Schmetterlingsspiegel (Keshevra's Queendom) (German Edition)
willst uns beide, mich, den Drachen, und mich, …“ Ihr schriller Wutschrei unterbrach seine Worte, und schon riss sie die Beifahrertür auf und stürzte sich in die Regenfluten hinaus, rannte durch das Unwetter, trotz Blitz und Donner und einer Sichtweite von weniger als zwanzig Zentimetern. „Sabrìanna! Warte!“ Das ging alles viel zu schnell für den Drachen, doch bevor er ihr nachhechten konnte, gab Scary Gary ein erschrockenes: „Oh-oh!“ von sich und richtete sich wieder auf. „Was denn? Hast du nicht schon genug angerichtet?“ knurrte er ihn an, doch da spürte er ebenfalls den Sog, und so sehr er sich auch dagegen wehrte, die beiden wurden durch den Spiegel zurück in ihre Welt gezogen, keine Chance, Sabrìanna zu folgen.
Die glaubte, ein langgezogenes „Neiiiin!“ zu hören, doch sie rannte einfach weiter, Enttäuschung und Wut trieben sie vorwärts, und sie überließ sich diesen hysterischen Gefühlen blind. Der Wolkenbruch hatte sie in Sekundenschnelle durchweicht, doch sie merkte es gar nicht, der Tränenschleier vor ihren Augen ließ sie den Regenschleier vor ihrer Nase gar nicht sehen. Erinnerungsfetzen jagten einander in ihren Gedanken, Ethan am Strand von Waterville, wie er gelogen hatte, gelogen, was er war, wie er lebte – Aidan, als er sie zum ersten Mal in die Anderswelt holte, die Enttäuschung in seinem Blick, als hätte sie ihn erkennen müssen – die Kopfschmerzen bei dem Festival, hervorgerufen durch den rotblonden Geiger, Ethan natürlich, aber sie hatte ihn nicht erkennen können, denn ihre Erinnerungen waren ja gelöscht worden. Nur nicht gut genug, sie hatte sich erinnert, war zurückgekehrt, zu Aidan, und der hatte den Teufel getan, ihr die Wahrheit zu gestehen. Hatte ihr etwas vorgegaukelt und dann? War er als Ethan zu ihr zurückgekommen und hatte sie weiter belogen, eiskalt, absichtlich. Ob er sich wohl sehr über sie amüsiert hatte? Sie schluchzte auf, es tat so furchtbar weh. So fühlte es sich also an, wenn einem das Herz gebrochen wurde. Horror, jetzt konnte sie nachvollziehen, dass man dann sagte, man wolle nicht mehr leben, auch wenn sie das immer für übertrieben gehalten hatte. Seine Worte klangen in ihren Ohren, als sie von der Möglichkeit gesprochen hatte, dass in alten Zeiten die mystische Welt viel näher gewesen war als jetzt. Wie er sich darüber lächerlich gemacht hatte. Dabei wusste er, wusste ganz genau, dass es so war, damals und heute noch immer. Abrupt blieb sie stehen, und ihr Schmerz verwandelte sich in ungezügelte Wut, eins so überzogen wie das andere. Sie wischte sich mit dem Handrücken über das Gesicht und schnaubte. Elender Lügner! Zu gut um wahr zu sein, absolut! Nein, sie würde ihm nicht die Genugtuung geben und seinetwegen weinen. Nicht eine Träne mehr. Sie war dumm genug gewesen, auf ihn herein zu fallen, doch das war vorbei. Ihr Brustkorb hob und senkte sich, als sie tief durchatmete, und als wäre das ein Zeichen, brach ein Sonnenstrahl durch die Wolken. Das Unwetter war vorüber.
Mit einem Ruck wendete Sabrìanna sich um und marschierte den Weg zurück, den sie gekommen war. Sie würde ihm die Meinung geigen und ihn dann nie wieder sehen. Sollte er sich wagen, sich zu entschuldigen, würde sie ihm ins Gesicht lachen. Sie würde nicht zerbrechen, nur weil die beiden Männer, in die sie sich verliebt hatte, ein und derselbe waren und alles andere als wert, dass sie ihnen ihre Liebe schenkte. Sie würde nicht länger ein Spielball zwischen den Welten sein, sie würde ihr Leben wieder selbst in die Hand nehmen und darüber hinweg kommen. In ihrem Kopf legte sie sich bereits die Rede zurecht, die sie ihm halten würde. Eine Rede, die ihn völlig überwältigen würde, die er nie vergessen würde, an die er immer zurückdenken würde, wenn er sich an sie erinnerte. Und das würde oft sein, denn sie würde ihm vor Augen führen, was er alles hätte haben können und durch seine eigene Schuld verloren hatte. Weil er nicht ehrlich gewesen war, sondern mit ihr gespielt hatte. Erneut spürte sie den Stich in ihr Herz bei dem Gedanken, doch sie straffte sich und stapfte weiter durch den Matsch. Nein, sie würde ihm nicht zeigen, wie sehr sie darunter litt. Das würde vorbei gehen. Sie würde ihm sagen, sie hätte die Zeit und die Abkühlung durch den Regen gebraucht, damit sie ihn nicht direkt und auf der Stelle umbringen musste. Die Erklärung gefiel ihr, und fast rang sie sich schon zu einem triumphierenden Lächeln durch, doch
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