Schmetterlingstod: Kriminalroman (German Edition)
denke, du solltest
endlich zum springenden Punkt kommen.«
Sie nickte.
»Ja, das sollte ich.«
»Und?«
»Ich bin
überfallen worden.«
»Was?« Verblüfft
rückte er wieder nach vorn.
»Oder angegriffen.
Oder bedrängt. Oder … Was weiß ich.«
»Kann ich
Ihnen noch etwas bringen?«, fragte die Bedienung, die plötzlich neben ihrem Tisch
stand.
»Nein, danke«,
murmelte John, ohne aufzusehen.
»Doch«,
bestimmte Laura. »Noch zwei Kaffee, bitte schön.«
Die Bedienung
verschwand mit den leeren Tassen und John fragte: »Angegriffen? Bedrängt? Was war
los?«
»Nachdem
ich wieder einen ganzen Tag damit verschwendet habe, nach Spuren von Felicitas zu
suchen, die es doch nicht gibt, ging ich eine Kleinigkeit essen und anschließend
ins Hotel. Die Füße taten mir weh, ich wollte nur noch abschalten und mich vom Fernseher
berieseln lassen. Die ganze Zeit über hatte ich kein einziges Mal mehr das Gefühl
gehabt, jemand würde sich um mich kümmern oder mich gar verfolgen. Obwohl ich einmal
… Du wirst es nicht glauben.«
»Was?«
»Obwohl
ich einmal einen schwarzen Mercedes sah. Natürlich mit stark getönten Scheiben.
Plötzlich kam ich mir so lächerlich vor – als wäre das Auto ein Trugbild, das mich
unentwegt verfolgt. Wie gesagt: Ich hatte nicht den Eindruck, jemand wäre mir auf
den Fersen oder würde mich beobachten.«
»Aber?«
Sie erhielten
die bestellen Kaffees und Laura trank einen Schluck, ehe sie fortfuhr: »Da lag ich
also auf dem Bett in meinem Hotelzimmer, das Fernsehen plärrte, und ich streckte
die Beine aus. Ich war müde und dachte an nichts Böses. Ich dachte an überhaupt
nichts.«
»Als was
passierte?«
»Als es
klopfte.« Laura strich eine blonde Strähne aus ihrem Gesicht. »Ich erhob mich vom
Bett, fragte: ›Wer ist da?‹, und dachte weiterhin an rein gar nichts.« Sie schüttelte
den Kopf, als könne sie es immer noch nicht glauben. »Verstehst du, ich war überhaupt
nicht misstrauisch. Im Hotel, da fühlte ich mich sicher.«
»Natürlich
verstehe ich das.« John nickte ihr zu.
»Ich öffnete
die Zimmertür, obwohl ich auf meine Frage nicht einmal eine Antwort erhalten hatte.«
»Und?«
»Ein Mann.«
Erneut die Strähne, die entfernt werden musste. »Es ging so schnell, ich konnte
nicht einmal piep sagen. Er stürmte auf mich zu, schlug mich mit der flachen Hand
zu Boden. Noch bevor ich wusste, wie mir geschah, hatte er mich schon wieder hochgerissen.
Ich versuchte zu schreien, mich zu wehren, aber ich hatte keine Chance. Er wusste,
was er tat. Er war flink und er war stark.«
Ohne ein
Wort zu äußern, hörte John ihr zu.
»Der Kerl
presste mir den Mund zu, schleifte mich ins Bad und drückte mich in die Duschkabine.
Kaltes Wasser klatschte mir auf den Kopf, ins Gesicht, auf die Kleidung. Ich fühlte
mich wie nie zuvor in meinem Leben. Vollkommen hilflos.« Sie sah an John vorbei
aus dem Fenster. »Ich weiß nicht einmal, ob er mich ein zweites Mal schlug oder
nicht. Das Wasser dröhnte in meinen Ohren, es war, als würde es mir unter die Haut
strömen. Und dann fing er an zu reden. ›Verschwinde von hier! Hau endlich ab und
hör auf, blöde Fragen zu stellen!‹ So oder so ähnlich waren seine Worte. Zumindest
habe ich sie so in Erinnerung. Sinngemäß. Ach, ich weiß auch nicht.«
»Wie sprach
er?«
»Leise,
aber gerade deswegen umso schärfer, furchteinflößender. Es war viel schlimmer, viel
intensiver, als wenn er gebrüllt hätte.«
»Ich meinte
etwas anderes«, erwiderte John ruhig. »Sprach er mit einem Akzent?«
Jetzt blickte
sie ihn direkt an. Sichtlich überrascht. »Ja.«
»Mit hartem,
vielleicht osteuropäischem Akzent?«
»Ja.«
»Und ich
nehme an, er war kleiner als ich, sehr stämmig, mit einem Nacken wie ein Gewichtheber?«
Sie lächelte
ganz schmal und hielt dabei ihre dezent geschminkten Lippen geschlossen.
»Habe ich
recht, Laura?«
»Nein, hast
du nicht.«
»Nicht?«
Seine Schultern sanken etwas herab – es ließ sich nicht vermeiden.
»Er hatte
eher deine Größe, John. Außerdem war er nicht stämmig, sondern schlank. Er wirkte
sportlich, durchtrainiert. Schmales Gesicht, dunkle Augen, schwarze, kurz geschnittene
Haare.«
John kam
ein Gedanke und seine Schultern hoben sich sofort erneut. »Was hatte er an? War
er eher elegant gekleidet?«
Sie nickte
leicht. »Ja. Helles Seidenhemd, die obersten Knöpfe offen, dunkler Anzug.«
»Und Slipper?«
»Bitte?«
»Na ja,
Halbschuhe aus weichem Leder ohne
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