Schmetterlingstod: Kriminalroman (German Edition)
Alexander heißt. Alexander Romtschev. Was mich aber nicht misstrauisch
machte. Im Gegenteil, das ließ alles nur umso aufregender erscheinen. Ich war wie
ein Kind, das zum ersten Mal Süßigkeiten naschte und immer mehr wollte.«
»Ich habe
von den Süßigkeiten gehört.«
»So?«
»Drogen.
Kokain, nehme ich an.«
»Ach, scheiß
auf die Drogen. Es war nicht nur das, es war alles. Spontane Fahrten nach Paris,
einfach so. Ein Wochenende im besten Hotel, nur Moja und ich. Partys, Spaß, Champagner.
Alles – bloß kein Alltag. Das Gegenteil von Alltag.«
»Leider
gibt’s die Süßigkeiten nicht umsonst.«
Der Blick,
der aus ihren eindrucksvollen Augen zu ihm herüberschoss, wurde hart, und in diesem
Moment war keinerlei Ähnlichkeit zwischen ihr und Laura sichtbar. »Nichts ist umsonst.«
Und mit leiserer Stimme fügte sie an: »Nicht einmal das machte mir etwas aus. Ich
war keines der billigen Flittchen, sondern der Edelstein der Sammlung. So hat Moja
es einmal gesagt. Wahrscheinlich war ich zugedröhnt, denn ich dumme Kuh habe mir
sogar was darauf eingebildet. Anstatt ihn und vor allem mich selbst zu verachten.«
»Dass du
eine dumme Kuh bist, kann ich mir nicht vorstellen.«
»Es hat
auch nichts mit Dummheit oder Intelligenz zu tun, sondern eher mit Langeweile. Damit,
dass man von sich selbst und jedem einzelnen Tag irgendwie angeödet ist.«
Hatte Alex
nicht etwas Ähnliches gesagt? »Langeweile soll wirklich der einzige Grund sein …?«
»Ich weiß«,
unterbrach sie ihn, »dass sich das lächerlich anhört. Es ist gar nicht so schwer,
seinen Kopf auszuschalten und sich dem Spaß hinzugeben. Einem Leben, wie es die
normalen Leute nicht führen.«
»Nur, dass
der Spaß irgendwann aufhört.«
»Irgendwann
wacht man morgens auf, und der Schädel brummt stärker als sonst. So stark, dass
man ihn am liebsten gegen die Wand schlagen will. Und wenn man das gemacht hat,
fängt man sogar wieder an zu denken. Es ist wie beim Fahrradfahren. Man fährt jahrelang
nicht, aber wenn man ein paarmal in die Pedale tritt, geht’s wie von allein. Das
Denken kann man eine Weile betäuben, man verlernt es jedoch nicht.«
»Und weil
du nicht mehr bei Moja mitspielen wolltest«, warf John skeptisch ein, »solltest
du …?«
»… sterben«,
schnitt sie ihm erneut so resolut das Wort ab, wie das ansonsten die Spezialität
ihrer Schwester war. Sie hob kurz die Schultern, maß ihn mit einem schwer zu ergründenden
Lächeln. »Das Ganze war kein Spiel, das wurde mir endlich klar. Das Ganze war kein
Süßigkeitengeschäft, aus dem man einfach nach draußen auf die Straße spaziert, wenn
man genug gefuttert hat. Vor allem dann nicht, wenn man Mojas kleine Prinzessin
war. Ich wusste zu viel über ihn und die anderen, mehr als die übrigen Frauen, denn
ich war ihm nahe gekommen. So nahe, dass es unmöglich wurde, wieder Abstand zu ihm
zu kriegen.«
»Moja bekam
spitz, dass du keine Lust mehr darauf hattest, Lady Butterfly zu sein.«
»Moja bekommt
alles spitz. Und so wurde mir der Boden zu heiß unter den Füßen.«
»Hm.« Zweifelnd
rieb er sich das Kinn.
»Du glaubst
mir nicht? Moja hat schon wegen Geringerem Menschen verschwinden lassen.«
»Das glaube
ich dir. Nur die Geschichte mit dem Unfall und der Fahrerflucht, das erscheint mir
etwas …« Er suchte nach dem richtigen Wort.
»Aufwendig?
Umständlich?«, half sie ihm aus, weiterhin lächelnd, als hätte sie eine gewisse
Anerkennung dafür übrig, dass er zweifelte.
»Irgendwie
so was. Ja.«
»Sicher.
Wäre Moja einfach nur der Überzeugung gewesen, dass ich von nun an ein Sicherheitsrisiko
bedeutete, hätte es anders ausgesehen. Ich wäre wahrscheinlich irgendwann irgendwie
irgendwo von einem Spaziergänger mit Hund aufgefunden worden. Verscharrt in der
Erde. Ohne Kopf, mit abgetrennten Händen, um eine Identifizierung zu erschweren.
Oder gar nie gefunden, weil man mich in Säure aufgelöst hätte. Wie ich hörte, ist
das Mojas Spezialität, eine von vielen abscheulichen. Aber die Umstände waren anders.«
»Und wie?«,
fragte John, seltsam gefesselt von der Art, wie nüchtern und sachlich sie die Sätze
aneinanderreihte, als teile sie ihm Kuchenrezepte mit.
»Moja ist
ein cleverer Hund, um es mal so simpel zu sagen. Er konnte zwei Fliegen mit einer
Klappe schlagen. Ein Sicherheitsrisiko verschwinden lassen.«
»Nämlich
dich«, warf er ein.
»Und damit
ein zweites Sicherheitsrisiko gehörig unter Druck setzen.«
»Das verstehe
ich nicht.«
»Kannst
du auch
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