicht zu in Vorfreude auf den Kuss, der unaufschiebbar bevorstand... als plötzlich ein heftiger Donner die Stille zerriss. Ethans Kopf zuckte herum, und Sabrìanna hätte fluchen können. Ausgerechnet jetzt. Doch stattdessen erschrak sie, als sie die Sturmfront sah, die sich da übers Meer auf sie zu wälzte. Blitze zuckten über den schwarz gewordenen Himmel, und die Wellen schäumten vor aufgepeitschter Gischt. „Schnell!“ rief Ethan, doch es wäre gar nicht nötig gewesen, sie war bereits auf den Füßen. Hastig warf sie die Reste des Picknicks in den Korb und schnappte sich diesen, während er sich die Decke griff,
Weitere Kostenlose Bücher