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Schmidts Bewährung

Schmidts Bewährung

Titel: Schmidts Bewährung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Begley
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vulgären Reichen waren – zu den Journalisten gehörten junge Leute, deren Väter er noch kannte –, und schloß aus seiner Lektüre, daß es gegenwärtig eine verwandte Untergruppe dieser Klasse geben mußte, vollkommen außerhalb der »Society« in seinem damaligen Verständnis, eine Unterklasse aus Parvenüs – weder besonders schön noch besonders müßig –, die inselbstgegründeten oder billig gekauften Handelsgesellschaften auf Bergen hochgehandelter Aktien saßen. Michael Mansour mit seinen Milliarden und dem Flair eines Levantiners gehörte bestimmt dazu. Vielleicht waren auch andere Freunde der Blackmans geeignete Kandidaten. Das würde man dann sehen.
    Im Haus klingelte das Telefon. Laß es klingeln. Einen Anrufbeantworter besaß er erst seit kurzem, seit Carries unbarmherziger Spott den Kauf erzwungen hatte, vorher hatte er sich geweigert, so ein Gerät anzuschaffen, mit der Begründung, daß jemand, der ihn wirklich erreichen müsse, leicht ein zweites Mal anrufen könne. Jetzt, da er einen solchen Apparat besaß, rächte er sich, indem er die Nachrichten nur selten abhörte – dann, wenn er meinte, daß Carrie eine hinterlassen hatte. Das Klingeln hörte nicht auf. Ein hartnäckiger Anrufer, der mit der Möglichkeit rechnete, daß Schmidt im Garten war. Wenn er sich eilte, kam er vielleicht noch rechtzeitig zum Telefon, aber vielleicht auch nicht. Also blieb er im Liegestuhl sitzen. Carrie würde nicht anrufen, sie saß in einem Kurs, und Telefonieren lag ihr sowieso nicht. Und wenn es nun Charlotte war? Er hatte sich vorgenommen gehabt, sie etwas später anzurufen. Sonst war niemand wichtig; mit einem neuen Auftrag war ja nun nicht mehr zu rechnen und schon gar nicht mehr damit, daß, Wunder über Wunder, ein nagelneuer Mandant sich meldete. Gern hätte er die traurige Bilanz seiner letzten Praxisjahre, bevor Marys Krankheit ihn zum Vorruhestand bewogen hatte, von der Schreibtafel gelöscht: die schwindende Arbeit, die Hilflosigkeit (es war nicht so, als hätte er sich selbst zuzuschreiben, daß die Mandanten wegblieben; daß sein Spezialgebiet aus der Mode gekommen war wie das Telex, hatte Folgen, die er nicht hätte verhindern können), das Schuldgefühl und die Scham, daß er nicht genug Verstand oderEnergie oder Persönlichkeit besaß, Aufträge anderer Art aus dem Boden zu stampfen. Genau das war einer ganzen Anzahl anderer Wirtschaftsanwälte gelungen, die er kannte und achtete. Sie reorganisierten sich, hieß das im Fachjargon. Er war jetzt frei; die Einsamkeit und die Ratlosigkeit, was er mit seiner Zeit anfangen sollte, waren ein geringer Preis für den Vorruhestand. Außerdem hätte er in ein paar Jahren die Kanzlei sowieso verlassen müssen. Und ohne das Wunder, von Carrie getröstet zu werden. Es war ja nicht so, als hätte jemand in der Kanzlei Wood & King ihm nahegelegt, über den vorgeschriebenen Zeitpunkt der Pensionierung hinaus noch zu bleiben. Hatte eigentlich jemand daran gedacht, dies als Todesfallsdatum zu bezeichnen? Mit hoher Wahrscheinlichkeit hätten die jüngeren Sozii sogar auf seinen Hinauswurf hingearbeitet, wenn er nicht allen das Leben leichtgemacht und von sich aus die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand in die Wege geleitet hätte. Die Phantasielosigkeit der Menschen war wunderbar und überraschend: Diese vierzig- bis fünfzigjährigen Sozii, konnten sie sich denn gar nicht vorstellen, daß das, was sie den Älteren jetzt antaten, in nicht allzu ferner Zukunft auch ihnen angetan würde? Und sehr wahrscheinlich auf brutalere Weise. Schmidt und seine Generation waren noch – ganz traditionell – zu einer fast kindlichen Achtung vor den Älteren erzogen worden. Vielleicht hatten sie versäumt, der Folgegeneration von Sozii ein halbwegs wirksames Vorbild dieser Einstellung zu vermitteln, aber wenigstens hatten sie ihnen nicht das schmutzige Schauspiel des Vatermords vorgeführt. Aber die brillanten Anfänger, die heute in der Kanzlei waren, die Superstars, die alle Sperren vor der Zulassung zum Sozius niederrissen und die Zulassung dann als Geburtsrecht reklamierten, dieser Nachwuchs hatte schon reichlich Anschauung vom blutigen Geschäft des Vatermordes,und zwar mit bester Sicht, auf Plätzen in der ersten Reihe. Wenn er lange genug lebte, würde er mit Vergnügen zusehen, wie sie den selbstzufriedenen Schweinehunden, die es auf seine Eier abgesehen hatten, ihrerseits die Eier abschnitten. Vielleicht kam dann sogar Jon Riker unters Messer – daß es ungehörig

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