Schmetterlingstod: Kriminalroman (German Edition)
lustig sein. Wahrscheinlich sind sie meistens
eher traurig.«
Laura seufzte,
und in diesem Moment erschien sie ihm weicher, verletzlicher als jede andere Frau,
der er je begegnet war. »Und jetzt sitze ich womöglich richtig in der Patsche.«
Langsam richtete sie den Blick durchs Fenster nach draußen. »Was noch schlimmer
ist: Ich habe möglicherweise auch dich in Schwierigkeiten gebracht.«
»Mich? Schwierigkeiten
sind doch mein Job.«
»Ganz im
Ernst, John: Wie viele Fälle hast du bereits gelöst?« Jetzt nahm sie wieder Blickkontakt
auf. Die Weichheit in ihren Augen verlor sich trotz dieser Frage keineswegs. »Ich
meine Fälle, die man wirklich als solche bezeichnen kann?« Ein Schmunzeln konnte
sie sich nicht verkneifen.
»So viele,
dass ich sie gar nicht zählen kann.«
Sie mussten
beide lachen.
»Immerhin
hast du trotz dieser zahllosen Fälle genug Zeit gefunden, dich weiterhin um meine
Angelegenheit zu kümmern, nicht wahr? Und das, obwohl ich dich eigentlich vor die
Tür gesetzt habe, um es mal so flapsig auszudrücken.«
»Habe ich
das?« Lässig verschränkte er die Hände hinter dem Kopf. »Wie kommst du denn darauf?«
»Ach, John,
mir kannst du nichts vormachen.« Sie lachte auf. »Ich weiß, dass du irgendwie vor
dich hinwurstelst. Oder willst du etwa behaupten, dass du diesem dürren Kellner
in dem Dorfgasthof kein Foto unter die Nase gehalten hast? Und ich nehme einfach
mal an, dass es nicht deinen Freund Elvis zeigt. Ich hatte bereits bei der Fahrt
dorthin so ein komisches Gefühl, dass die Wahl des Restaurants alles andere als
ein Zufall war. Was sollte das alles?«
»Das ist
meine Privatsache«, meinte er nur, ohne sich bei seiner Lüge allzu viel Mühe zu
geben.
»Privatsache?
Dass ich nicht lache.« Sie beugte sich vor, um ihm tiefer in die Augen zu sehen.
»John, erst fragst du völlig zusammenhanglos nach einem Chrysler – und vorhin nach
einem stämmigen Mann. Schluss mit der Geheimniskrämerei.«
Unweigerlich
wurde ihm klar, dass er sich vor einer Entscheidung drückte. Sollte er ihr sagen,
in welch seltsame Kreise es ihre Schwester verschlagen hatte – falls Metzlers Geschichte
überhaupt stimmte? Und das Haus in der Belfortstraße? Es stand in keinerlei Zusammenhang
mit Felicitas Winter. Der stämmige Mann mit seiner Begleiterin, die Hure Chantal,
das Haus in Herdern. Alles lose Fäden, nicht mehr. Und dazu kam der schlanke Mann,
der in Lauras Hotelzimmer eingedrungen war. Ein weiterer loser Faden.
»Laura«,
setzte John mit einer Antwort an, verfiel jedoch wieder in Schweigen.
»Hoppla«,
meinte sie. »Jetzt siehst du aber ernst aus.«
»Das bin
ich auch.« Er legte die Hände vor sich auf der Tischplatte. An dem zweiten Kaffee
hatte er nur einmal genippt, er musste längst kalt sein. »Du hast durchaus richtig
vermutet: Ich hab ein bisschen weitergeschnüffelt. Wenn ich allerdings wirklich
etwas Handfestes, etwas Vorzeigbares herausgefunden hätte … Meinst du nicht, ich
hätte es dir längst auf einem Silbertablett serviert? Gerade nachdem du mich nicht
sonderlich respektvoll, um es mal vorsichtig zu umschreiben, behandelt hast.«
»Was mir
übrigens inzwischen sehr leid tut«, warf sie ein.
»Wenn ich
dir etwas sagen könnte, von dem ich absolut überzeugt wäre, es wäre die Wahrheit
…«
»Das waren
viele ›könnte‹ und ›wäre‹.«
»Dann würde
ich es dir sagen, das kannst du mir glauben. Wieso sollte ich auch nicht?«
»Trotzdem
ist da etwas«, beharrte sie unbeeindruckt.
»Wie meinst
du das?«
»Wie ich
bereits sagte: Du wurstelst an etwas herum.«
»Schon möglich.
Aber das, was du im Hotel erlebt hast, verändert die ganze Sache ohnehin von Grund
auf.«
»Tut es
das wirklich?«
»Na, und
ob.« Jetzt, als er den Gedanken längst aufgegeben hatte, wagte er es doch noch:
Er nahm ihre Hand in seine. »Du bist in Gefahr, Laura. In großer Gefahr. Man hat
dich im Hotel beschattet. Als du bei mir warst, ebenfalls. Und bestimmt auch während
deiner Nachforschungen.«
Laura nickte
kaum merklich, sagte jedoch kein Wort. Und sie entzog ihm nicht ihre Hand.
»Wahrscheinlich
kannst du in ganz Freiburg keinen Schritt gehen, ohne dass dir dabei jemand zusieht.
Es wäre besser, du würdest die Stadt verlassen, Laura. Und zwar sofort.«
»Das kommt
überhaupt nicht infrage.« Sie zog ihre Hand zurück.
*
Selbstverständlich war sie es, die
sich durchsetzte. Den Gedanken, Freiburg erst einmal zu verlassen, wenigstens für
eine Weile, hatte Laura mit
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