Schmetterlingstod: Kriminalroman (German Edition)
unmissverständlicher Deutlichkeit vom Tisch gewischt.
John Dietz hatte dabei ihre Entschlossenheit gespürt – und gleichermaßen die Tatsache,
dass sie eingeschüchtert war. Wie sollte sie auch nicht? Schließlich kam es nicht
alle Tage vor, dass ein Fremder in ihr Zimmer stürmte, um ihr eine unfreiwillige
Dusche zu verpassen. Sich geschlagen zu geben, dazu war sie allerdings nicht bereit.
Die Entschlossenheit hatte gesiegt. Zumindest vorerst. Also erneut eine neue Laura
Winter: die Kämpferin.
John hingegen
wäre es lieber gewesen, sie hätte sich dafür entschieden unterzutauchen. Zumal sie
nicht wusste, wohin sie überhaupt gehen sollte. In dem Hotelzimmer, das auf einmal
eine besonders unliebsame Erinnerung barg, da wollte sie auf keinen Fall bleiben.
Irgendwie schien es, als hätte das Schicksal sie beide zusammengeschweißt. Jedenfalls
kam es John so vor. Selbst wenn es genau so war, wie Laura es gesagt hatte: Unter
gewöhnlichen Umständen hätten sie keine zwei Worte miteinander gewechselt. Doch
die Umstände waren eben alles andere als gewöhnlich.
Solche Gedanken
spukten durch Johns Kopf, während er Elvis’ Käfig säuberte, den Boden mit neuen
Zeitungsseiten auslegte und Futter- und Wasserschalen auffüllte. Laura saß unterdessen
am Schreibtisch und beobachtete den Papagei, der zwischen den beiden Räumen hin
und her flog und mal auf einem Stuhl, mal auf der Liege landete. Elvis liebte solche
Ausflüge – und er verschonte die Anwesenden glücklicherweise mit seiner Interpretation
alter Rock-’n’-Roll-Songs.
Als John
mit dem Käfig fertig war, blätterte er im Telefonbuch. Dann nahm er am Computer
Platz und gab einen Namen in Suchmaschinen ein. Er fand schnell, was er suchte,
und überprüfte die angezeigten Daten zur Sicherheit mit einem kurzen Anruf. Nachdem
er sich als Harry vorgestellt hatte, verlangte er Peter zu sprechen, der jedoch
nicht anwesend war. Laura verhielt sich still und beobachtete abwechselnd John und
den Vogel, der mit einem Stück Apfel auf Johns Unterarm gelockt und schließlich
zurück in den Käfig gebracht wurde.
Nachdem
sie minutenlang geschwiegen hatten, war es Laura, die der Ruhe ein Ende setzte.
»Über was grübelst du die ganze Zeit nach, John?«
»Darüber,
wie wir vorgehen.«
»Vorgehen?«,
wiederholte sie. Etwas zu spöttisch, wie er fand.
»Was genau
hat man dir bei der Polizei gesagt? Dieser Hauschild. Glaubte er dir? Hat er angekündigt,
diesmal ein wenig aktiver zu werden?«
Sie schlug
die Beine übereinander und ließ den Blick durch das karge Büro wandern. »Zumindest
hatte ich den Eindruck, er würde meine Geschichte ernst nehmen. Er versprach, dass
sein Team alles unternehmen würde, um den Mann ausfindig zu machen, der in mein
Zimmer eingedrungen war.«
»Ja, ja,
das ist mir klar. Aber hat er nicht nachgefragt, was deiner Meinung nach der Grund
für das Eindringen war? Ob du den Mann schon einmal gesehen hast? Die üblichen Sachen
eben.«
»Doch.«
Sie nickte entschieden. »Die üblichen Sachen hat er in der Tat gefragt. Nicht mehr
als das. Angesichts meines letzten unvorteilhaften Auftritts im Revier war ich jedoch
bereits darüber froh. Er konnte mir keinen Polizeischutz zusichern – nur aufgrund
eines solchen Vorfalls. Doch das war mir auch so klar. Es muss ja immer erst etwas
Schlimmes passieren, bevor die Polizei wirklich etwas unternimmt.«
John ließ
sich wieder auf den Schreitischstuhl sinken, auf dem er zuvor gesessen hatte. »Hast
du mit ihm über Felicitas gesprochen?«
»Natürlich
habe ich das. Aber …« Laura machte eine vage Geste. »Das eine lässt sich einfach
nicht mit dem anderen in Verbindung bringen.«
Wer weiß?,
dachte John insgeheim.
»Wenn wir
nur mehr wüssten über Felicitas’ letztes Jahr«, meinte Laura mit bedrücktem Unterton.
Er stand
auf und stellte sich ans Fenster.
»John, du
hast vorhin die ganze Zeit nach draußen gesehen«, sagte sie. »Mein kleines Erlebnis
hat dich wohl erschreckt.«
»Erschreckt
nicht. Aber daran erinnert, dass wir von jetzt an wachsam sein sollten.«
»Das ist
ein Privatdetektiv doch ohnehin die ganze Zeit über, oder?« Sie verlieh ihren Worten
einen spitzbübischen Klang.
»Es freut
mich, dass du deinen Humor trotz allem nicht verloren hast.« Langsam drehte er sich
zu ihr um. »Ich meine es wirklich ernst. Und jetzt werden wir erst einmal von hier
verschwinden.«
»Zu Befehl.«
Sie erhob sich.
»Wie gesagt:
Ich meine es wirklich ernst.«
Laura lächelte
ihn mit
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