Schmetterlingsspiegel (Keshevra's Queendom) (German Edition)
es verschwand sofort wieder, als sie das Auto erreichte und es absolut leer vorfand. Die Beifahrertür noch offen, der Picknickkorb direkt davor auf dem Boden, der Inhalt halb ausgekippt. Kein Mann, kein Hund, kein Drache zu sehen.
Sie sah sich um, überlegte, ob sie rufen sollte, doch ihr war eigentlich direkt klar, dass ihr die beiden nicht nachgekommen waren. Sie waren einfach wieder nach Hause gegangen. Während sie mit den Unbilden der Natur gekämpft hatte, ihr sonst etwas hätte passieren können – vom Blitz getroffen oder vom Sturm die Klippen hinunter geweht – waren die beiden gemütlich heimgegangen. Jetzt gönnten sie sicher ein leckeres Steak, während sie sich über das naive Menschlein amüsierten, das so toll auf sie hereingefallen war. Kraftlos ließ sie sich auf den regendurchtränkten Beifahrersitz sinken und kämpfte gegen die Tränen, die erneut hervorquellen wollten. Wie sollte man eine solche Achterbahn der Gefühle auch verkraften, bitte? Da müsste man schon ein Übermensch sein, und sie war vielleicht stark, aber nicht übermenschlich. Es dauerte eine lange Zeit, bis sie sich aufraffen konnte, etwas zu tun. Doch am Ende sammelte sie mit langsamen, ruckartigen Bewegungen die Reste des Picknicks ein und warf sie in den Kofferraum. Der war übrigens vollkommen funktionsfähig, noch eine Lüge also. Der Schlüssel steckte noch immer, also atmete sie tief durch, stieg ein und machte sich auf den Heimweg. Müde und erschöpft und so durch den Wind, dass sie statt zurück nach Waterville auf direktem Wege nach Dublin fuhr. Wie sie schlussendlich zuhause angekommen war, das wusste sie hinterher nicht mehr zu sagen, erinnerte sich auch nicht daran, die nassen Sachen ausgezogen zu haben oder ins Bett gefallen zu sein. Doch als ihre Tante Lindy am nächsten Tag nach Hause und gleich bei ihr vorbei kam, lag Sabrìanna dort im tiefen Schlaf, geschüttelt von 40 Grad Fieber und ohne die geringste Erklärung für irgendetwas.
Kapitel 16: Aus und vorbei...
Es dauerte über eine Woche, bis Sabrìanna die Erkältung überstanden hatte: Fieberschübe, Gliederschmerzen, Husten, Schnupfen und ein Kopf, der zu explodieren schien. Doch sie hätte diese Tortur gern noch eine Woche verlängert, um zu verhindern, dass eben dieser Kopf wieder klar wurde und die Erinnerung zurückkehrte an das, was geschehen war. Die Woche in Waterville, die wundervolle Zeit mit Ethan. Wem wollte sie etwas vormachen? Wo sie zuvor schon interessiert und von ihm angezogen gewesen war, dort hatte sie sich ernsthaft in ihn verliebt. Auch wenn die Erinnerung an Aidan sie die ganze Zeit gestört hatte. Auch wenn der Drache einen großen Teil ihrer Gedanken beherrscht hatte. Auch wenn sie sich zwischen den beiden hin und her gerissen gefühlt und gelitten hatte wie die Heldin in einem Schnulzenroman, die sich zwischen zwei wundervollen Kerlen nicht entscheiden kann. Auch wenn das etwas war, das sie selbst immer dumm und daneben gefunden, so ein Buch im Zweifelsfall sogar einfach aus der Hand gelegt hatte. Man sollte doch wirklich wissen, für wen sein Herz schlug, dass man nicht zwei Männer in der Schwebe halten und beide unglücklich machen musste. Sie hatte nie gedacht, dass sie je in so eine Situation kommen würde. Doch das Schlimmste war, am Ende zu erfahren, dass sie sich damit völlig lächerlich gemacht hatte. Dass die beiden Männer (oder richtiger gesagt männlichen Wesen), durch die sie einmal in die eine und einmal in die andere Richtung gezogen worden war, dass diese beiden ein und derselbe waren. Nie die Notwendigkeit bestanden hatte, sich zu entscheiden. Doch Ethan hatte sie angelogen und Aidan hatte es ihr verschwiegen, egal wie sie es drehte und wendete, sie war verarscht worden. So hart musste sie es ausdrücken, wenn sie ehrlich mit sich selbst sein wollte. Doch hatte er wirklich etwas dafür gekonnt? Sicher gab es Regeln und Verbote, an die er gebunden war. Sie war nicht von seiner Welt, sie hätte eigentlich gar nicht dort sein sollen, den Drachen gar nicht kennen lernen dürfen.
Bei diesem Gedanken erfüllte sie ein Gefühl unendlichen Verlustes. Sie wäre mit Ethan glücklich geworden, da war sie sich sicher. Aber wenn sie Aidan nie kennen gelernt hätte, hätte sie nie gewusst, was er in Wirklichkeit war. Hätte eine Illusion geliebt, ein Trugbild. Das wäre wirklich unfair gewesen, und sie war Scary Gary im Grunde ihres Herzens dankbar dafür, dass er den auf einer Lüge aufgebauten
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